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Istanbul: Ein historischer Stadtführer

Istanbul: Ein historischer Stadtführer

Titel: Istanbul: Ein historischer Stadtführer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Kreiser
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den europäischen «Peintres du Bosphore» des 18. Jahrhunderts ganz zu schweigen) haben die Ufervillen am Goldenen Horn und Bosporus gerne bei der Schilderung von Festlichkeiten wiedergegeben. Die Bilder lassen meist nur ahnen, dass die Wasserfronten ausgedehnte Gärten mit weiteren Pavillons
(köşk)
, Zypressenalleen, Blumenparterres und Teichen verdecken. Heute sind sie fast ausnahmslos verschwunden, so dass in den folgenden Abschnitten auf Zusätze wie «ehemals» und «einst» verzichtet werden kann.
    Das Wohnen am Wasser hatte der osmanische Hof allerdings schon ein knappes Jahrhundert vor der Einnahme Istanbuls in der Drei-Flüsse-Stadt Edirne eingeübt. In dieser Nebenresidenz existierten noch bis zur russischen Besetzung im Jahr 1828 zahlreiche pittoreske Häuser vom Typus
Yalı
. Freilich konnte Edirne nur in einer Hinsicht mit der Bosporuslandschaft in den Wettbewerb treten. Die thrakische Stadt hatte ein riesiges, für großherrliche Jagden geeignetes Hinterland. Die Palais der osmanischen Herrscher am Bosporus und Goldenen Horn waren hingegen weder Nebenresidenzen noch Jagdschlösser. Bis zum Bau der großen Paläste von Çırağan, Dolmabahçe und Beylerbeyi wurden die kaiserlichen Uferschlösser mit zwei bemerkenswerten Ausnahmen nur wenige Tage oder Wochen im Jahr genutzt. Den Anfang der Uferbebauung machten die Pavillons am Rande des Topkapı Sarayı, von denen einer der bekanntesten den Namen Yalı Köşkü führte. Ein zweites
Köşk
, das unter diesem Namen bekannt war, befand sich etwa an der Stelle des Çırağan-Palastes.
    Das Kavaksarayı Süleymâns I. war in Bezug auf die Dimensionen und Raumorganisation eine Residenz «mit allem, was dazugehört». Sie wurde bis in die Epoche Ahmeds III. instand gehalten, wie ein Kostenvoranschlag aus dem Jahr 1704 beweist. In diesen Jahren waren bereits alle Hügel Istanbuls mit Moscheen geschmückt, ohne dass die Silhouette von hässlichen Zweckbauten beeinträchtigt war. Ein Spaziergang in Üsküdar zwischen dem Karakol von Şemsipaşa und dem großen Sebîl an der İskele vermittelt, vor allem an einem sonnigen Spätnachmittag, einen Begriff von der Aussicht,die sich von den Terrassen des Kavaksarayı bot. Mit dem Topkapı Sarayı als Gegenüber bildete das Serail eine den Bosporus einrahmende Baugruppe wie die Festungen von Rumeli und Anadolu Hisarı oder die beiden Kavaklar am Schwarzen Meer. Funktionell hatte es eine wichtige Gemeinsamkeit mit dem Schloss von Dâvûd Pascha im thrakischen Vorland der Stadt. Das Kavaksarayı war die erste Station des Heeres bei Feldzügen gegen Iran, Dâvûd Pascha der Ausgangspunkt für die Feldzüge nach Ungarn.
    Abb. 26: Divânhâne des Uferpalais des Amucazade Hüseyin Pascha (1699) nördlich von Anadolu Hisarı
    Die zweite wichtige Ausnahme war das Beşiktaş Sarayı, wenig nördlich von Dolmabahçe. Es war längere Zeit, spätestens vom Bau des Çinili Köşk im Jahr 1679 an (das nicht mit dem gleichnamigen Köşk Mehmed II. im Topkapı Sarayı zu verwechseln ist!) bis Mitte des 19. Jahrhunderts ein vom Hof regelmäßig genutzter Palast. Dafür spricht auch, dass der Sultan einige Sommer die wichtigsten «Reichsreliquien», nämlich die Heilige Standarte und den Prophetenmantel, nach Beşiktaş in feierlicher Schiffsprozession überführte und dort in einer eigenen Kammer aufbewahrte. Darüber hinaus standen den Herrschern und ihrer Familie schon um die Wende des 15. zum 16. Jahrhundert mehrere Sommerresidenzen am Goldenen Horn und Bosporus zur Verfügung. Zu den frühesten gehörte einkleines Schloss in Bebek und gegenüber auf der asiatischen Seite der Kule Bahçesi.
    Die anatolische Küste des Bosporus ist klimatisch durch die lang einstrahlende Nachmittagssonne begünstigt und reizt zur Anlage großer Gärten. Für den heutigen Besucher bildet der nach Fethi Ahmed Pascha, einem Staatsmann des 19. Jahrhunderts, genannte Park mit Gärten (Fethi Paşa Korusu) eine Möglichkeit, dem Häusermeer zu entfliehen. Das
Yalı
des Paschas ist ein von der Wasserseite durch seine rosafarbige Bemalung sehr auffälliger Bau. Er stammt aus dem frühen 19. Jahrhundert und verdankt seinen noblen Eigentümern das Fortbestehen.
    Um sich ein vollständiges Bild von der Bebauung des Bosporus und der anderen Küsten an der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert zu verschaffen, kann man auf die Register des Bostancıbaşı («Oberster der Gärtner») zurückgreifen. Der Bostancıbaşı war eine der wichtigsten Persönlichkeiten der

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