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Isle Royale - Insel des Schicksals (German Edition)

Isle Royale - Insel des Schicksals (German Edition)

Titel: Isle Royale - Insel des Schicksals (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Wiggs
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Wie hatte sie laut aussprechen können, was zwischen ihr und Philip Ascot geschehen war? Es war eine intime Angelegenheit, und es gehörte sich nicht, Seelengeheimnisse einem Fremden anzuvertrauen.
    Allerdings musste sie zugeben, dass Tom Silver längst kein Fremder mehr für sie war, während sie sich mit der Bürste durch ihr Haar fuhr. Tom war … Tom. Ihr Entführer. Ihr Beschützer. Das einzige menschliche Wesen, das sie bis zum Frühling sehen würde.
    Sie konnte von ihm nicht als Fremden denken, weil sie ihn auf eine Weise kennenzulernen begann, wie sie noch keinen anderen Menschen kennengelernt hatte.
    Dennoch, gab ihr das das Recht, mit ihm über die privatesten Momente zwischen einem Mann und einer Frau zu sprechen? Aber, ob nun richtig oder falsch, sie hatte ihm alles gebeichtet. Die Worte waren unaufhaltsam aus ihrem Mund gekommen, wie ein Wasserfall. Als sie erst einmal zu reden begonnen hatte, hatte sie einfach nicht mehr aufhören können. Und seltsamerweise fühlte sie sich jetzt besser.
    Was musste er von ihr halten? Jetzt kannte er ihr Geheimnis. Er wusste, sie würde nie wie andere Frauen sein können, wusste, sie würde bei dem Akt zwischen Mann und Frau niemals Freude oder Genuss empfinden können.
    Sie bürstete sich ihr Haar zu Ende und machte sich aber nicht die Mühe, es zu flechten. Ungeduldig band sie es sich mit einem Stofffetzen aus ihrem Quilt-Korb zusammen, sodass es ihr in einem Pferdeschwanz über den Rücken hing.
    Schließlich konnte sie es nicht länger aufschieben, ihm gegenüberzutreten, daher strich sie sich mit den Händen über die Schürze und sehnte sich nach einem neuen Kleid als Rüstung. Ein Ballkleid mit engem Korsett, um sie vor seiner Verachtung zu schützen.
    Sie fand ihn am Tisch sitzend vor, wo er eine Fliege zum Angeln vorbereitete. Smokey begrüßte sie mit einem Japsen. Plötzlich kam Deborah eine Erinnerung an ihren Vater, der das Fliegenfischen einst mit Eifer betrieben hatte. Jeden Sommer nahm er die Jacht zu Three Rivers, um mit den Palmers und Higgingsons angeln zu gehen. Als kleines Mädchen hatte es Deborah Spaß gemacht, am Ufer zu stehen und von dort aus ihr Treiben zu verfolgen. Einmal, als sie das kleine Ding am Ende der Angelschnur ihres Vaters gesehen hatte, hatte sie erfreut in die Hände geklatscht und gerufen: „Du hast eine gefangen! Du hast eine Fliege gefangen!“
    Das war das letzte Mal gewesen, dass er ihr erlaubt hatte, ihn zu begleiten. Ihm bereitete das Angeln kein wirkliches Vergnügen, er übte den Sport jedoch mit der grimmigen Entschlossenheit aus, mit der er auch seine Geschäfte betrieb. Er ging Fliegenfischen, weil die Leute, mit denen er befreundet sein wollte, Fliegenfischen gingen. Das begriff sie nun.
    Deborah war sich nicht sicher, wann ihr das das erste Mal bei ihrem Vater aufgefallen war. Er genoss das Leben nicht wirklich, er verfolgte es eher. Hausgesellschaften, Gala-Abende, Kunstausstellungen, Ausflüge. Er nahm an solchen Ereignissen teil, weil es erwartet wurde, nicht weil er es wollte.
    Am glücklichsten hatte sie ihn erlebt, als er mit ihr in einem Sommer mit einem kleinen Segelboot auf den See hinausgefahren war. Eine warme Brise hatte die Segel gefüllt und sie über das Wasser fliegen lassen, und dabei war ihnen keine Seele begegnet, die es zu beeindrucken gegolten hätte. Sie erinnerte sich noch an die Gischt auf seinem Gesicht, die Freude in seinen Augen, in denen sich die bauschigen weißen Wolken des Sommerhimmels spiegelten. Manchmal, wenn sie die Augen schloss, konnte sie sein Lachen noch im Wind hören. Aber später tat er die Dinge weniger und weniger aus echtem Interesse, sondern vielmehr deshalb, um mit der oberen Gesellschaft mithalten zu können. Und genauso war sie erzogen worden, das hatte sie inzwischen realisiert, und sie hatte sich widerspruchslos gefügt.
    Allerdings ließ sie ihre Gedanken vor Tom Silver unerwähnt. Sie fürchtete die Wut in seinen Augen, wenn sie auch nur den Namen ihres Vaters flüsterte.
    „Dort drüben steht Kaffee“, sagte er, ohne aufzusehen.
    Sie konnte nicht sagen, ob es Verachtung oder die gewöhnliche Barschheit war, die sie in seiner Stimme wahrnahm. Langsam und vorsichtig schenkte sie sich Kaffee ein. Die Stille zwischen ihnen dehnte sich aus, bis Deborah es nicht länger aushielt und sich zwang, das Thema anzusprechen, das sie beunruhigte. „Wenn es sich herausstellen sollte, dass ich …“ Sie suchte verzweifelt nach einer angemessenen Formulierung. „Dass ich

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