Istanbul: Ein historischer Stadtführer
erhielt die Schwadron von Merzifon die Bezeichnung
Lahanacı
, die von Amasya die Bezeichnung
Bamyacı
. Er ordnete an, daß diese Reiterei in der Ebene Sulu Ova (zwischen Amasya und Merzifon) ihre Exerzierübungen halten sollte. Sie ritten auf nicht zugerittenen, feurigen Pferden und übten sich im Gebrauch von Säbel und Lanze. So wurden diese Reiter die Grundlage der regulären osmanischen Kavallerie.
Tatsächlich handelt es sich um das Fortleben einer byzantinischen Tradition. Im alten Konstantinopel wurde am Hippodrom zum Geburtstag der Stadt ein Pferderennen veranstaltet, das den Namen
lachanikon hippodromion
führte, weil bei ihm Gemüse (gr.
lachaniko)
an die Bevölkerung verteilt wurde.
VIII.
Handel und Wandel
Das Hauptgeschäftsviertel von Istanbul war bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts der «Große Basar». Er lag in einiger Entfernung von den Hafenanlagen am Goldenen Horn. Über das Wasser wurde der Handel mit den west- und nordeuropäischen Ländern, dem Schwarzmeerraum und den Häfen der Levante abgewickelt. Wichtige europäische Einfuhrgüter waren im 17. Jahrhundert vor allem Wollstoffe. Aus und über Ägypten kamen Zucker, Gewürze, Henna, Reis und Flachs. Izmir und sein Hinterland lieferten Trockenfrüchte wie Korinthen und Feigen, von der pontischen Südküste kamen Äpfel, Walnüsse und Sesam. Bauholz wurde ebenfalls über die Schwarzmeerhäfen nach Istanbul gebracht.
Am Rande des Basars befanden sich die großen Karawanserails und die
Bekar Odaları
, Unterkünfte für unverheiratete Jünglinge und Männer. Der heutige «Gedeckte Basar» (Kapalı Çarşı) mit seinen mindestens 3000 Läden, 61 Straßen und 18 Toren verdankt seinen Grundriss im Wesentlichen einer Neuplanung nach einem verheerenden Brand im Jahr 1701. Als sich die Staatsmänner mit den führenden Kaufleuten berieten, wurde beschlossen, die 300 m lange Basarstraße des Ali Pascha in Edirne (16. Jahrhundert) als Vorbild für einen bedeckten Markt zu wählen. Der Wiederaufbau muss dann zügig erfolgt sein, obwohl es zunächst Schwierigkeiten gab, die Ziegeleien in der Umgebung in Schwung zu bringen. Auch später wurde das Geschäftsviertel von Feuern und Erdbeben betroffen. Die breiteste Basarstraße, die sogenannte Kalpakçılar Caddesi (in der heute vor allem Goldschmuck verkauft wird), ist erst nach dem Erdbeben von 1894 in ihrer heutigen Form errichtet worden.
Das Zentrum des wirtschaftlichen Lebens einer osmanischen Stadt war schon vor der Einnahme Istanbuls eine
Bedesten
genannte «Tuchhalle». Die Bedestens sind hallen- oder straßenförmige, massive und abschließbare Basargebäude, die es in dieser Form und Funktion nur in der osmanischen Welt gibt. In Anatolien und Südosteuropa wurden an die hundert Städte mit Bedestens gezählt. Im Bedesten wurden nicht nur wertvolle Textilien gehandelt, sondern auch andere Luxusgüter wie Lederwarenund Waffen. Da die Bedestens durch eiserne Türen und Fensterläden und eingebaute Tresore feuersicher waren sowie Tag und Nacht bewacht wurden, vertrauten Kaufleute und Verwalter von Stiftungen den Kaufleuten Bargeld und Dokumente an. Die Kaufleute des Bedestens waren die Elite der Handeltreibenden.
Plan 7: Die beiden Bedestens im zentralen Basar
Der Alte Bedesten in Istanbul wurde zwischen 1455/56 und 1460/61 als Kern des zukünftigen Basarviertels errichtet und ist ein klassischer Vertreter der Gattung mit 3 × 5 großen Kuppeln und 64 Läden entlang der Außenwände. Im Inneren befanden sich 44 verschließbare Einheiten. Mit 3412 m 2 Fläche ist er der größte Bedesten aus osmanischer Zeit. Der danebenliegende, etwas kleinere und jüngere «Neue Bedesten» hat das Kuppelschema 4 × 5. Die Einkünfte beider Handelszentren flossen in die Stiftung der Aya Sofya.
Beide Bauwerke kann man von dem (nicht immer zugänglichen) Hof der Nuruosmaniye aus über die Straßen des Bedeckten Basars aufragen sehen. In der Vergangenheit konzentrierte sich der Handel mitkostbarem Geschmeide auf den Alten Bedesten, der noch heute Cevâhir Bedesteni genannt wird, der Neue Bedesten heißt Sandal Bedesteni nach einer bestimmten Sorte Satin
(sandal).
Schon Evliyâ betonte, dass im Neuen Bedesten Seide und kostbare Gewänder angeboten wurden. Zum Personal der Bedestens gehörten neben den vertrauenswürdigen Wächtern auch Lastträger, von denen Evliyâ schreibt, dass sie Waren anderer Kaufleute nachts in die äußeren Magazine des Alten Bedestens schafften, um sie vor einem immer möglichen
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