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Ist Unsere Liebe Noch Zu Retten

Ist Unsere Liebe Noch Zu Retten

Titel: Ist Unsere Liebe Noch Zu Retten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Vesper
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Veränderung zu begeben.
    Du bist wütend, weil deine Partnerin dich ständig warten lässt. Richtig wütend. Nach der Wut kommt ein neues Gefühl. Vielleicht Ohnmacht. Wie oft hast du ihr schon gesagt, dass du darunter leidest, immer auf sie warten zu müssen, und sie hat jedes Mal versprochen, sich zu ändern. Doch nichts geschah. Nach der Ohnmacht kommt vielleicht ein klares entschiedenes Gefühl. Wenn sich das nicht ändert, wird eure Beziehung scheitern, weil dein Vertrauen in deine Partnerin schwindet. Du teilst es ihr also mit, entschieden, klar. Ich bin nicht länger bereit, so zu leben. Es ist ein Leben in der Warteschlange. Es zeigt mir, dass du nur sehr wenig Engagement auf unsere Beziehung verwendest, dass ich dir nicht wert bin, etwas zu verändern. Es macht mich wütend, traurig, ohnmächtig. Meine Geduld ist erschöpft. Ich will eine Bewegung sehen. Oder ich bin überzeugt davon, dass du unsere Beziehung eigentlich schon aufgegeben hast. Die Verantwortung liegt bei dir.
    Nehmen wir den besten Fall an, sie wehrt nicht ab, macht keine Retourkutschen, leugnet nicht usw. Deine Partnerin übernimmt die Verantwortung, sie antwortet dir. Sie macht deutlich, dass es sich bei ihrer Unpünktlichkeit um eine sehr unangenehme Schwäche handelt, von der sie weiß, dass sie dich damit verletzt. Sie bittet dich um Verzeihung und um etwas mehr Geduld. In diesem Fall geht der Prozess weiter. Dein Gefühl, kurz vorm Abgrund zu stehen, wird vielleicht abgelöst von einer zaghaften Hoffnung.
    Selbstverständlich wäre es dumm, jetzt zu vergessen, dass du aber- und abermals zu spät ins Theater gekommen bist, weil sie sich mit dem Nachhausekommen verspätet hat, die Erzieherin im Kindergarten dich mehrfach angerufen hat, weil deine Partnerin trotz eindeutiger Zusage euer Kind nicht rechtzeitig abgeholt hat. Ebenso dumm allerdings wäre es, die Wut, Verzweiflung, Ohnmacht festzuhalten und nicht zum nächsten Gefühl weiterzugehen.
    Sie macht Versprechungen. Das hat sie schon zu häufig
getan. Diesmal willst du Taten sehen. Und du bist auch nicht bereit zu verzeihen. Du nimmst es ihr wirklich ernsthaft übel.
    Also entwickelt ihr einen Maßnahmekatalog, einen Vertrag. Zum Beispiel verspricht sie, in Zukunft eine halbe Stunde vor irgendwelchen gemeinsamen Terminen dazusein. Und du verzeihst ihr, wenn sie sich eine Viertelstunde verspätet.
    Die Geschichte kann unterschiedlich weitergehen. Entweder sie bricht ihr Versprechen, und der Zyklus der unangenehmen Gefühle beginnt erneut, bis ihr bei den nächsten Versprechungen angelangt seid, oder sie bricht ihr Versprechen, und du machst deine Ankündigung wahr und gehst, oder sie hält ihr Versprechen mit all der Disziplin, die eine Verhaltensveränderung verlangt. Du erkennst ihre Bemühung an, behältst aber noch deine Zweifel, ob es nicht nur für eine kurze Zeit sein wird. Du entspannst dich erst ganz allmählich in dem Maße, in dem es Teil eures Alltags wird, dass du dich auf sie verlassen kannst. Manchmal erinnerst du dich wahrscheinlich noch an die Zeit, als du dich wirklich sehr schlecht von ihr behandelt gefühlt hast, aber der Schmerz, der dann auftaucht, wird weniger und weniger werden, so wie die neue Erfahrung die alte ablöst.
    Du wirst ihr verzeihen können. Und du wärst dumm und würdest sie sehr kränken, wenn du ihr immer wieder vorhalten würdest, wie unzuverlässig und unpünktlich sie damals gewesen ist. Du wirst loslassen und zu einer neuen Realität in eurer Beziehung, auch in deinen Gefühlen, weitergehen. Und wahrscheinlich wirst du dich irgendwann an ganz viele Begebenheiten nur noch verschwommen erinnern, vielleicht sogar mit ihr darüber lachen, wie absurd das Ganze damals gelaufen ist.
     
    Danken für die Verletzung? Das klingt sehr biblisch: Wenn dich einer geschlagen hat, halte die andere Wange auch noch hin. Ich habe immer wieder Klienten, die an Familienaufstellungen
teilgenommen haben und sagen, sie hätten nun verstanden, dass jede Verletzung, die ihnen jemals zugefügt wurde, eine wertvolle Lektion für sie gewesen sei.
    Das hat aber seine Grenzen. Eine meiner Klientinnen wurde von ihrem Vater zehn Jahre lang auf eine entsetzlich sadistische Weise sexuell misshandelt. Diese Klientin hat riesige Schwierigkeiten in ihrem Leben im Vergleich zu Menschen, die geborgen oder auch nur einigermaßen unbeschadet aufwachsen konnten. Sie hat Zeit, Geld, Tränen, Kraft, Lebendigkeit dareinstecken müssen, Vertrauen zu Menschen zu entwickeln, Männer

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