Isle Royale - Insel des Schicksals (German Edition)
war so fest, dass sie kaum Luft bekam. „Wir können Ihre Gebete sicher gut gebrauchen, mon frère . Das können wir allerdings.“ Er riss sie rasch mit sich, weiter zu einem hölzernen Anlegesteg, der in den See hinausragte.
„Aber er ist nicht … ich bin nicht seine Ehefrau …“, rief sie, aber sie wurde rücksichtslos weitergezogen, und der irische Priester war bereits wieder in der Menge am Strand verschwunden. Deborah öffnete den Mund, um erneut um Hilfe zu rufen, aber bevor sie einen Laut hervorbringen konnte, presste ihr Entführer sie grob gegen einen der nassen Holzpfosten, die den Steg stützten. Er schob sein wütendes Gesicht ganz dicht vor sie. Sie konnte seinen Leder- und Rauchgeruch wahrnehmen – die Essenz aus Gefahr und Fremdheit.
„Hören Sie mit dem Gejaule auf“, befahl er ihr. „Mir geht langsam die Geduld aus.“
Sie zwang sich, seinen finsteren Blick zu erwidern. Er war ein wahrer Riese. Sie hatte noch nie einen so großen Mann gesehen. Sie war restlos verängstigt, aber sie hatte auch nichts zu verlieren. „Und ich bin sicher, Geduld ist sonst eine Ihrer Stärken“, gab sie mit viel mehr Mut zurück, als sie tatsächlich verspürte. „Was werden Sie tun? Mich ins Gesicht schlagen? Mich erschießen?“
„Verlockende Angebote, alles beides.“ Er umfasste ihre Oberarme so hart, dass es wehtat, und hob sie hoch. Das Gefühl, zwischen seinen großen Händen gefangen zu sein, lies sie schwindelig vor Grauen werden. Alles Blut wich ihr aus dem Gesicht, und sie schrie lauthals, aber ihre Proteste schienen ihn nicht weiter zu kümmern. Er verfuhr mit ihr wie ein Hafenarbeiter mit einem Ballen Stoff und verfrachtete sie in ein kleines hölzernes Ruderboot, das an dem Pier festgemacht war, und löste die Seile.
„Was tun Sie da?“, kreischte Deborah. „Sie können nicht …“
Er stieß das Boot mit solcher Kraft vom Pier ab, dass sie nach hinten fiel und sich die Schulter schmerzhaft an etwas Scharfkantigem stieß. Bei dem Aufprall wich alle Luft aus ihrer Lunge. Als sie sich wieder aufrichtete, ruderte der Hüne bereits kraftvoll auf den See hinaus. Der heiße Feuerschein der brennenden Stadt ließ ihn wilder und gefährlicher aussehen als einen Engel der Dunkelheit.
Er starrte auf eine Stelle oberhalb ihrer Schulter. „Was, zur Hölle, ist das?“, murmelte er halblaut, legte die Ruder zur Seite.
„Was ist was?“, fragte sie.
„Da ist was im Wasser.“
Sie drehte sich um. „Philip?“
„Fast. Ich denke, es ist eine Ratte.“ Er beugte sich über die Bootswand, und die Fransen an seinem Ärmel streiften die Wasseroberfläche, als er das Tier herausfischte. Er hielt das kleine tropfende und zitternde Wesen hoch. „Ist das Ihrer?“
Sie nahm den Hund und barg ihn behutsam an ihrer Brust. Der Gestank von Rauch und nassem Fell war so widerlich, dass sie fast würgen musste, aber einen Augenblick lang empfand sie Hoffnung und Erleichterung. Dann sah sie ihren Entführer an, dessen riesige Gestalt von dem Licht der in Flammen stehenden Stadt angestrahlt wurde, und Hilflosigkeit und Angst kehrten zurück. Ohne den Blick von ihm abzuwenden, setzte sie die Promenadenmischung auf den Boden des Bootes. Der kleine Hund schüttelte sich, dass die Tropfen in alle Richtungen spritzten. Deborah wusste, sie musste handeln. Ihr Zögern am Ufer war sie teuer zu stehen gekommen, und sie durfte den gleichen Fehler nicht noch einmal begehen.
Sie hatte keinerlei Bedenken mehr, eine Szene zu machen, und griff nach einem der Ruder. Damit holte sie aus und schlug nach dem großen Mann. Gewalttätig zu sein ist schwerer, als es aussieht, dachte sie unwillkürlich, als er sich duckte. Erbittert wiederholte sie die Bewegung, allerdings in der anderen Richtung. Er hielt eine Hand hoch und griff nach dem Holz, entwand es ihr. Er sagte kein Wort, begann nur einfach wieder zu rudern.
Deborah sank auf der schmalen harten Sitzbank in sich zusammen. Sie hatte nichts mit ihrem Versuch erreicht, sich zu wehren, aber allein der Gedanke daran, dass sie sich getraut hatte, führte dazu, dass sie sich ein wenig besser fühlte. Ein klein wenig. Dann stiegen Verzweiflung und Mutlosigkeit wieder in ihr auf.
Das bedrohliche Schweigen des Fremden beunruhigte sie viel mehr als jede Tirade des Hasses oder wüste Drohungen es vermocht hätten. Er hatte etwas Hartes, Unnachgiebiges an sich, das ihr nackte Angst einjagte, aber sie ertappte sich dabei, dass sein in Schatten getauchtes Gesicht sie auf merkwürdige
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