Italien zum Verlieben (German Edition)
Fenstern und majestätischen
Dachzinnen. Daneben verschwand eine lange gerade Straße hinter
den Menschenmengen in der Altstadt in Richtung Süden. Überall
standen Grüppchen von Schildmützen-tragenden Touristen mit
Kamera oder Fotoapparat, die sich staunend die alten Mauern
betrachteten. Einige hatten sich erschöpft auf den Stufen vor
dem Palazzo oder rings um den Brunnen niedergelassen.
"Wow", entfuhr es Anna, "das ist ja
eindrucksvoll!"
"Signorina," Marco nahm gespielt Haltung an
und deutete fachmännisch auf die große Piazza, "sie
befinden sich hier auf dem berühmten Domplatz des vierten
November mit den wichtigsten Sehenswürdigkeiten Perugias: Dem
besagten Dom, der nie ganz fertig gestellt wurde, dem Brunnen, der
'Fontana Maggiore' mit dem dahinter liegenden Palazzo dei Priori, der
früher quasi das Rathaus war."
"Vielen Dank Herr Reiseleiter!" Anna musste
lachen.
Marco wandte sich nach rechts und fuhr fort. "Dort
drüben sehen sie das berühmte Cinema Theatro Surreno und
ich schlage vor, wir holen uns gleich die Karten und gehen dann noch
etwas essen, ok?"
"Keine Einwände!"
Das Kino bestand aus einem kleinen Vorraum und zwei
Kinosälen. Marco hatte sich für einen lustigen Actionfilm
entschieden, in dem die zwei Hauptdarsteller den ganzen Film über
witzige Sprüche klopften, während sie ihren brisanten Fall
aufdeckten. Anna mochte solche Filme und war froh, dass Marco sich
weder machomäßig etwas mit spritzendem Blut und fliegenden
Körperteilen ausgesucht hatte, noch sie frauenversteherisch in
eine langweilige Liebesschnulze schleppen wollte. Als Anna ihren
Geldbeutel aus ihrer hinteren Jeanstasche zog, winkte Marco sofort
ab. "Ich mach' das schon."
"Das brauchst du nicht, immerhin sind wir doch nur
rein freundschaftlich hier und du musst wegen mir echt nicht den
Gentleman spielen."
"Hey!" Marco hob die Augenbrauen, "erstens
liegt es mir nicht, mich zu verstellen, das müsstest du doch
inzwischen am Besten wissen, und zweitens habe ich dich doch heute
Abend eingeladen und das kann man doch wohl auch rein
freundschaftlich tun, oder?" Er grinste sie an.
"Also gut, wenn du darauf bestehst." Anna
steckte ihre Geldbörse wieder ein und war ein wenig beeindruckt
von Marcos guten Manieren.
Sie hatten bis zum Filmbeginn noch etwa eine Stunde Zeit
und Marco ging mit ihr in eine kleine Pizzeria direkt an der großen
Piazza und sie bestellten sich etwas zu essen. Von hier aus konnte
man das bunte Treiben sehr gut beobachten.
"Diese Straße hier", Marco deutete auf
die langgezogene Altstadtstraße, die mit Straßencafés
und kleinen mit Markisen überdachten Souveniergeschäften
gespickt war, "nennt sich Corso Vannucci und ist hier oben in
der Altstadt die Hauptstraße. Ganz am Ende liegt noch ein
großer Platz mit einem Palazzo, hinter dem man eine
wunderschöne Aussicht über die ganze Stadt hat. An dem
Platz halten auch die vielen Touristenbusse und spucken den ganzen
Tag über diese Leute aus." Marco nickte mit dem Kopf in
Richtung einer der Grüppchen, die ganz in ihrer Nähe
standen.
"Du kennst dich ja gut aus."
"Ich bin hier zu Schule gegangen. Außerdem
habe ich mich schon immer für Geschichte interessiert und in
diesen Städten liegt die ja sozusagen auf der Straße. Und
ich mag diese Atmosphäre hier sehr, es ist einfach noch
gemütlich und nicht so kahl und modern, verstehst du?" Anna
musterte Marco. Seine Gesichtszüge waren völlig entspannt
und drückten eine gewisse Zufriedenheit aus, er hatte wieder
dieses Funkeln in den Augen, das Anna bereits bemerkt hatte, als er
über seine Arbeit im Weinberg sprach. Anna fiel auf, wie wohl
sie sich in seiner Gegenwart fühlte.
"Ich verstehe sogar sehr gut, was du meinst. Ich
fühle mich zwischen grauen Betonbauten auch nicht gerade wohl,
weißt du. Meinen Freund zieht es immer in die Städte, und
die sind ja nun einmal in Deutschland nicht unbedingt so romantisch
wie hier, aber ich fühle mich auf dem Land einfach wohler."
Anna fuhr kurz innerlich zusammen. Eigentlich wollte sie Marco nichts
weiter von Sebastian erzählen, doch nun war ihr dieser Nebensatz
einfach so herausgerutscht. Marco schien jedoch interessiert zu sein.
"Ach, ist das so? Was macht dein Freund denn?"
Obwohl Anna es unpassend fand, Marco davon zu erzählen,
antwortete sie zögerlich: "Er ist Verlagskaufmann, in dem
Verlag meiner Zeitung, der Sohn vom Chef."
"Ah, dein Chef also?" Marcos Gesicht verriet
nicht, ob er sich lustig machte oder es ernst meinte.
"Nein,
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