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Italienische Märchen

Italienische Märchen

Titel: Italienische Märchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clemens Brentano
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gingen diese ab, und sie sagte dem Vater, was der General von Schnupftabak gesprochen, und fragte, ob es wahr sei. »Ja«, sagte der Vater, »als ich die achtundvierzig Kreuzer hatte, kaufte ich dafür eine schönlackierte Schnupftabaksdose, auf welcher eine Menge Leute abgebildet waren, die auf die verschiedenste Art Tabak schnupften. Mit der Dose ging ich auf der Börse herum, wenn alle Kaufleute beisammen waren, und wo einer dem andern ein Prischen präsentierte, war ich gleich bei der Hand und wünschte gute Geschäfte und bat mir eine Prise aus, die sie mir gern gaben. Ich tat, als wenn ich schnupfte, und fing entsetzlich an zu niesen, bald wie dieser, bald wie jener Kaufmann, worauf ich mich eingeübt hatte. Da guckten sich immer alle um und sprachen. »Zum Wohlsein, Prosit!« und wenn sie sahen, daß ich es war, lachten sie; aber ich sammelte alle meine Prisen, die ich bekam, in die schöne Dose, und man hatte so viele Freude an meinen Possen, daß ich meine Dose bald voll hatte. Diesen Tabak mischte ich nun recht untereinander und ging damit auf die Wachtparade, wo der General Wohlbekomms die Truppen musterte. Da nun damals die Soldatenröcke so knapp geraten waren, daß keiner eine Prise Tabak, viel weniger eine Dose bei sich tragen konnte, und ich wohl wußte, daß der General gern schnupfte, so stellte ich mich in seine Nähe und drehte meinen Dosendeckel, daß der pfiff. Der General hatte eben ›Marsch!‹ kommandiert, aber als er meine Dose hörte, rief er Halt, kam auf mich zu und sprach: »Junge, hast du Tabak?« Ich zeigte meine schöne Dose; das Bild der Schnupfenden darauf machte ihn noch viel begieriger; er gab mir einen Groschen und nahm eine Prise und fing so an zu niesen, daß das ganze Regiment Wohlbekomms rief. Der König von Diesseits freute sich so über diese treffliche Mannszucht, daß er den Truppen allen Zulage gab und dem General den Namen Wohlbekomms. Dadurch wurde er mir gut und schnupfte oft und viel bei mir, konnte auch keinen Tabak mehr vertragen als meinen Gemischten, den er sonst nirgends bekommen konnte, wodurch ich jede Wachtparade, besonders wenn er im Feuer exerzierte, wozu er immer nieste, meinen Taler verdiente.
    Ich hatte so schon an zwanzig Taler zurückgelegt, als ich einmal wieder auf der Börse war; da ließ ein Kaufmann ein Schiff voll in der See naßgewordener Tabaksblätter an den Meistbietenden verkaufen. Dieser Kaufmann hatte eine ganz wunderbare Art zu niesen, die man auf der ganzen Börse hörte und kannte. Er hatte dem Ausrufer gesagt, wenn er ihn niesen höre, so solle er mit dem Schlüssel auf den Tisch schlagen, das Zeichen, daß der, welcher gerade geboten, die Waren haben solle. Dieses hatte ein anderer Kaufmann, der mein Niestalent kannte, gehört, und sprach zu mir: »Bursche, wenn ich dir winke, so niese wie der Herr Gotthelf Prost. Ich verspreche dir eine gute Belohnung.« Nun wurde ausgerufen 100 Taler zum ersten, 150 zum ersten, 150 zum zweiten, da sagte mein Kaufmann: »Und sechs Groschen!« und winkte mir, und ich nieste an der andern Ecke des Saales so laut wie der Kaufmann, daß alles Gotthelf! prosit! rief; der Ausrufer ließ den Schlüssel fallen, und mein Kaufmann kriegte das ungeheure Schiff voll Tabak, das wohl tausendmal so viel wert war. Jedermann verwunderte sich darüber, und Herr Gotthelf Prost kam herzugelaufen und sagte: »Es gilt nichts, ich habe nicht geniest!« Herr Prisius Nisius aber sagte: »Was geht mich das an, zugeschlagen ist zugeschlagen«, legte sein Geld hin und ging nach seinem ungeheuren Schiff voll Tabak, wohin ich ihm folgte. Kaum waren wir auf dem Schiff angelangt, als Herr Prisius Nisius mich umarmte und mir sagte: »Du hast mein Glück gemacht mit deinem Niesen; sage, was willst du haben?« Ich bat ihn, er möge mich mit meinen zwanzig Talern in Compagnie nehmen, und das war er zufrieden.
    Da kam auf einmal der Fischminister, Herr von Nintstöhrenstuhr, auf das Schiff und erklärte, das Schiff müsse gleich ausgepackt werden, weil die Fische alle krepierten, weil der nasse Tabak durch das Schiff ins Wasser rinne. Da mußten wir nun auspacken; aber wir machten es noch besser, wir hingen und nähten alle die feuchten Blätter an die Segel und Masten und das Tauwerk des Schiffes, und da sich eben ein guter Wind erhob, segelten wir nach Amsterdam, wo unser Tabak getrocknet ankam und Prisius Nisius fünfmal hunderttausend Taler für den Tabak allein erhielt.
    Ich heiratete hernach seine Haushälterin, welche eine

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