Italien zum Verlieben (German Edition)
das sein Verhalten längst nicht rechtfertigte,
musste sie Marco wirklich wie ein Eindringling vorgekommen sein und
vielleicht auch allen anderen. Ihr Magen verkrampfte sich. 'Ich muss
unbedingt nachher gleich mit Onkel Toni sprechen!' nahm sie sich fest
vor.
Plötzlich hörte sie das Geräusch von
Schritten, die lauter wurden. Sie schienen aus dem Weinberg zu
kommen. Wenig später trat etwa dreißig Meter von ihr
entfernt Paolo aus dem Nebel. Der kleine Mischling Diego sprang wie
immer übermütig um seine Beine herum. Als der Winzer sie
sah, lachte er und hob seine Hand. Irgendwie freute sich Anna, ihn
jetzt zu sehen.
"Anna, ma Bellissima!" Er war herangekommen
und mit den Worten "hast du dir schöne Platz ausgesucht"
setzte er sich einfach neben sie, ohne zu fragen, ob ihr das recht
wäre. Doch Anna fand es angenehm, jemand 'neutralen' bei sich zu
haben, mit dem sie etwas reden konnte.
"Iste wunderschön, nicht war?" Er machte
mit beiden Armen eine großzügige Bewegung in Richtung der
Weinberge. "Gehe ich oft mit kleine Diego hier, wenn früh
am Morgen."
"Zum Trüffel suchen?" Anna deutete auf
das kleine Schäufelchen, dass er neben sich an die Bank gelehnt
hatte und den Beutel, der daneben stand.
"Si, weißt du, nachts ist gut zu Trüffel
suchen, weil sich die Geruch durch die feuchte Luft gut kann
entwickeln."
"Und dafür stehst du dann mitten in der Nacht
auf?"
"Si, si! Gehört dazu. Weißt du, ist eine
Kunst, das Trüffelsuchen. Brauchst du viel Erfahrung, viel
Aufmerksamkeit und musst du dich gut erinnern können. Musst du
kennen jeden Zentimeter der Erde und brauchst du ganz bestimmte
Tricks, verstehst du?" Er lächelte ihr verschmitzt zu und
Anna fand ihn noch sympathischer als bisher.
"Bestimmte Tricks? Das klingt ja aufregend.
Verrätst du mir einen?"
"Oh, Anna tut mir leid!" er hob ablehnend die
Hand. "Darf man nie verraten, ist große Geheimnis! Als
Trüffelsucher musst du große Zurückhaltung haben und
darf immer nur die Hund mitgehen auf Suche." Paolo streichelte
dem Mischling, der sich zu seinen Füßen gesetzt hatte,
über den Kopf. "Wird man eins mit Hund in diesen Stunden,
weißt du?"
In Paolos Gesicht sah Anna die Ernsthaftigkeit dieser
Worte und sie spürte Ehrfurcht vor der Leidenschaft, mit der
dieser Mann lebte. Er blickte sie kurz an und sagte dann mit einem
Grinsen: "Anna, ma Bella! Für dich ich mache vielleicht mal
eine Ausnahme und du kannst komme mit."
Anna lachte. "Ich fühle mich sehr geehrt,
danke! Na wenn ich es einmal schaffe, so früh aufzustehen, komme
ich auf dieses großzügige Angebot natürlich gerne
zurück!" Beide lachten und es entstand eine kleine Pause
bei der beide die aufsteigenden Nebelschwaden beobachteten. Nach
einer Weile fing Paolo ein ganz anderes Thema an.
"Weißt du, mein Marco ist eine ganz nette
Bursche, iste nur sehr stur, genau wie sein Mutter."
"Wie kommst du denn jetzt darauf?"
"Habe gesehen, wie er dich am ersten Tag behandelt,
iste nicht seine Art normal. Iste schwer sagen was passieren in seine
Kopf", dabei tippte er sich zweimal mit dem Finger an die Stirn.
"Na er wird wohl seine Gründe gehabt haben."
Anna dachte an ihren Streit am See und war sich immer noch nicht
sicher, wie sie darüber denken sollte.
Paolo musterte sie eine Weile. "Iste auch schwer zu
sagen, was passieren in deine Kopf, Anna." Er machte eine kleine
Pause. "Doch ich kenne meine Sohn. Und so wie war er gestern
Abend, als du nicht da, eins für mich ist sonnenklar: Er mag
dich sehr."
"Ach, und da bist du dir sicher ja?" Das war
nun wirklich das letzte, was sie von Marco dachte.
"Hundert Prozent! Ich weiß ja nicht was
gestern passiert ist, aber vielleicht du gibst ihm noch eine Chance,
was meinst du, hm?" Paolo lächelte überzeugend.
Anna beugte sich etwas zu ihm hinüber. "Das
was du da von ihm sagst, muss er mir erst einmal beweisen."
"Weißt du, war nicht leicht für Marco,
als sein Mutter so früh uns verlassen. Er war erst Zehn und sie
eine sehr stolze deutsche Frau. Hätte ich nicht gedacht, dass
sie so weit gehen würde."
Anna konnte sich vorstellen, wie schlimm es war, wenn
man einem Elternteil plötzlich einfach egal zu sein schien. "Ja,
das war sicher nicht leicht für euch."
"Und jetzt er braucht einfach etwas Zeit zu fasse
Vertrauen in andere Menschen, besonders in schöne Frauen",
er zwinkerte ihr zu. "Und zu Thema schöne Frauen: Ich muss
jetzt bringen meine kleine Schatz hier in die Küche", er
hob den kleinen Beutel hoch, "werde ich
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