Isle Royale - Insel des Schicksals (German Edition)
Mann wie Sinclair so habgierig ist. Damit er Ihnen und Ihrer Mutter weiter hübschen Krimskrams kaufen kann.“
„Ich habe keine Mutter mehr“, entgegnete Deborah. „Sie ist gestorben, als ich noch sehr klein war. Und ja, mein Vater verwöhnt mich, indem er mir hübsche Sachen kauft. Das hat er immer schon getan. Aber anzudeuten, dass ich der einzige Grund für die Katastrophe in der Mine bin, ist so falsch wie die Tatsache, dass Tom Silver mich entführt hat.“
Sie wirkten widerwillig interessiert. Deborah begriff, dass das Feuer und ihre Entführung eine spannende Geschichte abgaben, weil sie, obwohl sie so unwahrscheinlich klang, stimmte.
„Es tut mir leid, dass Familien den Ernährer verloren haben; ich habe Mr Silver schon mein Ehrenwort gegeben, dass mein Vater sich seiner Verantwortung stellen wird. Ich weiß natürlich, dass es furchtbar unangemessen ist, aber …“ Als sie die skeptischen Blicke der Frauen bemerkte, ruderte sie rasch zurück.
„Ich bin schuld“, sagte sie düster, „aber nicht auf die Weise, wie Sie denken. Ich habe mich der mutwilligen Unwissenheit schuldig gemacht. Ich habe nie einen Gedanken auf die Geschäfte meines Vaters verschwendet. Ich dachte nicht, dass sie mich etwas angingen. Mir wurde immer beigebracht, dass es sich für eine Frau nicht ziemt, sich mit derlei Dingen zu beschäftigen. Daher habe ich meine Augen und Ohren verschlossen und den Minen und dem Abbau der Bodenschätze keinerlei Beachtung geschenkt – so wenig wie seinen anderen Unternehmen.“ Sie verschränkte die Arme vor der Brust.
„Wir haben eine andere Lebensweise hier oben“, erwiderte die große blonde Frau. Sie sprach laut und mit schlichter Würde. „Wir arbeiten alle zusammen. Man weiß, was die Söhne, Töchter und Nachbarn tun.“
Deborah war nicht vorbereitet auf die große Sehnsucht, die diese Worte in ihr weckten. Familien, die zusammenlebten und arbeiteten, ein gemeinsames Ziel hatten, kannte sie nicht. In ihrer Welt kümmerten die Leute sich nur um ihre eigenen Angelegenheiten und schreckten vor nichts zurück, um ihr Ansehen und ihre Stellung zu erhöhen. Diesen Menschen hier schien das alles nichts zu bedeuten.
„Wir müssen arbeiten.“ Die dunkelhaarige Frau deutete auf den Korb voller nasser Wäsche. Ein leiser Stolz schwang in ihren Worten mit. In dem Augenblick erfuhr Deborah zum ersten Mal, wie es sich anfühlte, ausgeschlossen zu werden, anders zu sein. Das Gefühl lag ihr wie ein Stein im Magen. Sie drückte sich gegen den Zaun, war entschlossen zu bleiben. „Ich hoffe, eines Tages sagen Sie mir Ihre Namen und die Namen Ihrer Lieben, die gestorben sind. Und ich hoffe auch, dass Sie mir glauben werden, wenn ich sage, dass ich entschlossen bin zu helfen. Jetzt, da mir klar geworden ist, auf welche Weise mein Vater in das Minenunglück verstrickt ist, muss ich nach Chicago zurückkehren und ihm berichten, was geschehen ist, dafür sorgen, dass er das hier in Ordnung bringt.“
„Das ist nicht in Ordnung zu bringen“, erklärte die dunkelhaarige Frau kühl. Beide Frauen arbeiteten weiter, mit geschickten, fast mechanischen Bewegungen.
„Dem lässt sich nichts entgegensetzen.“ Deborah schluckte einen Kloß hinunter. Sie blickte von der einen Frau zur anderen. Ihre Gesichter hätten aus Granit gemeißelt sein können. „Ich wüsste wirklich gerne Ihre Namen“, sagte sie leise, bevor sie sich umdrehte und … sie hatte keine Ahnung, wohin sie gehen sollte. Die Stufen hinunter vielleicht, um auf das endlos weite Wasser zu schauen.
„Ilsa Ibbotsen“, erklang da eine ruhige Stimme hinter ihr.
Deborah wandte sich langsam zu der blassen Frau um, schaute sie an.
„Mein Name ist Ilsa“, wiederholte sie, „und es war mein Schwager, der in der Mine Ihres Vaters gestorben ist. Er wurde verschüttet, sodass wir seine sterblichen Überreste nicht bergen und beerdigen konnten.“
„Danke, dass Sie mir das erzählt haben. Ich wünschte bei Gott, er wäre noch am Leben“, sagte Deborah.
„Ich bin Celia Wilson“, verkündete die Dunkelhaarige. Sie wirkte zurückhaltender und zögerlicher als Ilsa, ihre Freundlichkeit weniger aufrichtig und von Herzen kommend. Aber es ist immerhin ein Anfang, überlegte Deborah.
„Wir könnten etwas Hilfe gebrauchen.“ Ilsa deutete auf den flachen Weidenkorb mit der frisch gewaschenen Kleidung.
„Selbstverständlich.“ Deborah trat durch die Gartenpforte auf das Grundstück. Auf der festgestampften Erde spielten zwei Kinder mit
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