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Isle Royale - Insel des Schicksals (German Edition)

Isle Royale - Insel des Schicksals (German Edition)

Titel: Isle Royale - Insel des Schicksals (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Wiggs
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Gänsehaut über den Rücken.
    Ein verführerischer Einfall kam ihr, so unterschwellig wie ein geflüsterter Vorschlag. Was, wenn ihr Vater glaubte, sie sei in den Flammen umgekommen? Dann würde sie mit ihm nicht mehr darüber streiten müssen, ob die Hochzeit mit Philip stattfand oder nicht.
    Deborah versuchte sich auszumalen, wie es wäre, nicht mehr sie zu sein, sondern ein Niemand, der zu niemandem gehörte. Sofort lehnte sich etwas in ihr dagegen auf. Indem sie weglief und sich vor einer unerwünschten Ehe versteckte, würde sie ihren Vater aufgeben, ihre Freunde und ihr ganzes Leben. Kein Mann sollte die Macht über sie haben, dass sie sich so etwas antat. Dennoch enthielt die Vorstellung etwas bizarr Verlockendes. Wenn sie einfach verschwand, würde man sie vermissen? Was würde dieser Verlust für ihren Vater bedeuten? Sie wusste es wirklich nicht. Sie hatte den Eindruck, er schätzte sie durchaus als eine Art Handelsgut, aber als Tochter? Sie erinnerte sich wieder an den Augenblick im Arbeitszimmer, an die Verbundenheit, die sie beide gespürt hatten; vielleicht liebte er sie auf seine rau-herzliche Weise. Aber dennoch würde sich die Farbe seiner Welt, wenn es sie nicht mehr gäbe, nicht ändern. Er würde eine Weile trauern, sich aber dann wieder seinen Geschäften widmen. Philip würde sich eine andere reiche Erbin suchen und sie heiraten. Ihre Freundinnen würden die Erinnerung an sie hochhalten, aber sie mussten sich um ihre eigenen Belange kümmern.
    Es war nun einmal so, dass sie kein notwendiges Rädchen im Getriebe des Lebens von irgendwem war. Wenn man sie entfernte, würde alles ohne nennenswerte Unterbrechung weitergehen. Sie fragte sich, wie es wohl wäre, gebraucht zu werden auf die Weise, wie dieser kleine Hund sie brauchte. Dass sein Überleben von ihrer Person abhing, war ein einschüchternder Gedanke. Sie bezweifelte, ob sie der Aufgabe gewachsen war.
    Sie fröstelte, spürte den kalten Wind vom See und zog den Hund dichter an sich. Sie dachte an ihre Freundinnen, Lucy, Phoebe und Kathleen. Es schien ihr ein Leben und länger her zu sein, seit sie sich für die Abendgesellschaft fertiggemacht hatten. Wo sind sie jetzt? Sie konnte nur hoffen, dass sie überlebt hatten, dass sie im Gegensatz zu ihr die Gefahr des Feuers rechtzeitig erkannt und sich der Stadt ferngehalten hatten.
    Irgendwo in der Menge schrie ein Baby, und eine Frauenstimme sprach beruhigend auf es ein. Allmählich begannen die Leute miteinander zu reden, Pläne zu schmieden und ihre Sorgen auszusprechen. Gebete und Mutmaßungen. Da sie niemanden zum Reden hatte, fühlte sich Deborah noch einsamer als zuvor. Immer noch den Hund an sich drückend bahnte sie sich ihren Weg über die Mole aus Steinen und Schutt, fragte sich, wie lange sie noch durchhielt, bevor die Erschöpfung sie übermannte.
    Ihre Kleider waren zerrissen, ihre Füße wund und ihre Hände blutig. Der ganze Körper tat ihr weh, bis in die Haarwurzeln spürte sie ihre Zerschlagenheit. Sie dachte darüber nach, wann der Morgen wohl anbrechen, was der neue Tag bringen würde. Sie lief am Ufer entlang und musste einen weiten Bogen um die Menge schlagen. Sie merkte, dass sie ins Wasser geraten war, spürte, wie das Wasser um ihre Knöchel spülte, in der wunden Haut brannte, dann den Schmerz nach und nach betäubte.
    Dann hörte sie durch das Sprachengewirr aus Deutsch, Polnisch und Norwegisch, durch den schweren Akzent irischer Einwanderer und der Sprechweise geborener Chicagoer, wie jemand ihren Namen rief, mit einer klaren sonoren Stimme. „Deborah, bist du das? Deborah Sinclair!“
    Sie riss den Kopf hoch, sah zu der Straße, die am Seeufer entlangführte. Eine hohe schmale Kutsche stand zwischen den Wagen und Bauernkarren. Ein schlanker Mann in in Unordnung geratener Abendkleidung saß auf dem Kutschbock, eine lange Peitsche in der behandschuhten Hand, die andere Hand trichterförmig um seinen Mund gelegt. Der Wind fuhr ihm durch das blonde Haar und hinter ihm loderte das Feuer neu auf.
    Philip.

5. KAPITEL
    I n dem Moment, in dem Deborah ihren Verlobten erkannte, hatte sie das Gefühl, als würde ihr Innerstes aus ihr herausgesogen. Reglos verharrte sie, so erschüttert vor Überraschung, dass sie wie gelähmt war. Unfähig zu einem vernünftigen Gedanken. Nicht willens, irgendetwas zu empfinden. Da war Philip, und er sah so gut und befehlsgewohnt aus wie – war es erst Samstagnacht gewesen? Jetzt rief er sie wieder, forderte sie auf, zu ihm zu

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