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Italienische Novellen, Band 1

Italienische Novellen, Band 1

Titel: Italienische Novellen, Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene Autoren
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Neugierde des Mannes, der auf unpassenden Wegen zu erfahren trachtete, was er nicht hätte wissen sollen, und dieses Ziel erreichte die Verruchtheit des pflichtvergessenen Mönchs, der nach der Versicherung von einem, der es wissen konnte, im Frieden entlassen wurde, vor welchem Frieden uns aber alle Gott gnädiglich bewahren möge!

Frauentreue: Männertugend
    In meiner Vaterstadt Venedig, die neben ihren Schätzen besonders reich ist an schönen holden Frauen wie nur irgendeine Stadt in Italien, lebten zu der Zeit, wo der weise Fürst Francesco Foscari die Herrschaft darüber führte, zwei junge Edelleute, deren einer Girolamo Bembo, der andere Anselmo Barbadico genannt wurde. Zwischen beiden bestand, wie das oft zu geschehen pflegt, die tödlichste Feindschaft und ein so heftiger bitterer Haß, daß sie nicht müde wurden, einander durch geheime Ränke zu schaden und auf alle ihnen mögliche Weise Schmach anzutun. Sie ließen Hader und Zwietracht soweit unter sich aufkommen, daß es beinahe unmöglich schien, sie jemals wieder zu vereinigen. Da geschah es, daß beide zu einer und derselben Zeit Weiber nahmen, und der Zufall wollte, daß ihre beiderseitige Wahl zwei sehr schöne und liebliche edle Jungfrauen traf, die von der gleichen Amme ernährt und aufgezogen waren und sich so schwesterlich liebten, als wären sie aus einem Leibe hervorgegangen. Die Gattin Anselmos, die Isotta hieß, war die Tochter von Messer Marco Gradenigo, einem Manne von größtem Ansehen in unserer Stadt, der zu den Prokuratoren von Sankt Markus gehörte, deren Zahl damals noch nicht so groß war wie heutzutage, weil nur die weisesten und besten Bürger zu einer so edeln und angesehenen Würde gewählt wurden und keiner durch Ehrgeiz oder Geld dazu gelangte. Luzia hieß die andere. Sie hatte zum Gatten den andern der beiden Edelleute genommen, von welchen ich bereits gesprochen habe, mit Namen Girolamo Bembo. Sie war die Tochter des Ritters Messer Gian Francesco Valerio, eines gelehrten Mannes, der schon mehrere Gesandtschaften im Auftrag seiner Vaterstadt besorgt hatte und in jenen Tagen von Rom zurückgekehrt war, wo er zur höchsten Zufriedenheit der ganzen Stadt beim Heiligen Vater das Amt eines Botschafters verwaltet hatte.
    Als nun die beiden jungen Frauen verheiratet waren und die zwischen ihren Gatten obwaltende Feindschaft wahrnahmen, empfanden sie dies mit großer Betrübnis und Verdrossenheit; denn sie erachteten es für einen unerträglichen Zwang, nicht länger ihr freundschaftliches Verhältnis fortsetzen zu dürfen, an das sie seit ihren zartesten Jahren gewöhnt waren. Klug und verständig aber, wie sie waren, beschlossen sie doch, um des Hausfriedens willen auf gewohnte innige Vertraulichkeit äußerlich zu verzichten und sich nur an gelegenen Orten und zu schicklichen Zeiten den Umgang zu gestatten. Das Glück war ihnen hierin insofern günstig genug, als ihre beiden Paläste dicht nebeneinander lagen und die dazugehörigen kleinen Gärten hinter denselben nur durch einen dünnen Zaun voneinander geschieden waren, so daß sie sich täglich sehen und häufig sprechen konnten. Überdies unterhielt die Dienerschaft des einen Hauses hinter dem Rücken ihrer Herren ganz freundschaftlichen Verkehr mit der des andern. Den beiden Freundinnen machte dies das größte Vergnügen; denn sobald ihre Männer ausgingen, konnten sie mit bester Muße im Garten lange sich miteinander unterhalten, und sie taten dies sehr oft.
    Unter solchen Verhältnissen vergingen etwa drei Jahre, ohne daß eine von ihnen schwanger geworden wäre. Mittlerweile hatte der Anblick der reizenden Schönheit Madonna Luzias in Anselmo eine solche Leidenschaft entzündet, daß er sich keinen Tag beruhigen zu können meinte, bevor er nicht eine lange Weile mit ihr geliebäugelt hätte. Ihr Scharfsinn und ihre Schlauheit versahen sich auch dessen alsobald, und da sie ihm weder Liebe noch auch völlige Unbekümmertheit zeigte, hielt sie ihn in Ungewißheit zwischen Furcht und Hoffen, um besser erspähen zu können, worauf seine verliebten Blicke abzielten. Doch tat sie mehr, als ob sie ihn gern sähe, als umgekehrt. Auf der andern Seite hatte das sittsame Wesen, das kluge Betragen und die anmutvolle Schönheit Madonna Isottas Messer Girolamo so wohl gefallen wie eine Geliebte nur jemals einem Liebenden. Er wußte nicht ohne ihren holden Anblick zu leben, und es war Isotta, die mit ihrem gescheiten Auge sehr klar sah, sehr leicht, diese unerwartete Liebe zu bemerken.

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