Italienische Märchen
von meinem Vater Pumpam verirrt, und weiß nicht, wo hinaus in diesem wilden Wald. Kannst du wohl, lieber Einsiedler! da du die Vogelsprache verstehst, von den Vögeln erfragen, ob sie den Raben nicht mit meinem Silberglöckchen gesehen haben, und ob sie den Weg wohl wissen, wo mein Vater hingezogen?‹ – ›Ich will sie gleich zusammenrufen, teuerste Prinzessin!‹ sagte der Einsiedler, und winkte mir, ihm zu helfen; da stiegen wir auf zwei Bäume und fingen an mit allen Vogelstimmen zu locken, und da kamen die Vögel heran von allen Seiten, worüber Pimperlein sich sehr freute; der Einsiedler fragte nun die Vögel, ob sie den Raben nicht gesehen hätten mit dem Glöckchen, und wo der König hingezogen sei. Da wußten die Vögel alle nichts, außer ein Rabe, der erzählte: sein Kamerad, der andere Rabe, sei mit dem Glöckchen auf das Schloß des Nachtwächterkönigs Knarratschki geflogen, das auf einem hohen Felsen im Meere liege, und auf dem sich auch der goldene Glockenschwengel befinde, der bei dem Geläute zu Glockotonia aus der Glocke gerissen und dort hingeflogen sei. Der König Pumpam sei auch dahin unterwegs, und wenn ihm die Prinzessin Pimperlein folgen wolle, so sei er bereit, ihr den Weg zu zeigen.
Der Einsiedler machte der Pimperlein diese guten Nachrichten bekannt, worüber sie sehr erfreut war und sich gleich entschloß, dem Raben zu folgen. Sie rief darum den Hanswurst, sich fertigzuhalten; der kam nun mit großem Geklapper aus den Büschen gelaufen; denn er hatte sich alle Taschen mit Haselnüssen gefüllt, und seine Finger und sein Mund waren schwarz von Heidelbeeren, die er gegessen. Die Prinzessin Pimperlein dankte dem Einsiedler, der ihr eine frische Honigwabe auf die Reise mitgab, sehr; ich gab ihr noch eine Menge der schönsten Glockenblumen mit, die ich mitsamt der Wurzel und Erde dem Hanswurst in seinen trichterförmigen Hut pflanzte, worüber sie sich sehr freute; sie schenkte darauf dem Einsiedler eine goldene Schnupftabaksdose, worauf ihr Portrait mit Brillanten besetzt war, und mir schenkte sie einen brillantenen Ring mit ihrem Namenszug von ihren Haaren. Wir küßten ihr beide mit Tränen den Saum ihres Rocks, da schrie der Rabe: ›Marsch! marsch! es ist Zeit, wir haben gar weit.‹ Sie reichte uns die Hände, und wir weinten bitterlich, da sie fortging.
Ich aber lief noch ein gutes Stück Wegs mit und bog ihr die verwachsenen Zweige auseinander, daß sie bequemer gehen sollte. Ich hatte mich schon sehr weit von unserer Heimat entfernt, als auf einmal eine Schnepfe geflogen kam und mir sagte: ich sollte geschwind zurückkommen, der Klausner sei nicht gar wohl; da empfahl ich mich der Pimperlein nochmals untertänigst und wünschte Glück auf die Reise; sie erlaubte mir, ihr die Hand zu küssen, und lud mich ein, sie einmal in Glockotonia zu besuchen, worauf wir uns trennten.
Ich weinte bis nach Haus, so lieb hatte ich die freundliche Pimperlein gewonnen. Da ich bei dem Klausner ankam, fand ich ihn mit Hacke und Spaten beschäftigt, eine Grube zu machen. Er rief mir zu: ›Hilf, Trilltrall! hilf!‹ und gab mir den Spaten; ich gehorchte ihm stillschweigend, denn wir sprachen selten mit einander; aber dann und wann unter dem Graben sah ich traurig fragend nach ihm, da legte er den Finger auf den Mund und winkte mir, auf die Stimmen der Vögel achtzugeben. Da schrie ein Käuzlein sehr betrübt einige Mal auf der hohlen Eiche, das schauerte dem Klausner durch Mark und Bein und ging mir wie ein Messer durchs Herz. Die Vöglein auf den Bäumen wurden ganz still und verkrochen sich und drückten sich ängstlich zusammen und flüsterten sich einander in die Ohren. Da streckte auf einmal der Specht den Kopf aus seinem Nest hervor und fragte:
Sagt mir, was der Kauz so schreit?
Da guckte die Turteltaube aus dem Nest und sprach:
Kauz schreit: Klausner, es ist Zeit!
Und nun schrie der Dompfaff:
Kauz schreit: Grab dein Grab bereit.
Worauf der dicke Bülow rief:
Kauz schreit: Fünf Schuh lang, drei breit.
Da rief die Amsel gar neugierig:
Eine Grube? Ei, wozu?
Da sprach ein Starmatz sehr ernsthaft:
Ei nun, zu der ewigen Ruh.
Nun fragte eine Schwalbe sehr betrübt:
Wer drückt ihm die Augen zu?
Da antwortete eine Lerche:
Liebe Freundin! ich und du.
Die Nachtigall aber sagte:
Nein, ihr Freunde, ich es tu;
Schwalb und Lerche soll ihn wecken
Zu dem ewgen Himmelslicht,
Ich muß ihm die Augen decken,
Wenn sein Herz im Tode bricht.
Wir haben manche fromme
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