Istanbul
Entsetzen des Verkehrsministeriums wurde plötzlich aus dem größten Bahnhofsprojekt der Türkei eine der größten Ausgrabungsstätten des Landes – niemand hatte ahnen können, dass der neue Bahnhof an der Stelle eines alten Hafenbeckens errichtet werden würde. Noch im 4. Jh. stand das Areal, das heute rund einen Meter über dem Meeresspiegel und ca. 300 m von der Küstenlinie entfernt liegt, z. T. unter Wasser. Unter Theodosius I. wurde hier der Stadthafen angelegt. Und so gruben die Archäologen in rund 9 m Tiefe bislang 33 Schiffe aus, darunter die älteste Galeere, die je im Mittelmeerraum gehoben wurde. Des Weiteren stieß man auf byzantinische Dromonen, Ruderschiffe zur Kriegsführung, und auf mit Amphoren bestückte Handelssegler. Die Schiffe sind z. T. in einem sensationell guten Zustand, da sich der Hafenschlick sofort über die gesunkenen Boote legte und so die Zersetzung verzögerte. Auch stieß man auf Geschirr, Werkzeuge, Öllampen, auf Gold und Silber aus Russland und auf Elfenbein aus dem Iran. Manches davon sank mit den Schiffen zu Grunde, anderes war vermutlich beim Löschen der Fracht über Bord gegangen. Wann der Hafen wegen Versandung aufgegeben wurde, weiß man noch nicht genau. Es gibt die Vermutung, dass er durch einen Tsunami zerstört wurde.
2010 verzögerte nur noch die Bergung zweier Schiffe die Bahnhofsbauarbeiten. Das Archäologische Museum will eine Sonderausstellung zu den Funden aus dem Theodosiushafen einrichten. Zudem soll mit dem neuen Bahnhof einStadtmuseum mit Grabungsfunden entstehen.
340 v. Chr. erschienPhilipp II. von Makedonien vor den Toren der Stadt. Ein ganzes Jahr lang verweilte er dort − vergebens. Angeblich wurden während der langen Belagerung in den Stadtmauern Weinschenken eingerichtet, um die byzantinischen Soldaten bei der Stange zu halten.
Wohin dem Vater der Einlass verwehrt blieb, durfte der Sohn ohne Widerstand schreiten. Dem ruhmvollen HeerAlexanders des Großen, Sohn Philipps II., öffneten die Byzantiner vorauseilend die Tore. Mit dem Tod Alexanders, dem Zerfall seines Weltreichs und dem Erstarken der neuen Supermacht Rom geriet Byzantion jedoch erneut in den Strudel kriegerischer Auseinandersetzungen. Diese hielten bis in die Mitte des 2. Jh. v. Chr. an, bis Byzanz zur civitas foederata, zum Verbündeten Roms wurde. Es folgte eine fast drei Jahrhunderte andauernde Friedensepoche, in welcher die Stadt schließlich in die römische Provinz Bithynien eingegliedert wurde und in der sie sich erfolgreich der Mehrung ihres Reichtums widmen konnte.
Das neue Rom
196 n. Chr. fand das süße Leben infolge römischer Thronstreitigkeiten ein jähes Ende. Byzanz hatte sich bei den Kämpfen um die Kaisermacht auf die falsche, die Verliererseite gestellt. Der Sieger Septimius Severus belagerte die Stadt, ließ ihre Befestigungen schleifen und massakrierte die Soldaten und Beamten. Kurz darauf aber erinnerte sich derselbe Septimius Severus an die einzigartige taktische Bedeutung der Stadt und ließ sie samt neuen Mauern wieder aufbauen, größer und prächtiger als zuvor.
Die reiche Geschichte des Orients spiegelt sich im Archäologischen Museum wider
In der ersten Hälfte des 4. Jh. geriet Byzanz erneut in erbitterte Kämpfe um die Vorherrschaft im Römischen Reich. Einer der Kandidaten war Konstantin, der 306 vom Militär im Westen zum Augustus ausgerufen worden war. In der entscheidenden Schlacht bei Chrysopolis (dem heutigen Stadtteil Üsküdar auf der asiatischen Seite) ging er 324 gegen Licinus, den Kaiser des Ostens, als Sieger und Alleinherrscher hervor. Einen Tag später, am 18. September 324, zog Konstantin I. alias Konstantin der Große in Byzanz ein, dessen Pracht und Schönheit der einstigen Weltstadt Rom schon längst den Rang abgelaufen hatten.
Konstantin I. traf in den folgenden Jahren aus außenpolitischen und strategischen Gründen, aber auch aus persönlichen Imagegründen weitreichende Entscheidungen, die darin gipfelten, dass 330 das ehemalige Byzantion unter dem Namen Nea Roma (Neues Rom) als neue Hauptstadt des Römischen Reiches eingeweiht wurde. Der Kaiser hatte durch ambitionierte Bauvorhaben der neuen Kapitale seinen Stempel aufgedrückt und allein das Stadtgebiet um das Fünffache vergrößern lassen. Kein Wunder also, dass sich schon bald Constantinopolis (also Konstantinopel) als neuer Name durchsetzte. Um die kaiserlichen Anlagen auf dem Paladin in Rom zu übertrumpfen, wurde der sog. „Große Palast“ gebaut, der sich von der
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