Italien zum Verlieben (German Edition)
sich
inzwischen alle eingefunden und Anna bestrich sich gerade ein Stück
Brot mit Butter und selbst gemachter Brombeermarmelade als sie ihn um
die Ecke der Winzerwohnung kommen sah. Als Marco bemerkte, dass Anna
mit am Tisch saß, schien er kurz zu zögern, ging dann aber
festen Schrittes weiter.
War es ihm etwa unangenehm, auf sie zu treffen, nach dem
Mist, den er angerichtet hatte? Anna fühlte sich innerlich
befriedigt. Sollte er nur merken, dass sie über diesen Dingen
stand und sich wegen ihm nicht ihren Urlaub verderben ließ. Sie
hatte schließlich auch ihren Stolz.
Er setzte sich ihr gegenüber und für einen
Moment lang trafen sich ihre Blicke. Seiner war fest und klar und
Anna wusste diesen Ausdruck nicht so recht einzuordnen. Während
des Frühstücks redete er offen und ernsthaft mit den
Männern über die Arbeit im Weinberg und machte Violetta
Komplimente wegen des guten Brotes und den Marmeladen. Dazwischen
suchte er immer wieder Annas Blick und es lag etwas völlig
Überzeugtes in seinen Augen.
Anna übte sich darin, keine Miene zu verziehen und
ihn seinen Fehler spüren zu lassen. Scheinbar machte es ihm
überhaupt nichts aus, sie so beleidigt zu haben und seine Blicke
schienen das nur zu bestätigen. Wut stieg in ihr auf.
Als sie fertig gegessen hatte, stand sie auf, erzählte
den anderen, sie würde etwas spazieren gehen und verschwand um
die Hausecke. Sie wollte ein wenig durch den Olivenhain laufen, sie
liebte den ehrfurchtsvollen Anblick der knorrigen, alten Bäume.
Doch sie war noch nicht ganz hinter dem Haus angekommen, da hörte
sie, dass Marco ihr gefolgt war.
"Anna, kann ich mit dir reden?"
Anna versuchte, ihre Fassung zu behalten, blieb stehen
und drehte sich zu ihm um. "Ich wüsste nicht, worüber",
gab sie knapp zurück.
"Bitte, Anna, ich war ein Idiot! Es tut mir leid.
Ich dachte wirklich, du wärst nur so ein kleiner Schmarotzer,
der nichts als sein Erbe im Blick hat."
"Ach ja, und was, bitteschön, hat dich zu so
einer bescheuerten Annahme gebracht?" Anna spürte erneut
die Wut in sich aufsteigen. Auch Marcos Stimme wurde etwas lauter.
"Na du hast eben all die Jahre keinen einzigen Laut
von dir gegeben und tauchst gerade in dem Moment auf, als Tonio
beginnt, über seinen Ruhestand nachzudenken. Das kam mir einfach
spanisch vor."
"Und woher, meinst du, hätte ich das wissen
sollen? Hellseherische Fähigkeiten habe ich leider keine!"
funkelte sie bissig zurück.
"Na was hat dich denn also dann dazu gebracht, dich
plötzlich nach so langer Zeit wieder hier sehen zu lassen?"
Anna war nun innerlich völlig aufgebracht und der
Schmerz über den Tod ihres Vaters wallte von neuem in ihr auf,
der Grund dafür, warum sie hergekommen war. Marco würde
wahrscheinlich nicht verstehen können, dass das für eine
erwachsene Frau so schlimm sein konnte, doch nun sollte er es eben
erfahren. Sie blickte zu Boden und begann mit bemüht ruhiger
Stimme. "Meine Mutter ist an Krebs gestorben, als ich fünfzehn
war. Die Beerdigung war das letzte Mal, als ich Onkel Toni gesehen
habe. Weißt du, mein Vater und ich hatten danach eine sehr
schwierige Zeit. Doch wir zwei haben uns geschworen, zusammen zu
halten und darüber hinweg zu kommen. Mein Vater hat ihren Tod
aber nie überwunden. Vor knapp zwei Wochen ist er gestorben und
mein Onkel ist nun alles, was von meiner Familie noch übrig
ist." Annas Stimme begann zu beben und Anna fühlte die
Tränen in sich aufsteigen. Sie wollte nicht zu Marco aufsehen,
sie hatte Angst, er könnte sie vielleicht belächeln und so
brachte sie ihre Erklärung schnell zum Ende. "Und ich
brauchte jetzt einfach eine Auszeit und hier auf dem Hof waren meine
Eltern und ich einfach immer glücklich, verstehst du?"
Anna hielt es nicht mehr aus. Sie drehte sich um um lief
hinters Haus. Sie spürte, wie sich ihre Augen mit Tränen
füllten und sie fühlte sich entblößt vor einem
Mann, der sie zu verachten schien. Doch noch ehe sie sich fangen
konnte, spürte sie, wie Marco sie fest am Oberarm packte und zu
sich herumriss. Er zog sie eng an sich und küsste sie. Anna war
so überrascht und innerlich so aufgewühlt, dass sie nicht
im Stande war, zu reagieren oder auch nur einen klaren Gedanken zu
fassen. Sie spürte seine starken Hände auf ihrem Rücken,
die sie fest an ihn drückten und sein heftiger,
leidenschaftlicher Kuss raubte ihr alle Sinne. Sie hatte so etwas
noch nie erlebt. Sie fühlte sich hilflos und zugleich wollte sie
in diesem Moment nirgendwo anders sein
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