Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ist Unsere Liebe Noch Zu Retten

Ist Unsere Liebe Noch Zu Retten

Titel: Ist Unsere Liebe Noch Zu Retten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Vesper
Vom Netzwerk:

    Arbeite dich langsam vor, bis du dich den schwierigen Situationen stellst, wo es dir bislang kaum möglich schien, ein klares: So nicht mit mir! auszusprechen.
    Nun ist alles gut vorbereitet, und wir können uns dem Verzeihen zuwenden!

Bevor du zur Rache schreitest, schaufle
zwei Gräber
    Verzeihen tut gut
    Die Verantwortung für das zu übernehmen, was ich Übles angerichtet habe, ist sehr schwer. Verzeihen ist vielleicht noch schwerer. Beides fordert Wahrhaftigkeit. Wer nur so tut, als würde er verzeihen, belastet die Beziehung ebenso wie derjenige, der nur so tut, als würde er um Verzeihung bitten.
    Das Verzeihen, Vergeben hat in den letzten Jahren viel Aufmerksamkeit erfahren in der psychologischen und esoterischen Literatur. Es wurde mit allerlei Ideologien befrachtet. Und manchmal entstand der Eindruck, als hätte der Mensch, der sich von einer Verletzung, einem Trauma schwer erholen und nicht gleich wieder in die »Normalität« zurückkehren kann, »selbst Schuld«. Das ist gefährlich. Jeder weiß, dass es sich viel leichter anfühlt, wenn man sich nicht ärgert, keine Rachegelüste hat, nicht traurig ist, keinen Schmerz empfindet. Selbstverständlich. Das sind alles sehr unangenehme Gefühle. Aber zu sagen: Vergib einfach! Ansonsten gibst du dem Menschen, der dich verletzt hat, zu viel Macht über dich. Oder gar: Verbitterte Menschen sehen auch so aus, also vergib endlich!, hat die gleiche Wirkung, als sagte ich zu einem depressiven Menschen: Sei spontan! Sei fröhlich!
    Das ist Unfug! Der ganze Prozess des Verzeihens ist schwierig, braucht Zeit und Genauigkeit. Schauen wir also gemeinsam hin, ohne von vornherein zu sagen: Nun verzeih endlich!
    Es gibt Menschen, die sagen, ich schaffe es nicht zu vergessen, wenn mich jemand gekränkt, verletzt hat. Andere sagen: Wer mir wehgetan hat, braucht mir nicht wieder zu kommen. Der ist für mich erledigt. Und andere wiederum sagen: Alles, was dir zugefügt wurde, hast du angezogen, in dein Leben geholt, du bist also selbst verantwortlich. Der andere hat dir nur eine Lehre erteilt, danke ihm für die Lektion, lern daraus und geh weiter. Jede dieser Positionen ist verständlich. Gleichzeitig hat jede etwas Starres und Unlebendiges an sich, das den Einzelnen, vor allem aber eine Liebesbeziehung überfordert.
    Beginnen wir mit der Aussage: Ich kann einfach nicht vergessen, wenn mich jemand verletzt oder gekränkt oder mir Unrecht zugefügt hat. In diesem Fall ist es gut, sich zu fragen: Was genau geht bei mir so tief, dass ich es nicht vergessen kann? Jetzt ist es wohl an der Zeit, über Unrecht, also über »Gerechtigkeit«, in der Liebe zu sprechen.
    Manche Menschen haben aufgrund ihrer Geschichte einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn. Oft ist ihnen in ihrer Kindheit etwas zugestoßen, das den tiefen kindlichen Sinn für Gerechtigkeit verletzt hat. Sie wurden zum Beispiel für etwas bestraft, das so nicht stattgefunden hatte. Oder sie wurden als Einzige bestraft, obwohl andere mit ihnen gemeinsam etwas ausgefressen hatten. Manchmal sind Gerechtigkeitsfanatiker auch in Familien aufgewachsen, in denen Gerechtigkeit ein ehernes Gesetz darstellte. Da wurden Süßigkeiten auf der Waage abgewogen, damit auch wirklich kein Kind benachteiligt wurde. In Nachkriegsfamilien kam so etwas, glaube ich, nicht selten vor.
    Ich höre oft, dass ein Partner sagt: Dein Vorwurf ist ungerecht. Oder: Du tust mir Unrecht. Zum Beispiel gibt es Partner, die Entwicklungen, Veränderungen, Wachstum des anderen nicht beachten und sich immer noch über ein Verhalten beklagen, das längst überwunden ist. Das wird als »Unrecht« erlebt. Ungerechtfertigte Eifersucht, Misstrauen
werden ebenfalls als Unrecht erlebt. Eine Aufteilung von Geld, bei der einer zu kurz kommt, wird als ungerecht erlebt. Freunde von mir haben ihr Leben so organisiert, dass der Mann hart arbeitet und außerdem seine körperlich schwächere Frau noch im Haushalt unterstützt. Sie ist Lehrerin und unternimmt in den Schulferien weite Reisen, während er arbeitet. Das findet er ungerecht.
    Interessanterweise drücken in meiner Praxis eher Männer Verletztheit, Kränkung als »Ungerechtigkeit« aus. Sören ist ein Beispiel für viele: Er arbeitet hart, verdient viel Geld, und seine Frau betreibt ein teures Hobby, das er finanziert: Sie reitet. Er hat ihr ein Pferd gekauft. Sie reitet täglich, auch am Samstag. Dann steht sie früh auf und verschwindet den halben Tag, den er mit den drei Kindern verbringt. Als sie dann auch

Weitere Kostenlose Bücher