Issilliba - Aaniya, das Mädchen, das mit den Fliegen sprechen konnte (German Edition)
anlächelte, aber dann fiel ihr siedend heiß wieder ein, dass sie ja die ganze Nacht direkt neben ihm gelegen hatte. Ihr Herz machte einen Satz und sie setzte sich schnell auf. Doch sofort wurde ihr dermaßen schwindlig, dass sie wieder nach hinten auf ihre Decke zurück fiel. Dunkelheit empfing sie.
„Was ist los mit dir, Aaniya“, hörte sie aus weiter Entfernung Gorans Stimme herüber hallen, während die Düsternis, die auf all ihre Sinne drückte, stärker und stärker wurde. Dann wusste sie von nichts mehr. Alles war dumpf und still.
Als sie wieder zu sich kam, schlotterte sie vor Kälte. Die Sonne brannte auf ihr ungeschütztes Lager herunter, aber Aaniya fühlte sich wie ein Eisklotz.
„Aaniya“, sagte Emma mit besorgter Stimme. „Wie fühlst du dich? Kannst du aufstehen?“
„Mir is… is… ist so ka… kalt, Emma. Ich wei… weiß nicht, ob ich aufste… aufstehen kann. Vo… vorhin wurde mir so schwi… schwindlig.“
Trotz ihrer elenden Müdigkeit entging Aaniya der zweifelnde Blick nicht, der über Gorans todernstes Gesicht huschte.
„Wir warten besser noch ein Weilchen“, meinte er mit rauer Stimme.
Doch es wurde nicht besser. Je länger sie im quälenden Wüstenklima festsaßen, desto dreckiger ging es Aaniya. Sie musste sich nun in regelmäßigen Abständen übergeben und verlor massenweise Flüssigkeit. Goran reichte ihr immer wieder einen ihrer Wasserschläuche und bestand darauf, dass Aaniya daraus trank. Irgendwann war Aaniya so schwach, dass ihre zittrigen Hände den ledernen Beutel nicht mehr selbst zu ihren aufgesprungenen Lippen führen konnten.
„Goran, geh du alleine weiter “, flüsterte Aaniya kraftlos, als es später Nachmittag war.
„Niemals Aaniya“, entgegnete Goran , der neben ihr kniete und sie mit liebevollem und gleichzeitig endlos gequältem Blick betrachtete. Sie wusste, dass er dasselbe dachte wie sie: Diese Wüste würde sie nicht mehr lebendig verlassen.
„Goran, geh. Denk an unseren Auftrag“, murmelte Aaniya. „Exenia hat uns zu zweit geschickt, für den Fall, dass einer von uns ausfällt.“
„Nein“, widersprach Goran mit belegter Stimme. „Exenia hat uns zu zweit geschickt, damit wir uns beistehen.“
Aaniyas brennenden Augen entging die Träne, die Goran über die Wange lief.
„Wenn du bei mir bleibst, sind w ir beide verloren“, flüsterte sie. „Emma, geh mit Goran weiter.“
„ Nein, Aaniya, das werden wir nicht tun“, entgegnete Emma und krabbelte über ihre heiße Stirn. „Vielleicht geht es dir morgen besser.“
Aaniya schloss entkräftet die Augen. Vielleicht hatte Emma recht. Sie fühlte noch, wie Goran sich über sie beugte, dann übermannte sie wieder die Dunkelheit.
Aaniya träumte. Sie war bei Grom, dem letzten Drachen.
„Ich sterbe“, sagte sie zu dem riesigen Tier, das wartend auf seinem Gelege saß.
„Du bist selbst schuld“, antwortete Grom mit seiner furchtbar tiefen Stimme. „Schau mich nicht so an.“
„Wir werden den Zauberstein nicht zu unserer Königin bringen können. Nie mehr wirst du in Freiheit leben, nie mehr werden deine Kinder aus ihren Eiern schlüpfen“, sagte Aaniya und ging. Sie ging durch einen Tunnel. Alles um sie herum war schwarz wie die Nacht. Sie ging weiter, immer weiter, doch da, ganz weit hinten erspähte sie plötzlich einen winzigen, hell leuchtenden Punkt. Fasziniert von dem wundervollen Strahlen, das zu ihr herüber drang, beschleunigte sie ihre Schritte. Plötzlich vernahm sie seltsame, helle Kinderstimmen:
„Vater, hilf Aaniya, sie stirbt. Sie ist unsere letzte Hoffnung. Hilf ihr den Zauberstein zu finden, dann sind wir gerettet.“
Sie hörte, wie Grom laut grollte. Er grollte so laut, dass die Wände des Tunnels um sie herum zu wackeln begannen.
„Warte, Aaniya“, rief Grom knurrend. „Ich komme.“
Dann hallte ein mächtiges Stampfen durch die Finsternis und das helle Licht, nach dem Aaniya sich so sehr sehnte, verschwand.
Ein heftiger Wind blies. Aaniya öffnete ihre bleischweren Augen. Sie sah einen gewaltigen Schatten über sich, dann fielen ihr die Lider wieder zu.
Es war Nacht, als Aaniya wieder zu sich kam. Sie flog. Sie flog in Gorans Arme n. Unter sich bemerkte sie etwas Festes. Dieses Etwas war nicht wirklich hart, nur fest. Ihre Augen fühlten sich nicht mehr so drückend an, als sie die Sterne über sich bestaunte. Es gab nichts anderes. Nur Sterne, Goran und sie. Das Etwas, auf dem sie saß, machte einen Ruck und sie blickte nach unten. Sie
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