Italien zum Verlieben (German Edition)
Boden war mit Reisig bedeckt, der das Geräusch
ihrer Schritte schluckte.
Da war sie nun, wieder zu Hause, der Urlaub vorbei, der
Traum ausgeträumt. Es war nun doch wieder alles beim Alten,
obwohl Anna sicher war, dass sie das eigentlich nicht gewollt hatte.
Sie würde nun Sebastian heiraten, würde wahrscheinlich viel
mit ihm in der Welt herumreisen, ein großes Haus besitzen,
vielleicht noch etwas Karriere machen, zumindest bis sie gemeinsam
Kinder hatten, dann wollte Anna zu Hause bleiben. Sebastians
Einkommen würde das ja auch leicht ermöglichen. Sie konnte
sich über diese Aussichten jedoch nicht wirklich freuen. Zuviel
war in den vergangenen Tagen geschehen, was sie immernoch verwirrte
und wovon sie enttäuscht war.
Sie hatte gerade gedacht, sie liebte Marco und könnte
mit ihm glücklich werden und schon hatte er selbst ihre Träume
wieder zerstört. Ihm war das Weingut wichtiger als alles andere,
dass er es ihrem Onkel abschwatzen wollte, war ihr inzwischen egal.
Sie wollte es ja gar nicht haben. Sie hatte es niemals als ihr
rechtmäßiges Erbe angesehen.
Aber warum nur hatte Marco ihr vorgehalten, so
geldgierig zu sein. Selbst wenn es stimmte was Maria ihr gesagt
hatte, dass Sebastian ihm das eingeredet hatte, hätte Marco sie
doch inzwischen wirklich besser kennen müssen, als dass er es
gerade dem Mann glaubte, auf den er eifersüchtig war.
Überhaupt konnte sie ja noch nicht so wirklich
glauben, dass Sebastian soetwas tatsächlich gesagt haben sollte.
Sie würde ihn das vielleicht bei Gelegenheit einmal fragen,
obwohl es ja eigentlich keine Rolle mehr spielte. Sie würde
jetzt mit ihm alt werden und nicht mit Marco. Sie versuchte sich
vorzustellen, wie sie beide wohl mit Sechzig sein würden. Ob sie
viele Kinder hätten? Ob die wohl nach ihrem Vater kommen und in
seine Fußstapfen treten würden. Wie würde Sebastian
wohl aussehen, wenn er alt war? Etwa wie sein Vater? Würde sie
es wirklich ihr ganzes Leben lang bei Sebastian aushalten? Würde
sie fähig sein, ihn stets so zu lieben, wie er war und wäre
ihre Beziehung, wenn sie einmal alt waren, immernoch spannend? War
sie das eigentlich jemals gewesen? Hatte sie wirklich die richtige
Entscheidung getroffen?
Ein paar Tage später klingelte die Briefträgerin
bei Anna und übergab ihr ein kleines Päckchen. Anna
unterschrieb und sah auf den Absender. Es war von Lisa. Freudig
überrascht ließ sie sich auf ihre Wohnzimmercouch fallen
und riss den kleinen Karton auf. Zum Vorschein kam ein Buch und ein
Zettel. Anna nahm beides heraus. Es war die Bibel ihres Vaters. Sie
betrachtete eine Weile den schwarzen Ledereinband mit dem schmalen
goldenen Kreuz in der Mitte, dann las sie, was auf dem Blatt Papier
stand: "Sie gehörte Deiner Mutter und er hätte
bestimmt gewollt, dass Du sie bekommst..."
Bei der Erinnerung an ihre Eltern musste Anna wieder
schlucken. Liebevoll wendete sie das Buch in ihren Händen, legte
die Verpackung auf die Seite und begann in der Bibel zu blättern.
Sie bemerkte, das ab und zu einige Textstellen mit Bleistift
unterstrichen waren. Sie las eine dieser Stellen.
"Kommt her zu mir, alle ihr Mühseligen und
Beladenen! Und ich werde euch Ruhe geben. Nehmt auf euch mein Joch
und lernt von mir! Denn ich bin sanftmütig und von Herzen
demütig, und ihr werdet Ruhe finden für eure Seelen; denn
mein Joch ist sanft, und meine Last ist leicht."
Anna musste die Tränen unterdrücken bei dem
Gedanken, dass ihre Eltern diese Stelle auch gelesen haben mussten.
Sie hoffte, dass sie diese Ruhe für ihre Seelen gefunden hatten,
bevor sie starben. Sie wünschte sich, sie könnte auch
endlich Ruhe finden. Sie wusste nicht, wohin sie gehörte. Der
Weg nach Umbrien war ihr versperrt, doch hier gehörte sie auch
nicht mehr hin, denn alles was sie geliebt hatte, war nicht mehr da.
In ihrem Kopf kreisten die Gedanken wild durcheinander und ihr Herz
schrie vor Kummer über ihre enttäuschte Liebe.
"Lernt von mir", stand da. Vielleicht würde
sie sich doch einmal etwas Zeit nehmen und lesen, was in diesem Buch
eigentlich alles stand. Es war, wie Marco gesagt hatte. Die gesamte
westliche Gesellschaft gründete sich auf diese Werte und doch
hatte kaum ein Mensch jemals in diesem Buch gelesen. Außerdem
gefiel ihr der Gedanke, zu erfahren, worüber ihre Eltern in der
letzten Zeit wohl so nachdachten. Sie drückte die Bibel wie
einen kleinen Schatz an sich und ließ sich wieder vom Schmerz
über die Trennung überwältigen. Wieder fühlte sie
sich ganz
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