Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Italienische Märchen

Italienische Märchen

Titel: Italienische Märchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clemens Brentano
Vom Netzwerk:
hin, und da sah ich dasselbe kleine Mägdlein an der Erde sitzen und an einem großen Strumpfe stricken und immer dazu weinen. Ich trat näher und sah, daß es einen kleinen Hund im Schoße liegen hatte und bitterlich auf ihn niederweinte. ›Liebes Kind!‹ sagte ich, ›ach, die Mutter ist gewiß gestorben, weil du so weinst?‹ Da sprang aber das Mägdlein auf und sprach: ›Ach nein, lieber Herr Subject! die Mutter ist frisch und gesund von Seinen guten Pillen, und die Strümpfe für Ihn sind auch gleich fertig; ich habe Tag und Nacht gestrickt; sehe Er die schönen roten Zwickel‹ – und da breitete sie einen schönen fertigen Strumpf vor mir aus. ›Ziehe Er den nur gleich an; indes stricke ich den andern fertig.‹ Ich setzte mich hin, den Strumpf anzuziehen, und während ich meine Schuhe auszog und den Staub herausschüttelte, fragte ich: ›Aber, Kind! warum hast du denn so geweint?‹ Da fing die Kleine, die über meine Ankunft ihren Kummer vergessen hatte, wieder an zu weinen und sagte: ›Ach, lieber Herr Subject! ich wollte zu Ihm in die Stadt und wollte Ihm danken und Ihm die Strümpfe bringen, den einen wollt ich unterwegs fertig stricken; da nahm ich auch unser treues Hündchen Wackerlos mit, das krank war, und wollte Ihn bitten, Er solle dem Hündchen doch eine von seinen Pillen geben, ich wollte Ihm ein Paar Winterhandschuhe von Seidenhasenhaaren dafür stricken; ach, und denke Er sich, als ich bis hierher kam, wollte das treue Hündchen Wackerlos nicht mehr fort. Ich nahm es auf meinen Schoß und setzte mich hier hin, und da sah es mich traurig an und wedelte ein bißchen mit dem Schwanz und streckte sich; ach, und jetzt ist es still und ist tot. Ach! wäre Er nur eher gekommen, da hätte Er ihm vielleicht helfen können; aber jetzt geht es wohl nicht mehr?‹ Dabei sah mich das gute Mägdlein in großen Sorgen an; ich aber hatte den einen Strumpf schon angezogen und sprach: ›Wir wollen es versuchen, liebes Kind!‹ Da brachte sie mir das Hündlein Wackerlos geschwind herbei; ich nahm von meinen Kräutern und drückte ihm Saft davon in den Mund, da tat es die Augen auf; noch ein wenig Saft, da wedelte es ein bißchen mit dem Schwanz; noch ein wenig Saft, da leckte es mir die Hände und sprang an dem guten Mägdlein freudig in die Höhe, welches gar nicht aufhören wollte, mir zu danken. Aber schnell setzte es sich hin und strickte den Strumpf aus, während das Hündchen Wackerlos mir alle seine Künste vormachte: Apportieren, Suchverloren, Aufwarten, Bitten, Schildwachstehen, über den Stock Springen, wie spricht der Hund, Tanzen, sich tot Stellen, nach welchem letzten Kunststück das Hündchen immer zu mir kam und mir die Hände leckte, um mir zu danken, daß ich es lebendig gemacht. ›Nun bin ich fertig‹, sprach das Mägdlein und rief den Wackerlos, und der mußte mir den Strumpf bringen. Ich zog diesen Strumpf auch an, und diese Strümpfe stehen mir recht hübsch, an Sonn- und Feiertagen werdet ihr sie an meinen Beinen sehen. Darauf brachte mich das Mägdlein zu seiner Mutter, die mir nochmals sehr dankte; den andern Tag aber machte ich mich auf die Reise hieher und habe unterwegs noch einige Menschen lebendig gemacht mit meinem Kraut.«
    »Deine Geschichte, lieber Pinkepank«, sagte Trilltrall, »war sehr rührend, aber meine Angst und Überraschung war doch ganz anders als die deinige in der Apotheke; denn du hattest ein böses Gewissen und glaubtest durch Unachtsamkeit jemanden vergiftet zu haben, der Hülfe bei dir suchte. Aber ich bin versichert, so etwas wird dir nie mehr geschehen.« – »Gewiß nicht«, sagte Pinkepank, »die große Angst und das viele Süßholz haben mich auf ewig gewarnt.«
    »Alle die Brüder«, begann nun Pitschpatsch, »haben von großer Angst geredet, um sie mit deinem Schrecken vor dem vermeinten wilden Tiere zu vergleichen, so muß ich denn auch einmal einen rechten Schrecken von mir erzählen: Ich fuhr einstens in einem kleinen Boote auf das Meer hinaus zu fischen, und ein anderer Fischer, ein sehr rauher und harter Mann, den ich kannte, war auch ausgefahren; ich konnte sein Boot von weitem erkennen. Ich warf mein Netz aus und tat einen guten Fang; besonders war ein großer Fisch dabei, der sich sehr wehrte und mit dem Schwanz um sich schlug; ich gab ihm deswegen eins mit dem Ruder auf den Kopf und schnitt ihm den Bauch auf. Stellt euch meine Verwunderung vor, als ich einen schönen goldenen Ring in seinem Magen fand. Ich steckte ihn freudig an den

Weitere Kostenlose Bücher