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Italienische Novellen, Band 1

Italienische Novellen, Band 1

Titel: Italienische Novellen, Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene Autoren
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zuhanden gekommen, mehr ein Wunder als menschliches Handeln, und darum erschien es mir richtig, von der Ordnung der versprochnen Predigten abzuweichen und euch über den Text zu sprechen, den ihr gehört habt. Es kam nämlich einem armen Manne, der zur Abbüßung seiner Sünden zum heiligen Jakob pilgerte, vorgestern morgen im Straßenstaub eine Börse zwischen die Füße, ja vielleicht war sie ihm vom Teufel gezeigt, eine Börse mit ein paar hundert Gulden; darüber hatte er viele Versuchungen und Anfechtungen infolge seiner ungemeinen Armut und beim Gedanken an seine daheim gelassenen Angehörigen, die er nur mit Mühe ernähren kann, und an sein anderes unermeßliches Elend; schließlich aber, gestärkt von der Liebe zu Christus, hat er sie im Zeichen des Kreuzes alle besiegt und verjagt und kam bitterlich weinend zu mir und hat mir jene Börse voll Gulden gebracht, die ich in Verwahrung habe. Ich weiß nicht, was der heilige Petrus oder auch unser himmlischer Franziskus, dieser einzigartige Verächter weltlicher Schätze und Nachahmer Christi, mehr hätten tun können als nichts für sich selbst haben zu wollen, denn dies, da er den Schatz gefunden, nur zu trachten, ihn seinem Eigentümer wiederzugeben. Um wieviel mehr können wir darum diesen rühmen, der in das Weltleben verwickelt ist, bettelarm ist, für Töchter sorgen muß und dabei von edler Abkunft, so daß ihm die Scham verbietet, Almosen zu erbetteln, und der so tugendhaft handelte! Daher scheint es mir nur seinem Verdienst allein gemäß zu sein, wenn die Kirche den eurer Mildtätigkeit vorgeschlagnen Text bestätigen kann: ›Er hat wunderbare Dinge in seinem Leben vollbracht‹.«
    Und dann begann er mit erhobner Stimme: »Und ihr, räuberische Wölfe, gierige Geizhälse, Wüstlinge, besudelt mit allem Schmutz dieser betrügerischen Welt, täglich geht ihr, um Wucher zu treiben, hinterhältige Verträge zu schließen und üble Gewinne zu machen. Mit euren Betrügereien haltet ihr eure Nächsten in Abhängigkeit, beraubt die Kirchen, mißbraucht das Gut der Unmündigen, trinkt das Blut der Armen, führt die Testamente nicht aus, und mit tausend anderen übelsten Machenschaften entfernt ihr euch von Christus und folgt den Lehren des Teufels!«
    Auf diese Weise erzürnte sich der alte Heilige; und entflammt von christlicher Liebe, ermüdete er schließlich vom Reden, beruhigte sich ein wenig, kam dann wieder auf seinen Text und sagte: »Das Lob, das man jenem verdientermaßen spenden müßte, könnte ich weder mit der Feder schreiben noch mit der Zunge künden; trotzdem will ich, daß ihr ein einziges Kennzeichen seiner Gutherzigkeit und Reinheit vernehmt: Als er mit mir sprach, legte er und legt noch großen Wert darauf, daß er keinen Finderlohn begehren will für das gefundene Geld, da er glaubt, er könne ihn nicht mit gutem Gewissen empfangen. Darum, liebe Leute, wer jenes Geld verloren hat, der komme zu mir, sage mir die Merkmale des Beutels und die Anzahl der Gulden mit ihrer unterschiedlichen Anzahl nach der Prägung, die schon voneinander gesondert sind, und nehme ihn, ohne einen Pfennig zu zahlen, zu sich mit Gottes Segen! Doch ich werde nicht aufhören, euch zu ermahnen, der Lehre unseres Erlösers Jesu zu folgen, der will, daß, wie jedes Übel mit Barmherzigkeit gestraft werde, auch keine Guttat unbelohnt vorübergehe. Ich denke denn, meine Kinder, daß dieser arme Edelmann einigen Entgelt erhalten muß für seine bewährte Tugend, und da es auch mir notwendige Pflicht scheint, euch seine Armut ans Herz zu legen, so bitte ich alle, die sich zum triumphierenden Banner des Kreuzes Christi bekennen, jeder einzelne lege auf diesen Mantel das an Wohltat nieder, was ihm Gott eingibt. Aber keiner gebe einen Pfennig, damit nicht bei so viel tausend Menschen, wie ich hier sehe, so wenig gesammelt wird, daß es nicht genügt, um ihn von der Sorge zu befreien; darin bestärke ich euch und erkläre, daß dies viel besser ist als Hospitälern zu helfen oder irgendwelchen andern Bettlern.«
    Nachdem er so gesprochen, hatte er seinen Mantel kaum auf die Erde geworfen, als sich schon alles Volk mit dem größten Gedränge, das man je sah, vorschob und jeder sein heiliges Almosen reichte; auf diese Weise wurde den ganzen Tag über von den Gefährten des heiligen Bernhard der Mantel offengehalten, um Almosen zu empfangen, so daß am Abend sich gutgemessen an die tausend Gulden gesammelt fanden.
    Unterdessen hatte sich das Bischöflein in einen Genueser

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