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Italienische Novellen, Band 1

Italienische Novellen, Band 1

Titel: Italienische Novellen, Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene Autoren
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niemandem um die Hand seiner einzigen Tochter angehalten zu werden, diese ständig im Haus eingeschlossen und schlechter als eine billige Sklavin hielt. Als der Edelmann von allem wohlinformiert war, begann er, um einen Vorwand zu haben, durch jene Gegend zu gehen und wenn nicht das Mädchen, so doch wenigstens die Mauern des Hauses zu sehen, sich bald der einen, bald der andern ihrer Nachbarinnen als Verliebter zu zeigen; daher wurde er von vielen für nichts als einen Windbeutel gehalten, und seine Klugheit und Weisheit wurden vom dummen Haufen lächerlich gemacht. Er kümmerte sich wenig darum, sondern verfolgte seinen vorgefaßten Plan und begann schlauerweise einen vertraulichen Umgang mit dem Vater dadurch, daß er häufig und ohne irgend Bedarf daran zu haben zu sehr teuren Preisen von dessen Waren kaufte und überdies, um ihn noch mehr zu ködern, fast jeden Tag andere Hofleute zu ihm in den Laden brachte, so daß er ihm ständig bare Einnahmen verschaffte; da dieser an dem Edelmann und seinen Gefährten sehr viel verdiente, brachte er ihm solche Freundschaft entgegen, daß sich fast jeder verwunderte. Als der Edelmann mit seinem Plan zum Ziel kommen wollte, schloß er sich eines Tages mit ihm in sein Lager ein und begann folgendermaßen: »Da ich in meinen Angelegenheiten Rat und Hilfe brauche, weiß ich mich nunmehr an niemand andern als an Euch zu wenden, der ich Euch wegen Eurer Güte wie meinen eignen Vater liebe und verehre; darum zögere ich nicht, Euch alle meine Geheimnisse anzuvertrauen! Wisset denn, daß es schon viele Jahre her ist, seit ich von meinem Vater weggegangen und hier durch die Liebe zum König und die Kriegsverhältnisse festgehalten bin, so daß mir bisher nicht Urlaub gegeben wurde, nach Hause zu fahren. Jetzt aber, seit einiger Zeit, bittet er mich in vielen Briefen und Botschaften, ich möchte, bevor seine Tage zu Ende gehen, kommen, um ihn wiederzusehen. Da ich seinen flehentlichen Bitten nicht widerstehen kann, habe ich beschlossen hinzureisen; wenn ich dort eine kurze Zeit gewesen bin, will ich sofort in den Dienst des Königs, meines Herrn, zurückkehren. Da ich nun niemand habe, dem ich mich besser als Euch anvertrauen könnte in diesem wie in jedem andern Fall, möchte ich, daß Ihr mir gewisse Sachen bis zu meiner Rückkehr verwahrt; außer diesem mache ich mir am meisten Sorge um eine Sklavin: so schwer es mich auch wegen ihrer Güte ankommt sie zu verkaufen, so wäre ich andrerseits doch dazu gezwungen, weil ich dreißig Dukaten brauche. Wenn mich auch bei meiner Ehre keiner meiner Freunde wegen einer so kleinen Summe abweisen würde, so habe ich dennoch beschlossen, weil ich so unentschieden bin, da ich nur bei Euch Sicherheit finde, Euch wegen dieses Geldes zu belästigen und Euch die Sklavin zu lassen, und wenn in der Zeit, bis ich zurückkomme, Ihr eine Gelegenheit findet, sie zu dem Preis von siebzig Dukaten zu verkaufen, den sie mich kostet, so handelt, als ob sie Euch gehöre!« Der mehr habgierige als kluge Alte, ganz erfüllt von Gedanken an den Nutzen, der ihm aus dem erbetenen Dienst erwachsen konnte, erkannte in keiner Weise die List und erwiderte, ohne sich zu überlegen, folgendermaßen: »Lieber Wilfred, so groß ist die Liebe, die ich für Euch hege, daß ich nicht Nein sagen könnte, was auch immer Ihr von mir fordern würdet, wenn ich es nur irgend vermöchte; darum bin ich gern bereit, Euch mit dem Gelde zu dienen, das Ihr braucht, und ich werde die Sklavin für Euch bewahren, damit Ihr sie nicht schlecht verkaufen müßt; wenn Ihr heil zurück seid und ich mit ihr zufrieden bin, werde ich Euer Konto so bereinigen, daß Ihr nicht anders als mein eigner Sohn behandelt werdet.«
    Der Edelmann war sehr fröhlich über die Antwort und sagte: »Ich hoffte nichts anderes von Euch, und Euch zu danken schiene mir übertrieben; aber gebe Gott, daß eine für uns beide günstige Gelegenheit Euch die Früchte unserer Freundschaft beschere!« Damit schied er von ihm, stieg zu Pferd und ritt nach seiner Gewohnheit durch das Stadtviertel seiner Geliebten, und zum guten Glück – wie vielleicht beider gemeinsame Schicksalslose es zu ihrer gleichen Glückseligkeit bestimmt hatten – sah er das Mädchen ein wenig sich am Fenster zeigen, sich dann scheu zurückziehen und ihn freundlich und teilnahmsvoll anschauen; er sah sich nach allen Seiten um, erblickte niemand und sagte ihr, da er keine Zeit hatte, länger zu sprechen: »Meine Carmosina, tröste dich: ich habe

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