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Italienische Novellen, Band 1

Italienische Novellen, Band 1

Titel: Italienische Novellen, Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene Autoren
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Kaufmann verkleidet, deren Sprechweise er ausgezeichnet kannte, trat vor und schrie in der großen Menge hartnäckig sehr heftig und laut, schaffte sich Platz und warf sich weinend zu Füßen des heiligen Mönches und sagte folgendermaßen zu ihm: »O Herr, das Geld gehört mir, und hier oder anderswo werde ich Euch ganz genau die Merkmale nennen, die ich alle aufgeschrieben habe«, und er zog die Aufzeichnungen heraus, die er zu diesem Zweck aufgehoben hatte, und gab sie ihm in die Hände. Mit freundlichem Gesichte sagte ihm der heilige Bernhard: »Mein Sohn, du hast mehr Glück, dein Geld wiederzufinden, als du Verstand hattest, es gut zu verwahren; jedoch komm mit mir und laßt uns sehen: wenn es deines ist, gebe ich es dir, ohne daß es dich einen Heller kostet.«
    Er segnete das Volk, begab sich dann in seine Zelle, nahm das Geld heraus und fand es übereinstimmend mit der Aufschreibung des Bischöfleins und gab es ihm mit Vergnügen zurück.
    Nachdem dieser es hatte, ging er stracks dahin, wo die Genossen des Angelo wohnten, und wie verabredet verließen sie alle zusammen Florenz und erwarteten an einem bestimmten Ort den Meister. Diesem wurde am andern Morgen das genannte Geld vollständig ausgehändigt und durch Vermittlung des Heiligen von bestimmten Bankiers, die ihn verehrten, damit der Streich ganz vollendet sei, in Gold gewechselt. Er verwahrte das Geld auf seinem Leibe und verabschiedete sich mit der Erlaubnis und dem Segen des Heiligen. Bald kam er dahin, wo die Gefährten ihn erwarteten, und alle begaben sich mit größter Fröhlichkeit nach Pisa. Dort teilten sie freundschaftlich untereinander die Beute, und dann ging jeder seines Wegs. Man darf versichert sein, daß sie ihre Tage beendigten, indem sie sich ständig auf andrer Leute Kosten vergnügten.

Die unglücklichen Liebenden
(Shakespeare, Romeo und Julia)
    Dieser Tage erzählte ein sehr glaubwürdiger Sienese im Kreise schöner Frauen, es sei nicht langer her, daß in Siena ein junger, wohlgekleideter und schöner Mann aus guter Familie mit Namen Mariotto Mignanelli glühend in ein schönes Mädchen verliebt war, die Ganozza hieß. Sie war die Tochter eines bekannten und sehr geschätzten Bürgers, ich glaube aus dem Hause Saraceni, und im Verlauf der Zeit erlangte er, daß auch er von ihr aufs brennendste geliebt wurde. Nachdem sie ihre Augen geraume Zeit an den zarten Blüten der Liebe geweidet hatten, begehrten sie beide von deren süßesten Früchten zu kosten und versuchten es auf vielen und verschiedenen Wegen. Da sie keinen sicheren finden konnten, beschloß das Mädchen, das nicht weniger klug als schön war, ihn heimlich zum Gatten zu nehmen, so daß sie, sollte widriges Geschick ihnen den Genuß verwehren, einen Schild gehabt hätten, den begangenen Fehler zu decken. Um vollendete Tatsachen zu schaffen, wurde ein Augustinerfrater mit Geld bestochen, der heimlich die Trauung vollzog. Die auf diese Weise geschaffenen Verhältnisse gaben ihnen Sicherheit, und unter nicht geringerem Wohlgefallen des einen wie der andern ging ihr heftiges Verlangen vollkommen in Erfüllung.
    Nachdem sie diese heimliche und zum Teil erlaubte Liebe einige Zeit glückselig genossen hatten, geschah es, daß ihr boshaftes und feindliches Geschick sich gegen all ihr gegenwärtiges und zukünftiges Sehnen wandte und zwar dadurch, daß Mariotto eines Tags mit einem andern ehrbaren Bürger der Stadt in Streit geriet, und von Worten kam es zu Tätlichkeiten, und schließlich ging es so weit, daß Mariotto jenen mit einem Stock am Kopf verletzte, an welcher Wunde er in wenigen Tagen starb. Mariotto verbarg sich deswegen, und da er vom Gericht eifrig gesucht und nicht gefunden wurde, so wurde er vom Rat und vom Stadtvogt nicht nur zum ewigen Exil verurteilt, sondern er wurde auch als Rebell verbannt.
    Wie groß und wie heftig der Schmerz der beiden unglücklich Liebenden und heimlich Neuvermählten war, wie bittere Tränen wegen dieser langen und nach ihrem Dafürhalten ewigen Trennung flossen, darüber kann wirklich nur urteilen, wer selbst derartige Qualen durchlitten hat; ja, so wild und herb war ihr Schmerz, daß beim letzten Abschied mehrmals der eine im Arm des andern längere Zeit für tot gehalten wurde. Als sie jedoch ihrem Schmerze also seinen Lauf gelassen hatten, schöpften sie Hoffnung, daß es ihm mit der Zeit durch irgend welchen möglichen Umstand gestattet würde, in die Heimat zurückzukehren. Von gleichem Willen beseelt, beschlossen sie, daß er

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