Isle Royale - Insel des Schicksals (German Edition)
er.
„Warum stellen Sie und Tom Silver meinem Vater Bedingungen?“, erkundigte sie sich. „Was wollen Sie von ihm?“
„Gerechtigkeit“, erwiderte Lightning Jack schlicht.
„Das verstehe ich nicht. Gerechtigkeit wofür?“
Er starrte aus dem Fenster, das mit einem feinen Film Wassertropfen überzogen war. „Für Mord.“
Ein ungläubiges Lachen entrang sich ihr. „Sie glauben, mein Vater habe jemanden umgebracht?“
„Ich weiß , dass er das getan hat.“ Lightning Jack stand von der Bank auf.
„Unsinn“, entgegnete sie. „Mein Vater hat nie irgendeiner Seele ein Leid zugefügt. Er ist ein guter Men…“
„Er hat großes Glück, eine Tochter zu haben, die an ihn glaubt. Aber das ändert nichts an der Wahrheit.“
„Dann erzählen Sie mir Ihre Version der Wahrheit.“
„Letzten Sommer …“
„Das reicht, Jack.“ Ein gewaltiger unheilvoller Schatten verdunkelte die Türöffnung. Tom Silver zog den Kopf ein und trat in die Kombüse. „Am besten siehst du mal nach dem Kolbenantrieb. Wolltest du das nicht ohnehin heute tun?“
Lightning Jack nickte. Er sah kurz zu Deborah. „Essen Sie etwas. Sie werden Kraft brauchen.“
„Aber Sie … was …“ Bevor Deborah die Worte aussprechen konnte, war er fort. Vorwurfsvoll starrte sie Tom Silver an. „Wir waren mitten in einer Unterhaltung.“
„Das habe ich gehört.“
„Sie hatten kein Recht, sich einzumischen.“
„ Sie haben keinerlei Rechte, und damit endet unsere kleine Unterredung.“
Sie erhob sich. Ihre Sicht verschwamm, und einen schrecklichen Moment lang befürchtete sie, bewusstlos zu werden. Sie fasste nach der Tischkante und hielt sich daran fest. „Ich habe jedes Recht zu erfahren, warum Sie mich gegen meinen Willen verschleppt haben. Ich habe jedes Recht zu wissen, warum Sie mich gezwungen haben, mit Ihnen auf dieses übel riechende Boot zu kommen und warum Sie mich so weit von zu Hause wegbringen. Ich habe jedes Recht …“
„Sie berufen sich aber auf eine Menge Rechte, dafür, dass Sie eine Gefangene sind.“
Sie versuchte eine Antwort darauf zu formulieren, rutschte aber mit den Händen von der Tischkante ab. Das Deck hob sich, und sie kniff die Augen zusammen, wappnete sich für den Aufprall. Aber etwas verhinderte ihren Sturz. Eine riesige Männerhand fasste sie an der Schulter und stützte sie. Sie öffnete die Augen wieder, und ein Schauer überlief sie. Seine Berührung war rau, unpersönlich. Dennoch weckte sie eine Reaktion tief in ihr, die ihr Übelkeit verursachte.
„Lassen Sie mich los“, rief sie eindringlich. „Ich flehe Sie an, lassen Sie los.“
„Flehen Sie nicht. Das kann ich bei Frauen nicht ausstehen.“ Er gab ihr einen Schubs, sodass sie wieder auf die Bank zurücksank. „Tun Sie, was Ihnen aufgetragen wird, und halten Sie Ihren Mund, dann werden wir uns viel besser miteinander vertragen.“
„Ist Ihnen jemals der Gedanke gekommen, dass mir nichts daran liegen könnte, mich besser mit Ihnen zu vertragen?“
„Nein, aber mir ist der Gedanke gekommen, dass ich Sie eigentlich auch fesseln und knebeln könnte.“
Ihr blieb der Mund offen stehen. Die unverhohlene Grausamkeit dieses Widerlings machte sie fassungslos. Sie war an die unterschwelligen Gemeinheiten rücksichtsloser gesellschaftlicher Aufsteiger gewöhnt, aber nicht an die rohe Kraft von Tom Silvers Brutalität.
„Was ist das?“, fragte er und hob etwas vom Boden auf.
Deborah griff nach dem Samtbeutel. „Der gehört mir. Ich muss ihn fallen gelassen haben, als ich eben fast gestürzt wäre. Oh nein …“
Aber natürlich tat er es. Er öffnete den Beutel, und ihr Anhänger kam zum Vorschein. Das blaue Topasprisma, eingefasst in silberne Ziselierarbeit, war nicht das kostbarste Schmuckstück, das sie besaß, dennoch war sein Wert für Deborah unermesslich. „Der gehörte meiner Mutter. Geben Sie ihn mir zurück“, forderte sie und streckte eine Hand aus.
„Nein.“ Er schob ihn in seine Hosentasche. „Wir schicken es Ihrem Vater – damit er weiß, dass wir Sie wirklich in unserer Gewalt haben.“
Es war das einzige Schmuckstück, das Deborah etwas bedeutete. „Bitte“, sagte sie. „Nicht das. Sie haben doch bereits meinen Verlobungsring genommen. Der ist wesentlich wertvoller.“
„Und es ist viel wahrscheinlicher, dass der Überbringer ihn stiehlt.“
„Mein Vater denkt vielleicht, Sie haben den Anhänger einfach in all der Verwirrung und dem Durcheinander des Feuers gefunden“, wandte sie ein. Dann, als
Weitere Kostenlose Bücher