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Italienische Märchen

Italienische Märchen

Titel: Italienische Märchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clemens Brentano
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herrliches Schifflein voll der größten Kostbarkeiten habe ich in der einsamen Bucht ganz im Schilf versteckt, daß es kein Mensch finden kann als ich, und so bin ich hieher gereist, Euch, lieber Vater! und die Brüder wieder zu sehen.«
    »Deine Geschichte, lieber Pitschpatsch! war recht schön«, sagte Trilltrall, »und deine Angst vor dem bösen Schiffer ging schnell vorüber und ward reichlich belohnt, weil du einem armen Geschöpfe Hülfe geleistet.«
    »Aber«, sagte der Schulmeister, »ich dächte, Trilltrall, du erzähltest weiter; noch immer wissen wir nicht, was für ein wildes Tier es war, welches das schöne Lied an die Nachtigall sang, das dich so sehr erfreute.« Da fuhr Trilltrall fort:
    »Ich war von dem schönen Lied und der Nachtigall und dem Widerhall so erfreut, daß, als sie aufhörten, ich mich aufrichtete und auf den Baum losging, um den Sänger zu bitten, er möge wieder anheben; aber kaum machte ich einiges Geräusch, so fing es auch gleich an, wieder wie ein Hund zu bellen, und warf noch dazu mit abgebrochenen dicken Zweigen nach mir, davon mich einer so derb auf die Nase schlug, daß ich laut zu schreien anfing: ›Ach Gott! ach Gott! meine Nase!‹ und auf dieses mein Geschrei war das Wesen wie der Blitz vom Baum herunter, und ich konnte so geschwinde nicht entlaufen, daß es mich nicht mit beiden Armen umfaßte und ausrief: ›Ach! ich bitte tausendmal um Verzeihung, ich habe es nicht gern getan!‹ und dabei tappte es mir mit so harten knöchernen Fingern, an welchen lange krumme Nägel waren, an der Nase herum, daß es mich nicht weniger schmerzte als der niederfallende Zweig. ›Wer bist du denn?‹ fragte ich, ›daß du so ganz voller Haare bist und bald wie ein Vogel pfeifst, bald wie ein Hund bellst, auf den Bäumen herumkletterst wie eine wilde Katze, auf allen Vieren zum Bächlein trinken gehst und dann wieder so schöne Lieder singst? Bist du denn ein ordentlicher Christenmensch und kein wildes Tier?‹ – ›Ich bin‹, erwiderte er mir, ›der Holzapfelklausner, und lebe seit achtzig Jahren hier allein im Wald und bin ein Vogelsprachforscher und habe hier eine hohe Schule der Vogelsprache, welche mein eigentliches Hauptfach ist; und beschäftige ich mich nebenbei mit der Sprache der wilden Schweine und Katzen und habe hier in der Einsamkeit alle Sitten und Gebräuche der wilden Tiere angenommen, um mich in ihrer Gesellschaft als ein Mann von Anstand und Erziehung aufführen zu können; da nun, seit ich hier lebe, kein Mensch sich hier hat sehen lassen, so habe ich, da du auf dem Baume herumkrochst, geglaubt, du wärest eine wilde Katze, welche mir meine Studenten, die Vögel, wegfressen wollte, und drum bellte ich wie ein Hund, um dich zu verjagen.‹ Nun sagte ich ihm, wer ich sei, und daß ich Trilltrall heiße, und daß Trilltrall mein Beruf sei, und daß ich ebendeswegen mich in den wilden Wald begeben hätte, um die Vogelsprache zu erlernen. ›Brav‹, sagte er, ›sehr brav, da bist du nun gerade an den rechten Mann gekommen, und ich freue mich auch recht sehr, daß ich einen Menschen gefunden, welchem ich meine große Gelehrsamkeit überlassen kann; denn ich bin schon sehr alt und werde nicht lange mehr leben. Du kannst dann nach meinem Tode die Schule hier fortsetzen und besonders darauf wachen, daß die Vögel hier reines Vogeldeutsch reden und keine französischen Wörter einmischen.‹ Mir war das alles sehr angenehm; der Morgen kam heran, und ich besah mir nun den Klausner bei Tage. Da wunderte ich mich nicht, daß ich ihn für ein wildes Tier gehalten, denn er sah aus wie ein uralter Affe und war ganz von seinen weißen Haupt- und Barthaaren bedeckt. Da er mit den Vögeln ein schönes Morgenlied gesungen, sagte er ihnen Lebewohl. ›Sie haben jetzt Ferien‹, sprach er zu mir, ›weil sie Nester bauen, Eier legen und Junge ausbrüten müssen, da kann ich dich einstweilen im ABC unterrichten.‹
    So lebte ich denn eine Zeitlang mit dem Klausner ruhig und lernte fleißig. Vieles Essen und Trinken hinderte uns nicht, wir aßen nichts als Wurzeln und Kräuter, besonders aber Vogelfutter: Mücken, Spinnen, Käferchen, Ameiseneier, Wachholderbeeren usf., und ich mußte besonders immer das Lieblingsfutter des Vogels essen, dessen Mundart und Sprache ich gerade lernte, wie mir denn die Wiedehopfsprache am allerschwersten fiel, weil sie sehr schmutzige Küche halten. Wir waren bis zu der Krametsvogelsprache gekommen, und ich steckte eben in einem dichten Wachholderbusch

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