Issilliba - Aaniya, das Mädchen, das mit den Fliegen sprechen konnte (German Edition)
klein.“
„Ja, endlich mal ein Vorteil“, meinte Emma und Aaniya hätte schwören können, dass sie grinste.
Weiter kletterte Aaniya durch die grüne Wildnis. Sie kam sich vor wie eine Schlange, die sich durch ihre Hindernisse hindurch schlängeln musste. Ihre Arme schmerzten gewaltig, als sie Tausende von Wurzeln auseinanderbog und Hunderte verknotete Ranken von ihren Füßen riss. Nur die Gedanken an ihren Vater ließen sie nicht aufgeben.
Nach knapp zwei Stunden bemerkte Aaniya eine kr asse Veränderung ihrer Umgebung: Die Vögel hatten aufgehört zu zwitschern. Alles war unheimlich still geworden. Sogar das Echo ihrer ungestümen Kletterei hallte nur noch dumpf durch das Dickicht.
Auf einmal schwirrte Emma vor Aaniyas Augen herum. „Halt, warte“, sagte sie. „Ich muss dich erst ankündigen.“ Und mit diesen Worten ließ sie Aaniya allein. Mitten in einem grünen Meer, aus dem es keinen Ausweg mehr gab. Panik wollte in Aaniya aufsteigen, aber sie zwang sich, ruhig zu bleiben. Sie ließ ihren Blick über die vielen, vielen knorrigen Laubbäume um sich herum wandern, die lianenartigen Ranken entlang nach oben in das dichte Blätterdach. Nicht das kleinste Fenster war zu sehen, durch das sie den Himmel hätte betrachten können. Zweifellos war es ein schöner Tag, denn es regnete nicht. Was hätte Aaniya darum gegeben, jetzt die klaren Strahlen der Sonne auf ihrer Haut zu fühlen und nicht hier im Halbdunkeln zu stehen und den klebrigen Schweiß am Körper zu tragen.
Nach einer Weile hörte sie ein tiefes Brummen. Sie blickte um sich, doch nichts war zu sehen. Plöt zlich wurde das Brummen nahezu Ohren betäubend laut und schon war sie eingehüllt in tausende von Fliegen. In wilden Kreisen flogen sie um Aaniya herum bis ihr schwindlig wurde. Sie stolperte mit ausgestreckten Händen durch das Gestrüpp und versuchte der Insektenmasse zu entfliehen. Mit einem Mal waren die Fliegen und ihr Brummen verschwunden und Aaniya befand sich auf einer großen Lichtung. Jetzt stand sie in dem grellen Sonnenlicht, das sie sich soeben noch gewünscht hatte - mitten auf einer kleinen Wiese. Aus dem grasbedeckten Boden streckte eine unzählige Menge an gelben und weißen Blumen ihre hübschen Köpfchen hervor. Als Aaniya die Bäume näher betrachtete, die hier diese schöne Wiese umringten, bemerkte sie die Millionen an schwarzen Punkten an den moosbedeckten Ästen und Stämmen: Wohl die gesamte Population an Fliegen, die es in Issillba gab, war hier zusammengekommen und wartet. Aber auf was? Im nächsten Moment kam Aaniya ein sehr unangenehmer Gedanke: Sie war sich sicher, dass diese enorme Masse an Insekten sie locker erdrücken konnte. Plötzlich hörte Aaniya hinter sich ein Rascheln und fuhr herum. Ihr Puls schnellte in die Höhe und ein spitzer Schrei entfuhr ihren Lippen. Zwischen den Sträuchern bahnte sich ein riesiges Insekt ihren Weg. Es war eine schwarze Fliege, so eine wie Emma nur viel, viel größer. Allein die flachen Augen des Tiers waren jeweils so groß wie Aaniyas Kopf.
Panisch wich Aaniya zurück. Sie stolperte und landete auf ihrem Hosenboden. Die gewaltige Fliege krabbelte einige Schritte hinaus auf die Blumenwiese, dann blieb sie ruhig sitzen und blickte Aaniya interessiert an.
„Hab keine Angst, Aaniya, Tochter von Kori“, ertönte eine tiefe, weibliche Stimme in der eine unfassbare Warmherzigkeit lag. „Ich heiße dich willkommen, hier bei uns im Wilden Wald. Ich bin Exenia, die Königin der Fliegen.“
Aaniya starrte Exenia, die jetzt ihre Flügel bewegte und sie bläulich-grün im Licht der Sommersonne glänzen ließ, fassungslos an. „Ha - Hallo“, stammelte sie schließlich und rappelte sich auf. Nie hatte sie damit gerechnet, so ein gewaltiges Insekt zu treffen. Sie hatte eher geglaubt, einer farblich besonders prächtigen Emma zu begegnen.
„Eine große Aufgabe wartet auf dich, Schmi edtochter. Du allein kannst Issilliba retten“, ertönte Exenias wundervolle Stimme aufs Neue. Die Riesenfliege ließ sich auf ihren gewaltigen Hinterleib nieder.
„Ich verstehe dich nicht“, flüsterte Aaniya verständnislos. „ Erst Emma und jetzt …“.
„Ich erkläre dir alles, Aaniya, dann kannst du frei entscheiden, wohin dich dein weiterer Weg tragen soll. Sei beruhigt, hier bei uns wird dir nichts geschehen.“
Exenias Stimme war so vertrauenserweckend, dass sich Aaniyas rascher Herzschlag tats ächlich etwas legte.
„Vor langer Zeit“ , begann die Königin der Fliegen zu
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