Italien zum Verlieben (German Edition)
eigentlich nicht, weißt du, die
Redaktion ist größtenteils unabhängig vom Verlag,
immerhin müssen wir Journalisten ja objektiv bleiben."
"Aber ein großer Fang ist das ja schon, oder?
Er wird doch sicher einmal den Laden übernehmen?"
Anna erkannte den schnippischen Tonfall in Marcos Stimme
und ihr wurde das Gespräch unangenehm. "Ja, das wird er,
was allerdings nichts damit zu tun hat, dass ich ihn mir 'geangelt'
habe, wie du vielleicht denkst."
"Nein, es ist natürlich nicht so wie Sie
denken!" Marco musste grinsen, was Anna für einen Moment
aus der Fassung brachte. Wieso versuchte er mit Gewalt, sie auf die
Palme zu bringen? Aber nein, sie würde jetzt keinen Aufstand
machen, nur weil dieser unmögliche Italiener versuchte, sie
aufzuziehen, da brauchte es schon mehr, um sie aus dem Konzept zu
bringen.
"Na ja, weißt du, wenn ich es mir recht
überlege, gefallen mir einfach reiche junge Männer, die es
verstehen, höflich mit Frauen umzugehen besser als
rücksichtslose, hinterwäldlerische Bauern." Anna
erschrak selbst über die ungewollte Härte dieser Aussage
und wünschte sich die Worte zurück in ihren Mund, doch
Marco schien die Sache gelassen aufzunehmen und lächelte
plötzlich.
"Touché!"
Nun musste auch Anna lachen. Marco war wohl doch
kultivierter als sie dachte, immerhin hatte er gleich eingesehen,
dass seine Aussage unhöflich gewesen war.
Die Zeit im Kino verging schnell und der Film war
wirklich sehr gut. Anna merkte, dass sie beide über die gleichen
Szenen lachen mussten. Marco machte auch keinerlei
Annäherungsversuche, wie sie befürchtet hatte und so waren
beide gut gelaunt, als sie gegen zehn Uhr aus dem Gebäude in die
frische Nachtluft traten.
Es war überraschend warm, die Mauern der Stadt
waren noch von der Sonne aufgeheizt und hielten die Wärme in den
Gassen fest. Anna kam es vor, als wären sie plötzlich in
einer anderen Stadt, die Touristen waren alle verschwunden, der Platz
und die Straße waren ins sanfte Licht der Laternen getaucht,
die an den Häuserwänden hingen und deren Licht von den
weißen und rötlichen Natursteinen der Gebäude in
einem warmen orange-gelben Ton zurückgeworfen wurden. Die Cafés
waren immernoch mit Menschen gefüllt, doch waren es keine
Touristen mehr, sondern die Italiener hatten sich ihre Stadt zurück
erobert. Hier und da war Musik zu hören, alle schienen völlig
entspannt zu sein und dieses zauberhafte Nachtleben zu genießen.
"Wow, was für eine schöne Atmosphäre!"
entfuhr es Anna, als sie über den Platz gingen.
"Ja, nicht wahr? Jetzt ist es hier erst richtig
schön! Hast du nun Lust auf eine kleine Stadtführung?"
Marco sah zu Anna herab und sein Blick war voller Wärme so wie
das Licht, die Luft und die Stimmung der Menschen, die sie umgaben.
Anna beschlich umgehend ein starkes Gefühl von Heimat und sie
erwiderte seinen Blick.
"Sogar sehr gern!"
"Rein freundschaftlich?" fragte Marco und
hielt ihr seinen Arm hin. Anna hakte sich ohne zu zögern bei ihm
unter. Sie gingen die Straße entlang und Marco erklärte
Anna die interessantesten Sehenswürdigkeiten und kommentierte
die Lebensart der Umbrier.
"Bei einem guten Glas Wein unterhält man sich
zu dieser Zeit über alle wichtigen und unwichtigen Dinge. Bei
Fußballspielen oder ähnlichen Ereignissen werden überall
die Fernseher 'rausgestellt. Wenn einmal nichts los ist, gibt es zum
Beispiel Karaokeabende, die natürlich je später der Abend
desto lustiger werden."
"Du sprichst aus Erfahrung, nehme ich an?"
Marco grinste. "Natürlich! Mein Bariton ist
legendär!" Anna stellte sich Marco angetrunken in einer Bar
vor, wie er angestrengt versuchte, gerade Töne in ein Mikrofon
zu grölen und musste lachen. Marco erzählte weiter. "So
wie hier ist es abends in jeder Stadt in der Gegend. Sie sind ja alle
auf Hügeln gelegen und es gibt eigentlich überall an der
höchsten Stelle eine kleine Piazza mit einem Café, auf
der erst nach Sonnenuntergang, wenn es nicht mehr so heiß ist,
das Leben beginnt. Sogar in Vaiano ist das so, doch dort gehe ich nur
hin, wenn ich Gesellschaft haben möchte, denn es gibt nur ein
einziges Café und dort kennt eben jeder jeden."
Anna war fasziniert von der Wandlungsfähigkeit
dieser alten Städte. "Das ist, wie wenn man einem Land
hinter die Kulissen sieht. Das ist hier ja im Vergleich zu tagsüber
wie eine andere Welt! In Deutschland sind um diese Zeit bereits alle
Bürgersteige hochgeklappt." Anna war völlig begeistert
und fühlte sich so wohl wie
Weitere Kostenlose Bücher