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Ist Gott ein Mathematiker

Ist Gott ein Mathematiker

Titel: Ist Gott ein Mathematiker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Livio
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obschon er ohne Zweifel ein intellektuelles Kraftwerk gewesen ist, auf meiner Liste der «Mathematik-Magier» nicht erscheinen.
    Ich verwende den Begriff Magier in diesem Zusammenhang für diejenigen, die buchstäblich Kaninchen aus leeren Zylindern zaubern konnten, solche, die nie zuvor gedachte Verknüpfungen zwischen der Mathematik und der Natur hergestellt haben, die komplexe natürliche Phänomene beobachteten und daraus kristallklare mathematische Gesetze herzuleiten vermocht haben. In manchen Fällen haben diese überlegenen Denker ihre Experimente und Beobachtungen sogar verwendet, um die Mathematik voranzubringen. Die Frage nach der unbegreiflichen Macht der Mathematik zur Erklärung der Natur hätte sich ohne diese Magier nie gestellt. Dieses Mysterium ergab sich erst aus den wundergleichen Einsichten dieser Forscher.
    Kein einzelnes Buch wird all den überragenden Wissenschaftlernund Mathematikern gerecht werden können, die an unserem Verständnis vom Universum mitgewirkt haben. In diesem und dem folgenden Kapitel möchte ich mich daher auf vier dieser Geistesriesen der vergangenen Jahrhunderte beschränken, über deren Status als Magier nicht der geringste Zweifel bestehen kann – einige aus der Crème de la Crème der Wissenschaftswelt. Der erste Magier auf meiner Liste ist eines einigermaßen ungewöhnlichen Ereignisses halber besonders gut in Erinnerung – dafür, dass er splitterfasernackt durch seine Heimatstadt geflitzt ist.
Gib mir einen Ort zum Stehen, und ich werde die Welt aus den Angeln heben
    Hätte der Mathematikhistoriker Eric Temple Bell über die Top drei unter den Mathematikern zu entscheiden, so würde seine Antwort lauten:
    Auf jeder Liste der drei «größten» Mathematiker der Menschheitsgeschichte wird der Name Archimedes erscheinen müssen. Die beiden anderen, die in der Regel mit ihm in eine Reihe gestellt werden, sind Newton (1642–1727) und Gauß (1777–1855). Unter Berücksichtigung des Reichtums – respektive der Armut – der mathematischen und physikalischen Wissenschaften des jeweiligen Zeitalters, in dem diese Giganten gelebt haben, sind manche Leute, wenn sie deren Leistungen vor dem damaligen Hintergrund zu beurteilen haben, geneigt, Archimedes an die erste Stelle zu setzen.
    Archimedes (287–212 v. Chr., Abbildung 10 zeigt eine Büste, die angeblich Archimedes darstellen soll, in Wirklichkeit jedoch vermutlich die eines spartanischen Königs ist) war in der Tat der Newton oder Gauß seiner Zeit, ein Mann von solcher Brillanz, Fantasie und Einsicht, dass nicht nur seine Zeitgenossen, sondern noch viele Generationen nach ihm seinen Namen voll Staunen und Ehrfurcht nannten. Zwar ist er besser durch seine genialen Erfindungen auf dem Gebiet der Ingenieurskunst bekannt, doch Archimedes war in erster Linie Mathematiker, und seine Mathematik war ihrer Zeit um Jahrhundertevoraus. Leider ist nur wenig über Archimedes’ Jugend und seine Familie bekannt. Seine erste Biographie – geschrieben von einem gewissen Herakleides – ist nicht erhalten, und das wenige, das wir über sein Leben und seinen gewaltsamen Tod wissen, stammt in erster Linie aus der Feder des römischen Geschichtsschreibers Plutarch (46–120 n. Chr.). Dieser war genau genommen eher an den militärischen Leistungen des römischen Generals Marcellus interessiert, der Archimedes’ Heimatstadt Syrakus im Jahr 212 v. Chr. einnahm. Zum großen Glück für die Geschichte der Mathematik muss Archimedes Marcellus während der Belagerung derartig viel Kopfzerbrechen bereitet haben, dass die drei großen Historiker der Zeit – Plutarch, Polybios und Livius – ihn in ihren Berichten nicht übergehen konnten.

    Abbildung 10
    Archimedes wurde in Syrakus geboren, einer zu jener Zeit griechischen Siedlung auf Sizilien. Seinen eigenen Schilderungen zufolge war er der Sohn des Astronomen Phidias, über den außer der Tatsache, dass er das Verhältnis der Durchmesser von Sonne und Mond errechnet hatte, wenig bekannt ist. Archimedes war möglicherweise entfernt mit König Hieron II. verwandt, der selbst uneheliches Kindeines Adligen war (seine Mutter war eine von dessen Sklavinnen gewesen). Ungeachtet irgendwelcher familiären Bande, die Archimedes möglicherweise mit der königlichen Familie verbunden haben mögen, hielten beide, König Hieron und dessen Sohn Gelon, immer große Stücke auf ihn. Als Jugendlicher verbrachte Archimedes einige Zeit in Alexandria, wo er Mathematik studierte, bis er zu einem emsigen

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