Istanbul
heutigen Blauen Moschee bis zum Marmarameer erstreckte. Für Jahrhunderte sollte er der Sitz der Kaiser werden. Heute liegen seine Reste größtenteils Meter unter der Stadtbebauung der osmanischen Epoche.
Die schönste Stadt der Welt
Mit dem neuen geographischen Schwerpunkt veränderte sich auch das religiöse und damit gesellschaftliche Gesicht des Römischen Reiches. Schon Konstantin hatte das Christentum toleriert und sich selbst, wenn auch erst auf dem Totenbett, taufen lassen. UnterTheodosius I. wurde das Christentum 381 zur Staatsreligion. Mit seinem Tod und der Aufteilung des Römischen Reichs unter seinen Söhnen kam es 395 endgültig zur Spaltung in eine westliche, lateinische und eine östliche, griechischsprachige Hälfte. Letztere sollte als Byzantinisches Reich oder Oströmisches Reich in die Geschichte eingehen.
Während der weströmische Teil von Germanen und Hunnen überrannt wurde und der letzte weströmische Kaiser schließlich 476 abgesetzt wurde, boomte Konstantinopel. In der ersten Hälfte des 5. Jh. wurde es unterTheodosius II. notwendig, abermals eine neue Stadtmauer weiter westlich zu errichten; sie ist noch heute erhalten. Wie Rom erstreckte sich nun auch Konstantinopel auf sieben Hügel und war – ganz die legitime Nachfolgerin der einstigen Weltstadt – ebenfalls in 13 Stadtteile gegliedert.
Unter Kaiser Justinian I. (527–565) erreichte das Byzantinische Reich seine größte Ausdehnung. Es erstreckte sich von Süditalien über die Balkanhalbinsel und ganz Kleinasien bis zum Rand des iranischen Hochlands. Eine straffe zentrale Verwaltung sorgte zudem für innere Sicherheit. Und so waren die Voraussetzungen gegeben, dass sich Konstantinopel zur prächtigsten Metropole der damals bekannten Welt entwickeln konnte – mit einer eigenen neuen griechisch-christlichen Kultur. Kunst, Gelehrsamkeit und Jurisprudenz blühten hier, während das nördliche Europa größtenteils in Unwissenheit und Analphabetismus lebte.
Man schätzt, dass am Ende der Regierungszeit Kaiser Justinians zwischen 600.000 und einer Million Menschen in Konstantinopel lebten. Die Stadt, durch Justinian mit der gewaltigen Hagia Sophia in ihrer Mitte gekrönt, war mittlerweile von einer Seemauer umgeben. Die Häuser im Zentrum hatten fünf bis sechs Stockwerke.
Die folgenden Kaiser taten sich schwer, das Erbe Justinians zu bewahren, zumal Reich und Stadt von außen immer wieder bedroht wurden. In Konstantinopel lag daher der Schwerpunkt jeglicher Bautätigkeit in der Verstärkung der Verteidigungsanlagen. Um auch die Einfahrt feindlicher Schiffe ins Goldene Horn zu verhindern, ließ man eine schwere Kette schmieden, die im Notfall über den Meeresarm gespannt werden konnte.
Immer wieder standen in den folgenden Jahrhunderten feindliche Armeen vor den Toren der Stadt. Doch all den Angriffen geboten die sog. Theodosianischen Landmauern Einhalt. 716 tauchten die Araber gar mit 800 Schiffen auf. Nur ganze fünf kehrten zurück, der Rest verschwand auf dem Grund des Bosporus. Aber nicht nur Kriege hielten die Stadt in Atem, auch Erdbeben, Brände und Epidemien.
Im Zuge des sog. Ikonoklasmus („Bilderstreit“) wurde unterLeo III. (717–741) die bildliche Darstellung von Christus, den Aposteln und Heiligen als Sünde angesehen. Alle Ikonen wurden aus den Kirchen entfernt, unzählige Kunstwerke zerstört. Über 100 Jahre währte der Bilderstreit , der auch zu einer Schwächung des Reiches durch innere Aufstände führte. Erst Mitte des 9. Jh. fand die kulturelle Stagnation ihr Ende, und die Kirchen wurden neu geschmückt. Jedoch verschärfte sich fortan das Verhältnis zum restlichen christlichen Abendland. Die religiös-kulturelle Entfremdung gipfelte 1054 in der Trennung von der römisch-katholischen Kirche.
Von der Königin zur Bettlerin
Eine der letzten großen, erfolgreichen Schlachten des Byzantinischen Reiches führte Basil II. (976–1025) im Jahr 1014 gegen die Bulgaren. Fast alle seiner 15.000 Gefangenen ließ er blenden, nur jedem Hundertsten ließ er das Augenlicht – um die geschlagene Armee zurück ins Zarenreich führen zu können. Nach der Schlacht von Manzikert (1071, heute Malazgirt in Ostanatolien), die mit der katastrophalen Niederlage gegen dieSeldschuken und dem Verlust Kleinasiens endete, verlor das Byzantinische Reich jedoch peu à peu an Boden.
Konstantinopel aber blühte noch immer, wurde gar zur reichsten Stadt der Welt, denn die Kaiser der sog. Komnenendynastie (1081–1204) liebten den
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