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Isle Royale - Insel des Schicksals (German Edition)

Isle Royale - Insel des Schicksals (German Edition)

Titel: Isle Royale - Insel des Schicksals (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Wiggs
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schlug noch einmal mit aller Kraft gegen die Scheibe. Endlich zersprang die Scheibe und ein Schwall Hitze drang aus dem Haus. Der Hund sprang wie von der Tarantel gestochen durch das kaputte Fenster. Sie fing ihn in den Armen auf, konnte kaum glauben, dass das Tier ihren unbeholfenen Rettungsversuch überstanden hatte.
    Der Hund wand sich aus ihren Armen und wich ängstlich vor ihr zurück. Sie hielt ihm eine Hand hin, aber er schnappte nur nach ihren Fingern.
    „Dann komm mit“, sagte sie. Der Hund zögerte, bis ein Kohlewagen vorbeiratterte und er fast unter die eisenbeschlagenen Räder geraten wäre. Da flüchtete sich der Hund zurück in Deborahs Arm. Es war ein schmutziger, zotteliger und übel riechender Vertreter seiner Art, aber sie genoss seine lebendige Wärme, während sie sich weiter über die Straße zum See kämpfte. Sie war beinahe einen ganzen Block weit gekommen, als sie merkte, dass sie ihren Schal verloren hatte. Vermutlich, nachdem sie die Fensterscheibe eingeschlagen hatte.
    Vorsichtig blickte Deborah sich um, suchte nach dem Wilden, konnte ihn aber zu ihrer Erleichterung nirgends entdecken. Sie ging weiter, den kleinen Hund fest an sich gedrückt. Nichts fühlte sich richtig an. Es war eine Nacht wie aus der Hölle. So hatte sie sich immer den Krieg vorgestellt. Überall Schrecken und verletzte Flüchtlinge und das Gefühl, dass die Welt in Stücke gerissen wurde. Einzig die Hoffnung, dass es ihr gelingen würde, einen Weg zu ihrem Vater und zu ihrem Haus am See zu finden, hielt sie auf den Beinen.
    Dann erreichte sie das steinige Ufer des Lake Michigan. Das Wasser erstreckte sich endlos vor ihr, ein aufgewühlter See aus Tinte. Der Wind heulte und trieb die Wellen, in denen sich der Feuerschein widerspiegelte, gegen die Uferbefestigung. Dadurch erschien das Wasser selbst wie ein Flammenmeer. Auf dem See drängten sich Schiffsmasten und Schornsteine von Dampfern dicht an dicht. Hunderte Schiffe hatten sich versammelt, um das Spektakel an Land zu verfolgen. Boote fuhren zwischen dem Leuchtturm und dem Pier hin und her, retteten Menschen und deren Habseligkeiten.
    Soweit das Auge reichte, säumten Flüchtlinge das Seeufer, in Kutschen und Karren, Stall- und Haustiere liefen aufgescheucht durch die Nacht. Menschen wateten ins Wasser, um dem Schauer aus Glut und Funken zu entkommen. Deborah hatte keine Ahnung, was sie jetzt tun sollte. Sie versuchte, sich nach Norden zu bewegen, aber es war ein aussichtsloses Unterfangen. Es war einfach zu voll, und schließlich versperrte ein Hafendamm aus schwarzen scharfkantigen Steinen ihr den Weg.
    Sie stand einfach da, umgeben von Familien, die sich aneinanderdrängten, und Kutschen, Wagen und Karren. Sie presste den kleinen Mischlingshund an ihre Brust und hob den Kopf, betrachtete die brennende Stadt mit einer Mischung aus Schrecken und Ehrfurcht. Die Flammen bildeten eine gewaltige Kuppel aus unnatürlichem Licht über der ganzen Gegend. Die Feuersbrunst hatte auch etwas Magisches und Großartiges. Andere um Deborah herum schienen ihr stummes Staunen zu teilen. Es gab einfach nichts zu sagen. Angesichts dieser alles verzehrenden Katastrophe war es unmöglich, die passenden Worte zu finden, um das Grauen zu beschreiben.
    Was war aus ihrem Vater geworden? Seinem wunderschönen Haus? Seinen Geschäftsräumen in der Stadt? Was war aus der einzigen Welt geworden, die sie kannte?
    Deborah schüttelte den Bann ab, den das riesige Feuer über sie geworfen hatte, blickte sich um und suchte die Menge nach einem vertrauten Gesicht ab, hielt Ausschau nach dem Irren. Sie fragte sich, wer all diese Menschen waren, wo sie herkamen. Chicago war eine Stadt mit ungefähr dreihunderttausend Einwohnern. Die meisten von ihnen hatten vermutlich alles verloren. Würden sie einfach wieder von vorne anfangen, weitermachen? Wie sollten sie in den Trümmern und den Schuttbergen die Reste ihres früheren Lebens wiederfinden?
    Wie Phönix aus der Asche würden Überlebende aus den Ruinen der ausgebrannten Stadt aufsteigen. Kriminelle, die auf ihre Hinrichtung gewartet hatten, würden frei herumlaufen. Frauen, die ihre Ehemänner hassten, konnten ihrer häuslichen Qual entkommen. Reiche Männer würden mit einem Mal mittellos sein. Und ein armer Mann mochte mit einem Mal zu Wohlstand kommen, den er sich nie erträumt hätte. Vor dem Feuer waren alle Menschen gleich. Es stellt mich auf die gleiche Stufe wie den Verbrecher, der mich entführt hatte, überlegte Deborah, und ihr lief eine

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