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Istanbul: Ein historischer Stadtführer

Istanbul: Ein historischer Stadtführer

Titel: Istanbul: Ein historischer Stadtführer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Kreiser
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Serailverwaltung. Sein Rang drückte sich durch einen Vollbart aus, der ihn von allen Hofchargen unterschied. Er kommandierte die «Gärtner», eine Palasttruppe, die wie die Janitscharen auf dem Weg der «Knabenlese» rekrutiert wurden. Ihre Aufgabe, die Bewahrung von Recht und Ordnung entlang der Küsten und auf den Inseln des Marmarameers, konnte nicht ohne eine Flotte von größeren und kleineren Ruderbooten erfüllt werden. Wenn der Padischah auf dem Bosporus unterwegs war, stand der Bostancıbaşı am Steuerruder seiner Staatsgaleere. Zum Marinemuseum (Denizcilik Müzesi) in Beşiktaş gehört übrigens eine äußerst sehenswerte Abteilung «Sultansgaleeren», von denen die prächtigste mit lebensgroßen Puppen von Bostancı-Ruderern mit ihren roten,
Barata
genannten Kopfbedeckungen bemannt ist. Weil die Bostancıs ihrem Herrn immer besonders ergeben waren, ersparte ihnen Selîm III. das Schicksal der Janitscharen und gliederte sie nach 1826 in die reguläre Armee ein.
    Seit Abdülhamîd I. (1774–1789) wurden vollständige Verzeichnisse der Baulichkeiten an den Ufern angelegt. Nur einer dieser Bände aus dem Jahr 1815 wurde bisher veröffentlicht und statistisch ausgewertet. Das Jahr 1815 gehörte zu den vergleichsweise friedlichen der osmanischen Geschichte. 1812 hatte man mit Russland in Bukarest Frieden geschlossen, der Wiener Kongress beschäftigte seit 1814 die «Mächte», die Türkei saß nicht einmal am Katzentisch. Im Zeitenschoße ruhten noch die nationalen Bewegungen auf dem Balkan. Dass sich 1814 in Odessa unter dem Namen «Gesellschaft der Freunde» eine revolutionäre Zelle gebildet hatte, war im muslimischen Istanbul kaum bekannt. Mahmûd II. hielt denaufständischen Pascha von Janina im Epiros noch einige Zeit für einen gefährlicheren Gegner als alle Griechen zusammen. Genauso wenig ernst nahm man die Aufrüstung, die ein anderer sehr selbstbewusster Gouverneur, Mehmed Ali, am Nil betrieb. Diese Vorbemerkungen stehen hier, um die Küstenlandschaft von Groß-Istanbul im milden Abendlicht der alten Zeit besser zu würdigen.
    Da sich die Angehörigen des Hauses Osman am Goldenen Horn, am Marmarameer und links und rechts vom Bosporus auf mehr oder weniger opulente Uferschlösser und Ufervillen verteilten, dehnte sich die Verantwortung des Bostancıbaşı und seiner Leute auf viele Meilen aus. Sie unterhielten in gleichmäßiger Verteilung 22
Ocak
genannte Stützpunkte. Im Jahr 1815 registrierte der damalige Bostancıbaşı Abdullah Ağa 623 «Häuser»
(hâne), 510 yalıs und 26
größere Palais
(sarây).
Es wurden 55 Moscheen, 103 Kaffeehäuser (auf etwa 10 Uferhäuser kam eines!), 135 Anleger
(iskele)
und 117 Bootshäuser gezählt. Da bei jedem Uferhaus die Besitzer registriert wurden, kann die Frage teilweise beantwortet werden, wie sich diese 1143 Immobilien auf die ethnischen und sozialen Schichten der Stadt verteilten. Die 510
Yalıs
gehörten mit acht Ausnahmen muslimischen Besitzern, während bei den
Hânes
Nichtmuslime die große Mehrheit darstellten (499: 121). Man hat vorgebracht, dass die Bezeichnung
Yalı
vom Bostancıbaşı Abdullah Ağa einfach für die Ufervillen der Muslime reserviert wurde und dass
Hânes
im Besitz von Christen oder Juden durchaus auch staatliche Baulichkeiten darstellen konnten, die Wörter
Yalı
und
Hâne
wären also nur zwei verschiedene Etiketten für denselben Bautypus. Dagegen spricht aber, wie noch Helmuth von Moltke 1835 in seinen türkischen Briefen betont, dass die «Rechtgläubigen» Häuser mit einer «breiten Front nach dem Bosporus» bauen und diese rot, blau oder gelb streichen, während «die Griechen und Armenier die schmale Seite ihrer Häuser nach dem Bosporus kehren und sie grau übertünchen». Wir haben es also mit einer Art diskriminierender «Kleiderordnung» für Häuser zu tun.
    Wie verteilten sich die Besitzer der 1143 Ufervillen im Einzelnen? Die osmanische «Elite», d.h. Angehörige des Hauses Osman, hohe zivile und militärische Chargen sowie Ulemâ, nannte 360
Yalıs
und
Sarâys
ihr Eigentum. Unter den Christen waren vor allem Geldwechsler bzw. Bankiers und Juweliere (49 bzw. 29
Hâne).
Mit einigem Abstand folgten Pelzhändler (23), Großkaufleute (20) und Ärzte (15). Bei den 85 jüdischen Hausbesitzern bildeten Bankiers und Kommissionäre die größte Gruppe (12). Charakteristisch für die besseren muslimischen Ufervillen waren diedurch Mauern mit großen Gitterfenstern vom Meer abgeschlossenen Gärten.
    Der folgende Auszug aus

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