Italienische Novellen, Band 1
Feinde rette, die ihn verfolgten, um ihn im Gefängnis umkommen zu lassen, so wolle er ihn reich machen und vor seinem Scheiden ihm darüber genügende Bürgschaft geben; im entgegengesetzten Falle sei er zufrieden, daß er ihn selbst seinen Gegnern ausliefere.
Giovanni Matteo war zwar ein Landmann, aber dennoch ein unternehmender Mensch, und da er der Ansicht war, er könne nicht wohl zu kurz dabei wegkommen, wenn er den Flüchtling rette, so sagte er ihm seine Bitte zu. Er steckte ihn in einen Haufen Dünger, den er vor dem Hause liegen hatte, und bedeckte ihn mit kleinem Rohr und anderm Abgang, den er zum Verbrennen zusammengeworfen hatte. Kaum war man mit Roderigos Versteckung fertig, als auch schon seine Verfolger herzukamen und durch Drohungen den Giovanni Matteo einzuschüchtern suchten, aber nicht einmal von ihm herausbrachten, daß er ihn gesehen habe. Sie zogen daher weiter und kehrten, nachdem sie ihn zwei Tage umsonst gesucht hatten, ermüdet wieder nach Florenz zurück. Sobald der Lärm vorüber war, holte Giovanni Matteo ihn aus seinem Schlupfwinkel hervor und mahnte ihn an sein gegebenes Wort. Da sprach Roderigo zu ihm: »Mein lieber Bruder, ich bin dir zu großem Danke verpflichtet; aber ich will versuchen, dir meine Verbindlichkeit auf jede Weise abzutragen. Und damit du glaubst, daß ich dies imstande sei, will ich dir sagen, wer ich bin.«
Er teilte ihm hier seine persönlichen Verhältnisse und die Bedingungen mit, unter denen er die Hölle verlassen und sich ein Weib genommen hatte. Er eröffnete ihm überdies die Art und Weise, auf die er ihn zu bereichern gedachte, und die eben keine andere war, als daß Giovanni Matteo, sobald er von irgendeinem Weibe höre, das besessen sei, nur getrost annehmen dürfe, er sei selber in sie gefahren, und er werde nicht eher aus ihr weichen, als bis Giovanni komme und ihn vertreibe; damit habe er denn Gelegenheit, sich von den Verwandten der Besessenen nach Belieben bezahlen zu lassen. Nachdem Roderigo diese Erklärung von sich gegeben hatte, wurde er plötzlich unsichtbar. Es waren aber hierauf kaum einige Tage ins Land gegangen, als sich durch ganz Florenz die Neuigkeit verbreitete, daß eine Tochter des Messer Ambrogio Amedei, die an Buonajuto Tebalducci verheiratet war, vom Teufel besessen sei. Die Ihrigen versäumten nicht, alle jene Hilfsmittel dagegen anzuwenden, die bei solchen Unfällen gebräuchlich sind. Man legte ihr den Schädel des heiligen Zenobius auf den Kopf und den Mantel des heiligen Johannes Walbert; aber alle diese Dinge wurden von Roderigo nur verhöhnt; und um jedermänniglich zu überzeugen, daß die Krankheit des jungen Weibes ein böser Geist und keine phantastische Einbildung sei, sprach er lateinisch, disputierte über philosophische Fragen und deckte die Sünden vieler Leute auf, wie zum Beispiel die eines gewissen Klosterbruders, der sich über vier Jahre ein in einen Mönch verkleidetes Weib in seiner Zelle gehalten hatte. Dergleichen Dinge erregten natürlich allgemeine Verwunderung. Herr Ambrogio war unterdessen sehr mißvergnügt und hatte fast alle Hoffnung auf ihre Heilung aufgegeben, als ihn Giovanni Matteo besuchte und ihm seine Tochter zu heilen versprach, wenn er ihm fünfhundert Gulden geben wolle, um sich ein Gut in Peretola kaufen zu können. Herr Ambrogio ging auf sein Anerbieten ein; Giovanni Matteo aber ließ, um die Sache aufzustutzen, vorerst etliche Messen lesen, machte allerlei Hokuspokus und murrte dann dem jungen Weibe die Worte ins Ohr: »Roderigo, ich bin hierher gekommen, um dich aufzusuchen, damit du mir Wort haltest.«
Roderigo antwortete ihm: »Ich bin es zufrieden; aber das ist noch nicht genug, um dich reich zu machen. Sobald ich von hinnen gewichen sein werde, fahre ich in die Tochter des Königs Karl von Neapel und weiche nicht von ihr ohne dich. Dann kannst du dir ein tüchtiges Handgeld ganz nach deinen Wünschen ausbedingen und mußt mich später in Ruhe lassen.«
Nach diesen Worten fuhr er aus ihr aus zur Freude und Verwunderung von ganz Florenz. Es währte hierauf gar nicht lange, so verbreitete sich durch ganz Italien das Gerücht von dem Unglück, das über die Tochter des Königs Karl gekommen war. Die Mittel der Geistlichen wollten nicht anschlagen, und da der König von Giovanni Matteo reden hörte, so ließ er ihn zu sich von Florenz entbieten. Matteo kam in Neapel an und heilte sie nach einigen zum Schein angestellten Zeremonien. Aber ehe Roderigo sich davonmachte, sagte er: »Du
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