Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ismael

Ismael

Titel: Ismael Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Quinn
Vom Netzwerk:
desto schlechter wurde alles. Sehr seltsam. Peter Farb nennt es ein Paradox: >Die Intensivierung der Produktion mit dem Ziel, eine größere Bevölkerung zu ernähren, führt zu einem noch stärkeren Wachstum der Bevölkerung. < >Egal<, sagten die Nehmer. >Wir sagen einfach einigen Leuten, sie sollen sich eine zuverlässige Methode der Geburtenkontrolle ausdenken. Dann werden wir ewig fliegen.<
    Heute können so einfache Antworten die Menschen deiner
    Kultur nicht mehr beruhigen. Sie starren alle nach unten, und es ist offensichtlich, daß der Boden mit rasender Geschwindigkeit auf euch zukommt - und zwar jedes Jahr schneller. Elementare ökologische und andere Systeme werden von den Nehmern in Mitleidenschaft gezogen, und die Auswirkungen werden jedes Jahr dramatischer. Jahr für Jahr werden lebenswichtige, unersetzliche Ressourcen verschwendet, und zwar Jahr für Jahr hemmungsloser. Pessimisten, oder vielleicht besser Realisten, sehen hinunter und sagen: >Der Zusammenstoß kommt in zwanzig Jahren, vielleicht auch erst in fünfzig. Er kann eigentlich jederzeit kommen. Niemand weiß wann.< Aber natürlich gibt es auch Optimisten, die sagen: >Wir müssen Vertrauen in unser Fahrzeug haben. Schließlich hat es uns sicher bis hierher gebracht. Vor uns liegt nicht die Katastrophe, sondern ein kleiner Buckel, den wir überfliegen können, wenn wir alle noch etwas stärker in die Pedale treten. Dann steigen wir in eine glorreiche, ewige Zukunft auf. Unser Flugzeug wird uns zu den Sternen tragen, und wir werden das ganze Universum erobern. < Aber euer Fahrzeug wird euch nicht retten. Im Gegenteil, es trägt euch in die Katastrophe. Auch wenn fünf Milliarden Menschen in die Pedale treten - oder zehn oder zwanzig -, sie werden es nicht zum Fliegen bringen. Euer Flug war von Anfang an ein freier Fall, und dieser Fall nähert sich seinem Ende.«
    Endlich fiel auch mir ein eigener Gedanke zum Thema ein. »Das Schlimmste ist«, sagte ich, »daß die Überlebenden, wenn es überhaupt welche gibt, gleich wieder von vom anfangen werden, und zwar auf genau die gleiche Weise.«
    »Ich fürchte, du hast recht. Die experimentelle Methode hat sich beim Fugzeugbau bewährt, aber bei der Errichtung einer Zivilisation kann sie katastrophale Folgen haben.«

Sieben
    1
    »Ich habe ein Rätsel für dich, mal sehen, ob du es lösen kannst«, sagte Ismael. »Du befindest dich in einem fernen Land in einer fremden, vom Rest der Welt vollkommen isolierten Stadt. Die Menschen, denen du dort begegnest, gefallen dir auf den ersten Blick. Sie sehen gesund aus und sind freundlich, fröhlich, wohlhabend, fleißig, friedliebend und gebildet, und sie erzählen dir, daß dieselben glücklichen Verhältnisse seit Menschengedenken bei ihnen herrschen. Du machst also gern in dieser Stadt Station, und eine Familie lädt dich ein, bei ihr zu wohnen.
    Du ißt bei ihr zu Abend und stellst fest, daß das Essen köstlich, aber fremdartig schmeckt. Du fragst deine Gastgeber, was es ist, und sie sagen: >Ach, das ist B-Fleisch. Wir essen nur B- Fleisch.< Natürlich bist du verwirrt und fragst, ob sie damit etwa das Fleisch der kleinen, honigsammelnden Insekten meinen. Sie lachen und führen dich zum Fenster. >Dort drüben wohnen ein paar B<, sagten sie, und zeigen auf das Nachbarhaus.
    >Herr im Himmel! <, rufst du, von Grauen geschüttelt, >ihr wollt doch nicht sagen, daß ihr Menschen eßt!< Und sie sehen dich verwirrt an und sagen: >Wir essen B.<
    >Das ist ja gräßlich<, sagst du. >Sind diese Menschen eure Sklaven? Habt ihr sie eingesperrt? <
    >Warum um alles auf der Welt sollten wir sie einsperren?< fragen deine Gastgeber.
    >Damit sie nicht weglaufen natürliche
    Inzwischen haben deine Gastgeber den Verdacht, daß du nicht ganz richtig im Kopf bist, und sie erklären, daß die B nie weglaufen würden, da die A, das Essen der B, schließlich in derselben Straße gleich gegenüber wohnen.
    Ich erspare dir deine weiteren empörten Ausrufe und die verwirrten Erklärungen deiner Gastgeber. Nach und nach begreifst du die ganze schreckliche Wahrheit. Die A werden von den B gegessen, die B von den C und die C wiederum von den A. Eine Hierarchie gibt es dabei nicht. Die C spielen nicht die Herren gegenüber den B, nur weil sie die B essen, denn schließlich werden sie selbst von den A gegessen. Alles geht vollkommen demokratisch und freundlich zu.
    Aber für dich ist das Ganze natürlich absolut schrecklich, und du fragst sie, wie sie auf so eine gesetzlose Weise leben

Weitere Kostenlose Bücher