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Italienische Novellen, Band 1

Italienische Novellen, Band 1

Titel: Italienische Novellen, Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene Autoren
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den Fleischereien die Stadt verlassen hatten, fanden sie ihr Fahrzeug nicht nur bereit und ausgerüstet, um schnell zu fahren, sondern fast zum Fliegen geeignet; alle stiegen ein, die Ruder wurden ins Wasser gebracht, und in wenigen Stunden befanden sie sich auf Ischia. Der Edelmann mit seiner Begleitung stellte sich dem Herrn jener Insel vor, der sein besonderer Freund war, so wie er es vorher mit ihm ausgemacht hatte, und sie wurden sehr wohl aufgenommen und geehrt. Als sie dort waren, schienen sie in Sicherheit zu sein, und so kosteten sie die süße erste Frucht ihrer gegenseitigen Liebe, und mit nicht weniger Vergnügen des einen wie des andern genossen sie dort glücklich ihren Raub.
    Als der Tag anbrach, fand der alte Vater weder die Tochter noch die verpfändete Sklavin und bemerkte schließlich den Raub des Geldes und der Juwelen, weswegen er keine geringere Bitterkeit fühlte, und jeder kann sich vorstellen, wie groß sein Schmerz, sein Klagegeschrei und sein Kummer war; auch ist es nicht verwunderlich, daß er mehrmals Anstalten traf, um sich aufzuhängen; so blieb er, vom Schaden und der Schande überwältigt, weinend im Hause eingeschlossen.
    Das verliebte Paar lebte fröhlich auf Ischia, und da sie sich ständig vergnügten, wurde das Mädchen schwanger. Das freute den Edelmann sehr und gab ihm Gelegenheit, gut und freimütig zu handeln und gleichzeitig Gott, die Welt und sich selbst zufriedenzustellen. Durch Vermittlung des Herrn von Ischia sandte er zum Vater der Carmosina und zu seinen Verwandten; als jene zusammengekommen waren und einige Verträge mit einander abgeschlossen hatten, nahm der Edelmann mit Erlaubnis des Königs und zur allgemeinen Zufriedenheit und Freude aller Neapolitaner sie zu seiner rechtmäßigen Gattin; nachdem so aus dem verstohlenen sinnlichen Liebesspiel eine kirchlich gesegnete Ehe geworden war, kehrten sie nach Neapel zurück und erfreuten sich dort, solange sie lebten, großer Glückseligkeit. Auch der eifersüchtige, geizige und törichte Alte söhnte sich, nachdem er den Schaden davongetragen, mit dem aus, was geschehen war.

Ein belohnter Betrüger
    Unser Salernitaner Landsmann Angelo Pinto war nach dem, was die Alten, die ihn kannten, erzählen, seinerzeit der größte Meister darin, andere durch ausgefallene Streiche hinters Licht zu führen, und nie soll es in Italien einen gegeben haben, der ihm gleichgekommen wäre. Dieser nun, nachdem er viele Länder inner- und außerhalb Italiens durchforscht und fast überall sein Handwerk betrieben hatte, kam zu der Zeit nach Florenz, als unser gottesfürchtiger, heiliger Bernhard dort predigte. Zu ihm strömte der größte Teil der Toskaner, da sich ständig so viele handgreifliche Wunder ereigneten, die er vollbrachte, und auch wegen des weithin verbreiteten Rufes seines vollkommenen Lebenswandels.
    Unter der Menge der Zuhörer traf sich zufällig eines Tages der genannte Angelo mit einem andern jungen Salernitaner, der Bischöflein genannt wurde und in der Wissenschaft des Angelo Pinto ein für sein Alter schon sehr gelehrter Schüler war. Sie erkannten sich und tauschten in Erinnerung an die Heimat viele Zärtlichkeitsbeweise und erzählten sich gegenseitig viel von dem, was ihnen zugestoßen war. Schließlich sagte das Bischöflein: »Mein Angelo, ich bin hierher gekommen, um einen schönen Fischzug zu tun, und habe noch niemand gefunden, dem ich mich anvertrauen möchte und der ein paar hundert Gulden besäße.« Und er erzählte ihm seinen Plan, der dem Angelo überaus wohlgefiel, welcher erwiderte, er sei sofort bereit, sich mit Geld und all seiner Begabung an diesem bemerkenswerten Streiche zu beteiligen. Und um diesen Gedanken nicht länger aufzuschieben, nahm er einen sehr großen Beutel mit kleineren Fächern rings herum und legte fünfhundert Golddukaten hinein, die ihm von einer viel größeren Summe, die er durchgebracht hatte, übriggeblieben waren; sie sonderten die Venezianer Münzen von den Florentinern und alle andern nach ihrer Prägung in verschiedene Fächer, zählten sie alle und schrieben das Ergebnis auf einen Fetzen Papier, den das Bischöflein sorgfältig verwahrte, um ihn, wenn nötig, bei der Hand zu haben. Schließlich wiederholten sie sich nochmals, was sie mit kluger Vorsicht auszuführen hatten. Nachdem der heilige Bernhard am andern Morgen gepredigt hatte und in seine Zelle ging, folgte ihm Angelo mit dem Beutel auf der Brust, als Pilger verkleidet, warf sich ihm zu Füßen und bat, ihm

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