Ist Unsere Liebe Noch Zu Retten
sofortige Erfolgskontrolle.
Es gibt Menschen, die intuitiv Tätigkeiten wählen, die direktes Feedback geben: Musizieren – ich tue etwas und höre es sofort. Zeichnen, Malen – ich trage eine Farbe auf und sehe sie sofort. Alles am Computer, besonders Spiele – ich bewege meine Hand, und die Bilder reagieren sofort. Kochen – ich würze und kann sofort schmecken. Gartenarbeit – ich pflanze, grabe, schneide und sehe sofort das Ergebnis.
Einem Partner das Feedback vorzuenthalten kann eine sehr subtile Form von Machtausübung sein: Ich lasse dich strampeln, so viel ich will, ich lasse dich ins Leere laufen, ich lasse dich hängen, von mir kriegst du keine Reaktion.
Und noch einmal zum Feedback. Wenn du deinem Partner Feedback verweigerst, höhlst du eure Beziehung langsam aus. Ich gebrauche das Bild vom Stein, der ins Wasser fällt. Wenn anschließend keine Wellen da sind, fehlt etwas. Wenn ich meinem Partner etwas über meine Gefühle und Gedanken erzähle und er reagiert nicht, steht einfach auf und sagt: Wollen wir frühstücken?, oder: Ich muss mal, und nicht zurückkommt, oder einfach schweigt und das Ganze unter den Tisch fallen lässt, als hätte ich gar nichts gesagt, entsteht bei mir der Eindruck, dass es ihm vollkommen egal ist, was ich denke und fühle. Menschen reagieren in diesen Situationen unterschiedlich. Manche toben und schreien und streiten, andere werden still, andere weinen, andere wenden sich heimlich einem Dritten zu. Alle aber verlieren das Vertrauen, dass sie wirklich von Bedeutung für den andern sind. Wenn dir also an deinem Partner etwas liegt, solltest du trainieren, ihn nie ins Leere laufenzulassen, sondern immer, wirklich immer zu reagieren. Wenn nicht sofort Zeit
da ist, dann eben zeitversetzt, indem du später auf Gesagtes, Getanes zurückkommst.
Vor einiger Zeit hatte ich eine sehr traurige Sitzung mit einem Paar. Die Frau ist seit einem Jahr bei mir in Therapie, der Mann war vor einem Jahr mitgekommen und nun wieder. Vor einem Jahr beklagte er sich sehr über seine Frau. Sie sei zänkisch, würde immer meckern, er könne ihr sowieso nichts recht machen, sie sei auch immer so traurig, wahrscheinlich sei sie krank, depressiv. Ich solle es richten.
Die Klientin hat in diesem Jahr ganz allmählich all die Energie, die sie vorher in die Beziehung gesteckt hatte, auf ihre eigene Entwicklung gerichtet. Sie hat sich nicht mehr mit Süßem und Alkohol für den Mangel an Feedback, seelischer Nähe und Zärtlichkeit getröstet, sondern sie hat begonnen, Sport zu treiben, ist zum Tanzen gegangen, hat kreative Interessen entwickelt, Freundschaften gepflegt und ist allein verreist. Vor einem halben Jahr etwa hat sie eine Liebesbeziehung zu einem Mann begonnen, der ihr unmittelbares Feedback auf sie gab: als Frau, in ihren Bedürfnissen, Sehnsüchten, Ängsten. Sie wurde schlank, sexuell aktiv und zufrieden.
In jener Sitzung nun wollte sie ihrem Mann mitteilen, dass sie ihn verlassen wolle. Sie hat es ihm im Verlauf der letzten Monate immer wieder gesagt: Unsere Beziehung ist in einer Krise, wir müssen etwas ändern. Ich bin in unserer Beziehung nicht glücklich, wenn wir eine Zukunft haben wollen, muss sich ganz viel ändern. Ich will ausziehen.
Sie hat es gesagt, und er hat reagiert wie immer. Er hat abgewehrt, wurde kurz zornig, zog sich zurück. Keine Antwort. Keine Fragen. Nichts. Sie hat nicht mehr gestritten, nicht mehr gekämpft, nicht gemeckert. Sie hat resigniert. Nun sagte er, dass er ihre Beziehung im letzten halben Jahr viel schöner fand. Seine Frau sei viel entspannter gewesen, hätte nicht mehr gemeckert, er musste keine scheußlichen Beziehungsgespräche mehr führen.
Ich habe vor ihm gesessen und konnte es nicht fassen. Er hatte gar nicht gemerkt, dass es keine Nähe, keine Intimität, keine seelische Berührung zwischen ihnen gegeben hatte. Er war zufrieden gewesen! Ich möchte betonen: Der Mann ist sympathisch. Ich glaube, er liebt seine Frau. Er möchte mit ihr weitere zehn Jahre zusammenbleiben. Aber er hat es sich bequem gemacht. Beruflich setzt er sich ein, wenn etwas schwierig wird. Da wendet er Energie auf, da wirbt er, kämpft er, gibt er alles. Bei seiner Frau hält er alles zurück: keine Frage, keine Antwort, keine Nährung, keine Berührung, kein Trost, keine Begeisterung, kein Feuer, kein Werben, kein Feedback.
Seine Frau drückte in meinem Beisein aus – er konnte nicht weglaufen –, dass sie der Beziehung keine Zukunft gebe. Ihm blieb die Luft weg.
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