Istanbul
Luxus, ließen Paläste und Klöster bauen und förderten eine liberale Wirtschaftspolitik. Zu den Handelspartnern zählte die Creme der damaligen Seerepubliken – Venedig, Amalfi, Pisa, Genua – sowie Russland. Nördlich des Goldenen Horns bildeten die Händler eigene kleine Kolonien. Bereits Mitte des 12. Jh. sollen dort rund 60.000 Menschen gelebt haben.
Intrigen lösten Ende des 12. Jh. eine Thronfolgekrise aus. 1195 entmachteteAlexios III. seinen BruderIsaak II. und ließ ihn inhaftieren. Isaaks Sohn heuerte daraufhin das 4. Kreuzfahrerheer an und versprach diesem im Falle der Einnahme Konstantinopels und der Wiedereinsetzung seines Vaters die Rückkehr zur Katholischen Kirche und, was noch wichtiger war, viel, viel Geld. Die Kreuzfahrer gingen auf das Geschäft ein, eroberten Konstantinopel, doch Alexios hatte sich mit den Reichsjuwelen aus dem Staub gemacht, und die Rechnung konnte nicht beglichen werden. Die Folge waren mehrtägige Plünderungen. Was nicht niet- und nagelfest war, wurde mitgenommen, darunter Kunstschätze von unermesslichem Wert. Danach lag die Stadt in Trümmern. Das Gros der Einwohner flüchtete.
Die Sieger etablierten das sog. Lateinische Kaiserreich (1204–1261). Patriarchen aus Venedig bezogen die Residenzen ihrer griechischen Vorgänger und ließen die Stadt vollends ausbluten. Alles, was aus Edelmetall bestand, wurde eingeschmolzen. Konstantinopel verkam zu einer Ansammlung verstreuter Siedlungen mit ca. 50.000 Einwohnern, unfähig, sich zu behaupten.
Die geflohenen byzantinischen Familien sammelten Geld und gewannen schließlich Genua – damals größter Rivale Venedigs im Mittelmeerhandel – und ein bunt gemischtes Söldnerheer zur Rückeroberung Konstantinopels. 1261 konnte dieser Plan verwirklicht werden. UnterMichael VIII. Paläologos wurde das Byzantinische Reich wiederhergestellt, allerdings in vergleichsweise bescheidenen Ausmaßen; es umfasste nur mehr Teile Thrakiens, Makedonien und den Peloponnes. Und der Aderlass dauerte an: Zu Beginn des 15. Jh. bestand das einst so stolze Byzantinische Reich gerade noch aus der Stadt Konstantinopel und ein paar Dörfern drum herum.
Die Osmanen kommen
Orts- und Zeitwechsel: ein Schritt gen Südosten und ein Schritt zurück. 1326 eroberteOsman , Heerführer und Emir eines kleinen türkischen Stammes aus Zentralasien, die westanatolische Stadt Bursa, die daher gerne als die Wiege desOsmanischen Reiches bezeichnet wird. Da der Osten von mongolischen Reiterheeren beherrscht wurde, orientierten sich Osmans Nachfolger nach Norden und Westen. Bereits sein SohnOrhan versuchte 1337 einen vergeblichen Angriff auf Konstantinopel. UnterBeyazıt I. (1389–1402), der die Bulgaren und die Ungarn unterwarf und ein Kreuzritterheer bis in die Steiermark verfolgte, war das Osmanische Reich schon so weit expandiert, dass es Byzanz umschloss. Am Bosporus wurden Festungen errichtet, um Konstantinopel vom Schwarzen Meer und damit von möglichen Hilfstruppen abzuschneiden.
Goldmosaiken, Relikte des alten Byzanz
Im April 1453 begann unterMehmet II. die mehrwöchige Belagerung Konstantinopels. Die Stärke seiner Truppen wird auf 80.000–250.000 Mann geschätzt – die Zahlen in der Literatur schwanken erheblich. Um die Stadt von allen Seiten in die Zange zu nehmen, ließ Mehmet 70 Kriegsschiffe auf eingeseiften Brettern vom Bosporus über Land an Galata vorbei zum Goldenen Horn schleppen. So umging er die Sperrkette im Meeresarm. Gerade 5000–9000 wehrhafte Männer hatte Konstantinopel zur Verteidigung. Am 29. Mai 1453 (heute ein Feiertag) gab Mehmet II. den Befehl zur Erstürmung der Stadt. Der letzte byzantinische HerrscherKonstantin XI. starb heroisch im Kampf. Blut soll die Straßen hinabgelaufen sein wie Fluten nach einem Sturmregen. Die Zahl der Toten wird mit rund 50.000 angegeben.
Der Fall Konstantinopels wurde in der Literatur vielfach verewigt, u. a. inStefan Zweigs historischen Miniaturen Sternstunden der Menschheit. Die überlebenden Einwohner wurden mit Ausnahme der Juden und Genuesen deportiert. Letztere konnten dank ihrer umsichtigen Haltung während der Belagerung Besitz und Privilegien retten. Viele Intellektuelle – meist Geistliche – flüchteten nach Italien, nach Frankreich und nach Deutschland. Im Gepäck hatten sie die überlieferte antike Literatur. Sie prägten dadurch maßgeblich den europäischen Humanismus und die Renaissance.
Der Aufstieg des Osmanischen Reiches
Konstantinopel hieß von nun an Kostantiniya, und
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