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Isle Royale - Insel des Schicksals (German Edition)

Isle Royale - Insel des Schicksals (German Edition)

Titel: Isle Royale - Insel des Schicksals (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Wiggs
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sind. Sie waren schon halb erfroren, als es ihnen gelang, einen Elch zu erlegen. Sie haben das Tier ausgenommen und haben in dem Kadaver Zuflucht gesucht.“
    „Sehen Sie? Eine Lügengeschichte.“ Henry holte einen Anker vom Ufer ein.
    „Vielleicht war es auch ein Karibu?“
    „Vielleicht ist es überhaupt nie passiert.“
    „So, wie ich die Geschichte kenne“, schaltete sich Ilsa ein, um sich an den albernen Scherzen zu beteiligen, „haben die beiden Männer nackt unter dem Tier gekauert und sich ganz direkt aneinander gewärmt.“
    Jens und Henry machten würgende Geräusche und spuckten über die Bordwand. „Ich würde lieber sterben“, erklärte Jens.
    Deborah wurde rot, aber sie lachte.
    „Sie sind so eine Dame“, sagte Ilsa bewundernd und betrachtete Deborahs Hut. „Ich wünschte, ich wäre so modisch.“
    Deborah war erstaunt, dass sich die freundliche zufriedene Ilsa wünschen könnte, auf irgendeine Weise wie sie zu sein. Ilsa hatte einen Ehemann und einen Sohn, die sie beide liebten, sodass sie eigentlich sonst nichts brauchte. Aber jede Frau, überlegte Deborah, ist auf ihre Art eitel. Ohne lange nachzudenken, sagte sie: „Ich habe da etwas für Sie.“
    Als sie die Arme hob, um die Hutschleife aufzubinden, stand Ilsa schon im Boot. „Ach nein, das kann ich doch nicht annehmen …“
    „Sie müssen. Ich wäre gekränkt, wenn Sie es nicht täten.“ Deborah hörte die Festigkeit in ihrer Stimme. Woher kam das auf einmal? Sie klang wie ein ganz anderer Mensch. Selbstsicher, überzeugend. Sie hielt den Hut aus maulbeerfarbenem Samt in den Händen und forderte Ilsa auf, ihren einfachen grauen Wollhut abzusetzen. „Wir tauschen einfach. Dann ist mir warm, und Sie sind modisch.“
    „Das wäre das erste Mal für mich.“
    Der dunkel purpurfarbene Stoff mit dem schwarzen Besatz stand Ilsa besonders gut, bot den perfekten Rahmen für ihr blondes Haar und ihren blassen Teint. Sie drehte und wendete sich vor dem alten Jens, der achtern saß, eine Pfeife zwischen den Zähnen, und mit der Bärenkrallenkette spielte, die er in seiner wettergegerbten Hand hielt.
    „Du bist viel zu hübsch für mich, Ilsa“, sagte er, schien aber nicht ganz bei der Sache zu sein, während er sprach. Seine Augen waren blau wie der Himmel, und seine Lebensweise hatte sich tief in seine Züge eingegraben. Er war ein Fischer von der Insel. Jetzt, da er aufs Festland übersiedelte, was würde er da sein?
    Es war mutig, ein neues Leben zu beginnen, aber ein notwendiger Schritt, dachte Deborah, sowohl für Jens als auch für sie selbst. Ihr Herz flog ihm zu, weil er so verloren aussah, so verzweifelt und einsam, während er nachdenklich die winterlichen Ahornbäume auf der Anhöhe betrachtete, die von dem eisigen Wind leer gefegt waren.
    „Was werden Sie an Land mit all Ihrer freien Zeit anfangen?“, fragte sie ihn, in der Hoffnung, ihn abzulenken.
    Mit beiden Händen befühlte er seine Kette. „Das Gleiche, was ich jeden Winter bislang getan habe. Am Feuer sitzen, Pfeife rauchen und lesen. Vielleicht auch mal mit einem anderen alten Fischer eine Partie Cribbage spielen. Dann können wir uns gegenseitig mit erlogenen Geschichten aus unseren ruhmreichen Tagen ergötzen.“
    „Das stelle ich mir nicht übel vor.“
    „Ja, es wird wie Winter sein, allerdings ein Winter ohne Ende.“
    „Aber …“
    Jens erhob sich jäh. Im selben Moment entglitt ihm die Bärenkrallenkette und fiel mit einem leisen Platschen ins Wasser. Deborah schnappte nach Luft, als sie rasch nach unten sank und bald nicht mehr zu sehen war.
    „Oh Jens“, rief sie, „Ihre Kette.“
    In seine Augen war ein leerer Ausdruck getreten. „Nicht länger meine. Sie gehört jetzt dem See.“ Seine Stimme klang dünn und ehrfürchtig. „Am Ende holt sich der See das Seine immer wieder zurück.“
    Diesen Mann, den sie bewunderte, so hoffnungslos zu erleben, gefiel ihr nicht.
    Henry Wick seufzte leidgeprüft. „Der Himmel verhüte, dass du ohne Andenken von hier weggehst, Jens“, erklärte er, dann nahm er einen Kescher und beugte sich über die Bootswand. Das Wasser war schlammig und halb gefroren. „Noch so eine Nacht wie die letzte“, sagte er über seine Schulter, „und der Hafen ist komplett zugefroren.“ Nach mehreren Minuten Suche hatte er es geschafft, die Kette zu erwischen; er reichte den tropfenden Glücksbringer dem alten Mann.
    Jens grinste von einem Ohr zum anderen. „Du hast dir damit eine Flasche Schnaps verdient“, meinte er.
    „Was

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