Italienische Novellen, Band 1
vollständig eingeweiht ist, dich von allem unterrichten. Wenn ich nicht irre, kommt mein Mann heute abend weder zum Essen noch zum Schlafen nach Hause. Die Gevatterin ißt mit mir zu Nacht zwischen zwei und drei Uhr; um vier Uhr lasse ich mein ganzes Gesinde zu Bett gehen, die Gevatterin aber bleibt bei mir. Mit dem Schlage vier Uhr wird sie dich erwarten, und du wirst von ihr erfahren, ob mein Mann nach Hause kommt oder nicht, und hiernach wirst du dich halten. Um eines aber bitte ich dich sehr, dich in dieser Sache so wenig als möglich deinen Dienern anzuvertrauen, damit nicht, wenn einer von dir fortkommt, wie dies ja oft geschieht, er Anlaß werde, daß wir in das Gerede der Leute kommen.«
Als Lattanzio diese unerwarteten Äußerungen hörte und an dem Funkeln der Augen seiner Geliebten merkte, daß sie ganz von Liebe glühte, hielt er sich für den frohesten und glücklichsten Menschen von der Welt und war so voll Verwunderung und Wonne, daß er fast außer sich kam und nicht wußte, was er sagen sollte. Sobald er sich aber etwas gefaßt hatte, sagte er der Frau den größten Dank, versprach ihr, er werde ganz allein kommen, um die Gevatterin aufzusuchen, und werde vor allen seinen Dienern seinen Liebeshandel geheimhalten. Sein Herz schwamm in einem Meere von Süßigkeit, er nahm Abschied und ging nach Hause.
Am Abend aß er wenig, denn er war trunken von ungewohnter Freude; auch dachte er an die ihm bevorstehenden Anstrengungen. Mit dem Schlage vier Uhr ging er sodann ganz allein aus und geradeswegs zu der Gevatterin, die ihn hinter der geöffneten Tür erwartete. Er erfuhr von ihr, daß der Mann nicht zum Essen gekommen sei und auch diese Nacht nicht mehr heimkommen werde; es sei ein Bruder der Frau mit einem andern Edelmann dagewesen, den sie nicht kenne, alle seien aber bereits weggegangen. Nachdem sie noch vieles andere miteinander besprochen hatten, ging Lattanzio hinweg, trat in das Gäßchen und gab ein Zeichen, das ihm die Gevatterin gesagt hatte, worauf die Alte, die am Platze stand, ganz sachte die Tür nur so weit öffnete, daß er kaum hineinschlüpfen konnte; denn die Tonne verhinderte das vollständige Öffnen der Tür.
Sobald er eingetreten war, führte ihn die Alte ganz leise in das Zimmer der Frau. Den Willkomm, die Liebkosungen, die Umarmungen des neuen Liebespaars, die Freude und Lust, die sie, nachdem sie das Bett bestiegen, im Genusse ihrer Liebe fanden, – dies alles zu erzählen würde mich allzu weit führen. Übrigens versicherte Caterina am folgenden Tage ihrer Gevatterin heilig und teuer, sie habe in dieser Nacht weit mehr Freude gehabt als in der ganzen Zeit, die sie mit ihrem Manne verlebt.
Ehe noch der Tag graute, schlich Lattanzio müde, aber überglücklich von dannen, nachdem er zum Abschied seiner Geliebten noch mehr als tausend Küsse gegeben hatte. Während er zur Tür hinausging, gab er der guten Alten zehn Golddukaten und ermahnte sie, ihrer Herrin treu zu dienen; er werde es dann auch an nichts fehlen lassen. Die Alte hatte in ihrem Leben noch nie so viele im Besitz gehabt, dankte ihm daher aufrichtig und war höchlich befriedigt. Lattanzio legte sich, als er nach Hause kam, schlafen, denn er war die ganze Nacht nicht aus dem Sattel gekommen.
Die Sache ging so ihren Gang fort, und Lattanzio schlief das ganze Jahr hindurch noch oft bei seiner Geliebten, wobei sie sich die besten Stunden machten. Indessen bekam die Gevatterin viele Dukaten von Lattanzio, der ihr auch versprach, sobald ihr Knabe so weit heranwüchse, ihn zum Edelknaben anzunehmen. Die beiden Liebenden genossen also einander und, wie gesagt, dauerte der Handel ungefähr ein Jahr, so daß ihr Verkehr, der am Karneval begonnen hatte, bis zum nächsten Karneval fortging; da fiel es Caterinas Gatten, ich weiß nicht weshalb, plötzlich ein, wenn er so selten bei seiner Frau schlafe, könnte sie einen andern an seiner Statt annehmen, um seinen Garten zu bestellen und zu begießen, mehr als ihm lieb wäre. Er geriet daher in Eifersucht, ohne zu wissen weshalb; er fing an, mehr zu Hause zu bleiben als bisher, besonders bei Nacht; das war den Liebenden höchst ungelegen.
Als aber endlich die Fastenzeit eintrat, beschloß der Gatte, womöglich die Beichte seiner Frau zu hören. Mit dieser Grille ging er nach Sant Angelo, den Bruder aufzusuchen, bei dem, wie er wußte, Caterina zu beichten gewohnt war; er fing an, Verschiedenes mit ihm zu plaudern, um sein Vertrauen zu gewinnen, und brachte es dahin, als der
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