Isle Royale - Insel des Schicksals (German Edition)
einem lang gestreckten Gebäude aus verwitterten Holzbrettern untergebracht, direkt am Landesteg errichtet. Auf diese Weise, nahm Deborah an, ersparten sich die Fischer lange Wege, wenn sie ihren Fang entluden.
Sie erreichte die Anlegestelle gerade in dem Moment, als das Fischerboot der Wicks festgemacht wurde. Wicks Frau Anna und ihre Tochter Alice waren vor dem Gebäude damit beschäftigt, den Handwagen zu holen, um den Fisch nach drinnen zu bringen.
„Hallo Miss“, sagte Anna, die Deborah zuerst bemerkte. „Bitte verzeihen Sie, wenn ich nicht stehen bleibe. Wir müssen uns um den Fang kümmern.“ Henry musste auf dem See einen weiteren guten Tag gehabt haben. Der Fischer und sein Bruder waren vorzeitig zurückgekehrt, und ihre Netze schienen zum Bersten voll zu sein.
„Ich weiß“, sagte Deborah und betrachtete die Netze mit den sich windenden Luft schnappenden Fischen darin. „Darum bin ich ja gekommen.“
Alice wandte sich um, stemmte ihre kräftigen Arme in die Hüften, sodass es fast so aussah, als hätte sie Flügel. „Was meinen Sie damit?“
„Ich möchte Ihnen bei der Arbeit helfen. Ich erwarte keine Bezahlung“, fügte sie hastig hinzu. „Ich möchte einfach etwas Nützliches tun.“
Henry starrte sie verwundert an. „Das hier ist keine Arbeit für eine feine Dame“, teilte er ihr mit.
„Ihre Frau tut sie jeden Tag“, sagte Deborah.
„Aye, aber sie ist auch keine …“ In verspäteter Einsicht brach er ab und blickte zu Boden.
„Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mir zeigten, wie man das hier macht“, sagte sie.
Anna und Alice winkten sie zu sich. „Hier ist eine Schubkarre voller Fische. Sie fahren sie in die Halle und kippen den Inhalt in den Trog zur Weiterverarbeitung. Wenn alles drin ist, zeigen wir Ihnen, wie man den Fisch für den Transport ausnimmt.“
Deborah war sich nicht sicher, ob es sich bei diesem „Ausnehmen“ um das handelte, was sie befürchtete. Sie fasste die Griffe der Schubkarre und brachte sie zum Gebäude. Schon diese Arbeit war schwerer, als sie vermutet hatte. Wer hätte gedacht, dass eine Karre mit einem Rad vorne so instabil sein würde? Die Karre wackelte und eierte, während sie sie über den Steg bugsierte. An einer Stelle geriet sie gefährlich nah an den Rand des Steges und hätte um ein Haar die Last zurück in den See gekippt. In letzter Sekunde gelang es ihr, einen Schlenker in die andere Richtung zu machen, fort von dem Rand und in die Verarbeitungshalle.
Dann blieb das Rad an irgendetwas hängen, und bevor Deborah es verhindern konnte, neigte die Karre sich zur Seite und kippte um. Silberne Forellen wanden sich auf den rauen Holzdielen. „Igitt“, schrie sie und sprang angewidert vor den halb toten zuckenden Fischen zurück.
Anna trat über die Schwelle und murmelte etwas auf Norwegisch. Sie griff sich eine große Schaufel und schob die Fische zu einem Haufen zusammen. Dann reichte sie Deborah die Schaufel. „Missgeschicke passieren“, sagte sie nicht unfreundlich. „Hier. Schaufeln Sie sie zurück in die Schubkarre und bringen Sie sie dorthin.“ Sie deutete auf einen langen Holztisch.
Deborah schluckte und nahm die Schaufel. Wie schwer kann es schon sein, fragte sie sich selbst. Wie schwer kann es sein, die Forellen auszunehmen, zu wiegen und in Kisten zu packen?
Der Fischer und seine Frau machten sich an die Arbeit. Alice stellte sich neben Deborah zu dem Haufen länglicher silbriger Fischleiber. „So geht es“, sagte Alice. Sie umfasste einen Fisch mit einer Hand und mit der anderen ein Messer mit langer dünner Klinge und schlitzte der Forelle den Bauch auf. Deborah zwang sich, zuzusehen und jeden Handgriff genau zu beobachten. Sie versuchte, sich selbst davon zu überzeugen, dass sie trotz des Widerwillens, den sie verspürte, es selbst auch tun könnte.
Alice erklärte ihr, wie sie den Fisch ausnehmen musste, wobei sie das Forellenherz sorgsam zur Seite legte. „Die Kleinen“, sagte sie lächelnd, „angeln gerne die Stichlinge unter dem Steg.“
Ein kleines Mädchen mit einem schüchternen Lächeln und einem fehlenden Zahn schnappte sich das glitschige Fischherz und lief nach draußen, um es an ihren Angelhaken zu stecken.
Deborah schluckte wieder. Kalter Schweiß stand ihr auf der Stirn. Alice grinste wissend. „So sieht Mama immer aus, wenn sie wieder ein Kind erwartet.“ Sie wusch den Fisch und warf ihn der Länge nach in eine Holzkiste auf der Waage. „Hundert Pfund je Kiste“, sagte sie. „Dann
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