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Isle of Night Bd. 1 - Die Wächter

Isle of Night Bd. 1 - Die Wächter

Titel: Isle of Night Bd. 1 - Die Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Wolff
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beantworten.«
    Und ich war ganz froh um die gute Ausrede. Yasuo würde sich wahrscheinlich zu Josh setzen, und nachdem ich Josh mit Lilou gesehen hatte, sehnte ich mich nicht gerade nach Lasagne con Geblödel.
    »Du verzichtest wegen diesem Computer-Zeug auf dein Mittagessen? Du bist so was von verstrebt, Drew! Hat dir noch niemand gesagt, dass du total gegen alle Blondinen-Regeln verstößt?«
    »Fang bloß nicht damit an, sonst kannst du heute Abend deine Geo-Beweise allein machen!«
    »Hilfe!« Er fasste sich an die Brust, als hätte ihn ein Dolch getroffen. »Ich sage kein Wort mehr, Geek-Girl. Aber du beeilst dich, okay?«
    Er lief zum Ausgang, aber ich bremste ihn. Ich wusste, dass ich vermutlich zu spät zum Mittagessen kam, aber das hieß nicht, dass ich auf meine Lieblingskekse verzichten wollte. »Hey, wenn sie noch was von diesem tollen Buttergebäck übrig haben –«
    »Yeah, yeah. Bring ich dir mit.« Yasuo nickte mir hastig zu und war weg.
    Sucher Judge stand an der Tür, als wartete er ungeduldig darauf, die letzten Schüler ins Freie zu entlassen. Als er mich entdeckte, fragte er: »Gibt es noch etwas?« Er klang nervös, was für ihn ganz und gar untypisch war.
    Vielleicht war heute nicht der beste Tag, länger zu bleiben. Vielleicht hatte er sein Angebot auch schlicht vergessen. Mein Mut sank. Nun musste ich die Mittagspause doch mit Josh und seinen Kumpels verbringen. Langsam schlüpfte ich in meine Jacke und überlegte, wie ich mich nun am besten aus der Affäre zog.
    Er seufzte und wischte sich mit einer Hand über die Stirn. »Äh, dann können wir also …«
    »Mit dem Hacken von Linux beginnen?« Ich lächelte ihn hoffnungsvoll an.
    »Entschuldige, das hatte ich völlig vergessen. Ich fürchte, wir müssen –«
    Schritte lenkten unsere Aufmerksamkeit in den Vorraum. Meine Betreuerin Amanda stand wie erstarrt im Korridor. Ihr Blick wanderte zwischen mir und Judge hin und her. Trotz ihrer düster gerunzelten Stirn sah sie atemberaubend aus. Sie trug einen eng anliegenden Wollmantel, und ihre Haut schimmerte wie ein dunkler, glatt polierter Stein.
    »Hallo.« Sie bedachte mich mit einem angestrengten Lächeln. »Essenszeit, oder?« Ihr Tonfall war lässig, aber sie schien ebenso in Gedanken vertieft wie Sucher Judge.
    Ich wusste nicht, was die beiden zu besprechen hatten, aber ich verstand den Wink. Drew, du störst!
    »Ich wollte fragen, ob wir diese Programmiergeschichte auf einen anderen Tag verschieben könnten.« Ich schwang meine Umhängetasche über die Schulter. »Mir war völlig entfallen, dass ich noch eine Verabredung habe. Außerdem gibt es heute Mittag Pasta.«
    Eine lausige Ausrede, lausig gestammelt, aber ihren erleichterten Mienen entnahm ich, dass sie nicht genauer nachfragen würden. Ich rannte die Stufen nach unten und joggte hinter Yasuo her, die Augen stur auf den Weg gerichtet. Ich hatte immer noch Mühe, mich an die Tücken der Kälte zu gewöhnen, zu denen unter anderem Glatteis gehörte. »Hey! Yas!«
    Er blieb stehen und lächelte schwach. »Was ist los?«
    »Also …« Ich zögerte.
    »Er hat euer Date verschwitzt, stimmt’s?«
    »Etwas in der Art.« Ich spürte, dass es mehr als das war, aber Amanda und Judge hatten mich, seit ich auf dieser Insel weilte, immer freundlich behandelt, und ich wollte nicht über Dinge spekulieren, die mich nichts angingen.
    »Keine Sorge, Nerd-Baby, dein großer Auftritt kommt schon noch. Sieht ohnehin nicht so gut aus, wenn du dich gleich im ersten Semester bei den Lehrern einschleimst.« Yasuos Lächeln nahm den harten Worten die Spitze. Er legte mir kurz den Arm um die Schultern, und wir schlenderten gemeinsam zur Mensa, gute Freunde wie immer. »Und überhaupt – wie konnte sich eine Prachtblondine zu einer solchen Streberin entwickeln? Da muss doch von Anfang an was schiefgelaufen sein.«
    »Bei mir? Die Frage geht zurück, Yas. Was ist bei dir schiefgelaufen? Ich meine, du scheinst doch ein ganz netter Typ zu sein. Weshalb hat es dich hierher verschlagen?«
    »Du meinst, was sucht ein netter Typ wie ich bei einer Horde greiser, blutrünstiger Vampire?«
    Ich lachte. »Genau.«
    »Mal überlegen. Hier sind die Schlagzeilen: Flucht vor Yakuza-Liebhaber. Mutter entführt ihren kleinen Sohn nach Amerika.«
    Ich blieb entsetzt stehen. » Heiland! Die Yakuza? Das ist die japanische Mafia, oder?«
    Er nickte. »Yeah. Und ein Sohn der Yakuza – das ist eine ganz große Sache. Mein biologischer Vater drehte durch, als meine Mutter

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