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Istanbul: Ein historischer Stadtführer

Istanbul: Ein historischer Stadtführer

Titel: Istanbul: Ein historischer Stadtführer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Kreiser
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zusammengesetzten Kommission verhört. Die Anklage lautete auf «Aufhetzung der Bevölkerung und des Militärs gegen das Sultanat, Zersetzung des Staates und Brechung der Gesetze». Der Ministerrat sprach dann nach dem Strafgesetzbuch die Todesstrafe für die Drahtzieher aus. Der Sultan wandelte sie in Kerker um, mit der bemerkenswerten Begründung, «weil kein Henker zur Verfügung steht». Bis heute sind die Ziele der Verschwörer nicht ganz klar. Wollten sie den Sultan stürzen oder nur Änderungen in seinem Regime erzwingen?
Neue Polizeiposten
    Unter den Sultanen Selîm I., Mahmûd II. und Abdülmecîd entstanden zahlreiche, neuzeitliche Polizeiwachen (
karakol
), die teilweise ältere Holzbauten ersetzten. Das Wort
Karakol
, das nichts anderes als «Schwarzer Arm bzw. Ärmel» im Türkischen zu bedeuten scheint, ist übrigens ein alter mongolischer Terminus für «Spähtrupp» bzw. «berittene Patrouille». Noch im 19. Jahrhundert schrieb man die ursprüngliche Form
karavul
. Von Abdülmecîd stammt unter anderem der kasernenartige, zweistöckige
Karakol
in Arnavutköy (Richtung Bebek, auf der Höhe von Akıntıburnu) aus dem Jahr 1843. Abdülhamîd II. ließ nach dem versuchten Attentat von 1904 verstärkt Wachlokale in der Umgebung des Yıldız-Palastes erbauen.
    Unter den erhaltenen halben Dutzend
Karakols
von Üsküdar bildet das klassizistische Wachlokal von Şemsîpaşa (gegenüber der reizvollen Moschee Sinâns für den Admiral) die Fassade eines Klubhauses für Luftwaffenoffiziere (Hava Kuvvetleri Lokalı). Den Eingang schmückt eine Inschrift aus acht Kartuschen, welche die Tughra Abdülmecîds einrahmen. Der Verfasser Mehmed Lebîb Efendi (1785–1867), ein kultivierter hoher Beamter, stellt Abdülmecîd, der ja durchaus ein Freund westlicher Lebensformen war, als gottbegnadeten islamischen Universalherrscher vor.
    Abdülmecîd, Beschützer der Welt und Fürst der Gläubigen,
Padischah von Orient und Okzident, Zuflucht der Muslime
    Hat in Şemsîpaşa das Wachlokal errichtet,
Inspiriert hat den Herrscher der Herr beider Welten.
    Ich, Lebîb, habe für den Bau in neuem Stil
Einen gekonnten und mit Perlen geschmückten Zeitzeiler gedichtet:
    Der Wohltaten spendende, gnadenreiche und glückliche Padischah
Hat dieses Wachlokal sehr hoch und fest gebaut.
    Die das Chronogramm enthaltenden letzten beiden Zeilen sind, wie der Dichter vorausschickt, «mit Perlen geschmückt». Das bedeutet, dass nur die Zahlenwerte der arabischen Schriftzeichen, die sich durch Punkte («Perlen») auszeichnen, addiert werden müssen, um zum Hidschra-Jahr 1258 H. (1842/43 D.) zu gelangen. Freilich hat man damals fast immer die Jahresangabe in Zahlen hinzugefügt (am Ende der linken unteren Kartusche).
Haft, Folter und Verbannung
    Der Journalist Refî Cevâd («Ulunay», 1890–1968) wurde als Gegner des herrschenden «Komitees für Einheit und Fortschritt» nach dessen endgültiger Machtergreifung im sogenannten «Sturm auf die Hohe Pforte» (23.1.1913) verhaftet und nach Sinop bzw. Konya verbannt. Seine Erinnerungen an Gefängnis und Folter erschienen nach dem Zusammenbruch des Regimes in der Zeitung
Alemdâr
:
    In dem von der Polizeidirektion benutzten
Konak
gab es eine Badeabteilung. Außerdem eine Waschküche, welche wir Gefangene später besuchen sollten. Wenn diese beiden Räume voller Folteropfer waren, brachte man das vorhandene Automobil in seine Garage und ließ den Motor der Automobile der Polizeidirektion anlaufen, so dass die Schreie der Geschlagenen unter deren entsetzlichem Lärm untergingen. Im Übrigen gab es weitere Folterinstrumente. Zum Beispiel einen Satz von Instrumenten und Zangen, um den Körper an den Gelenken festzuklemmen. Wir sahen die Spuren auf den Körpern unserer Kameraden. Wir haben es mit eigenen Augen gesehen und selbst erlebt. Ich sage es frei heraus, wenn jemand mit einem Dementi kommen möchte, bitte schön …
    Der Mitgefangene Hakkı Bey wurde unter Folter gezwungen, seine Teilnahme am Attentat auf den Oberbefehlshaber General Mahmûd Şevket zu gestehen. Der Pascha war am 11. Juni 1913 auf dem Weg zur Hohen Pforte einem Bombenanschlag erlegen.
    Beispielsweise näherte sich mir eines Abends der später hingerichtete Hakkı Bey. Sein Gesicht war purpurfarben, seine Augen wie Schalen voller Blut. Seine sympathischen Gesichtszüge waren zerstört und hatten unter den Schlägen eine fürchterliche Gestalt angenommen. Wir scharten uns um ihn und fragten aufgeregt: «Um Himmels willen, Hakkı

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