Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ist Unsere Liebe Noch Zu Retten

Ist Unsere Liebe Noch Zu Retten

Titel: Ist Unsere Liebe Noch Zu Retten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Vesper
Vom Netzwerk:
weiblichen Reize bemühen, so viel sie will, er reagiert nicht. Der Hintergrund ist natürlich seine große Angst vor ihrer Macht. Oft bringt er Angst vor weiblicher Macht aus der Kindheit oder früheren Beziehungen mit. Oft hat er schon als Junge oder in späteren Beziehungen seine Abhängigkeit schmerzhaft gespürt und versucht sich zu retten, indem er der Frau die Anerkennung verweigert hat. So ein Mann kann eine Frau am ausgestreckten Arm verhungern lassen, er behält immer das Heft in der Hand, er lässt sie spüren, wie nötig sie ihn braucht, damit er nicht spürt, wie dringlich er sie eigentlich braucht. Er macht sie klein, damit er sich groß fühlt. Die so entmachteten Frauen sind entsetzlich verletzt, oft verlieren sie vollkommen das Gefühl für ihre Weiblichkeit.
    Besonders schlimm ist es, wenn Frauen aus einem Gefühl weiblicher Ohnmacht heraus aktiv und initiierend werden. Dann rackert die Frau sich ab, um den Mann zu befriedigen, ihm Lust zu machen, ein wenig Hitze in ihm zu entfachen, um wenigstens eine schwache Reaktion zu bekommen. Dann macht sie alles, was ihm gefällt. Er wird passiv, fühlt sich dabei auch noch gut und mächtig – und sie schrumpft als Frau.
    Ich habe nicht wenige Frauen erlebt, die auf diese Weise entsetzlich viel verloren haben. Sie wussten gar nicht mehr, wie es sich anfühlt, sich einem begehrenden Mann hinzugeben, sich fallenzulassen, ganz zu schweigen davon, dass sie immer seltener – wenn überhaupt – einen Orgasmus bekamen.
Zum Glück erlebe ich aber auch nicht selten, wie eine derart verunsicherte Frau aus allen Wolken fällt – und direkt in den siebten Himmel hinein –, wenn da plötzlich ein Mann auftaucht, der ihr als Frau wieder Macht verleiht, stark auf sie reagiert auf eine männlich begehrende kraftvolle Weise, so dass sie sich plötzlich fallenlassen, hingeben kann.
    Es ist gar nicht so selten, dass ganz junge Klientinnen in einer solchen Verunsicherung zu mir kommen. Bärbel zum Beispiel, eine bezaubernde Schauspielerin Anfang dreißig. Sie ist hübsch, sexy, lebhaft, sehr expressiv und kreativ. Aber ihr wurde schon ganz früh von dummen Schuljungs das Gefühl für ihre weibliche Macht geraubt. Klar, die dummen Jungs waren selbst so unsicher, dass sie dieses hübsche Mädchen kleinmachen mussten, sagen mussten, sie sei schlecht im Bett und anderes dummes Zeug. Bei ihr führte das dazu, dass sie »gut im Bett« wurde. Sich furchtbar anstrengte. Sie beherrschte alles, an den richtigen Stellen anfassen, stöhnen, Orgasmus vortäuschen, Oralsex, Komplimente über Penislänge und -qualität und so weiter. Aber sie ließ sich nie fallen. Und sie bekam auch nie einen Orgasmus. Der Mann, mit dem sie eine langjährige Beziehung hatte, war das passende Gegenstück. In seiner Männlichkeit von einem dominanten Vater beschämt und verunsichert, von einer früheren Freundin als Mann kleingemacht, durch verstörende sexuelle Erfahrungen in seiner schamhaften Hemmung verstärkt. Für ihn war Bärbel eine Sexbombe. Sobald er sich ihr unterlegen und sich selbst abhängig fühlte, zog er sich von ihr zurück. Dann machte sie, was sie immer getan hatte. Sie kümmerte sich um das Ding da, um seine Lust, seine Befriedigung, sein Selbstwertgefühl. Erst als sie in Therapie ging, veränderte sich das ganze Gefüge, und er wurde damit konfrontiert, dass er sie als Frau vollkommen ohnmächtig gemacht hatte, weil er überhaupt nicht auf sie reagiert hatte, sondern nur mit seinem eigenen Schwanz beschäftigt gewesen war.
    Alles sehr verwirrend. Die beiden haben sich getrennt, obwohl viel zwischen ihnen gut passte. Aber sie fühlte sich von ihm als Frau regelrecht zerstört, so dass sie kein Vertrauen mehr zu ihm entwickeln konnte.
    Macht über den Partner zeigt sich immer, wenn wir einen Impuls geben und er reagiert – wie die Reaktion auch immer ausfällt. Je selbstzerstörerischer die Sache ausgelebt wird, umso verwirrender und undurchschaubarer wird es. Sadomaso-Spiele sind nur die Spitze des Eisbergs in diesem verwirrenden Spiel mit Macht und Ohnmacht.
    Menschen, die als einzige heftige Reaktion auf sich selbst Schläge, Schimpfen, Missbrauch in ihrer Kindheit erfahren haben, praktizieren das leider oft auch als Erwachsene. Menschen, die früh eine ungesunde Macht erfahren haben, suchen sie später oft auf dieselbe Weise wieder. Die geschlagene Frau, die mit dem Schmerz auch die Macht über den Partner spürt. Die Frau, die sich selbst sexuell missbraucht, funktionalisiert,

Weitere Kostenlose Bücher