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Italienische Novellen, Band 1

Italienische Novellen, Band 1

Titel: Italienische Novellen, Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene Autoren
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der es um Giannetto leid tat, sich zu seinem Ohr neigte und ihm zuflüsterte: »Gib dir den Anschein zu trinken, trink aber nicht diesen Abend!«
    Giannetto verstand diese Worte, trat in die Schlafkammer, und die Frau sagte zu ihm: »Ich weiß, daß Ihr durstig sein werdet, und wünsche daher, daß Ihr trinket, ehe Ihr zu Bette geht.«
    Alsbald kamen zwei Mädchen, schön wie zwei Engel, mit Wein und Zuckerbackwerk nach gewohnter Weise und schenkten ein. Giannetto sagte: »Wer könnte sich enthalten zu trinken, wenn er zwei so schöne Jungfräulein sieht?«
    Darüber lachte die Frau. Giannetto nahm die Schale und tat, als ob er trinke, schüttete den Inhalt aber in den Busen. Die Frau meinte, er habe getrunken, und sagte bei sich selbst: »Du magst immerhin noch ein anderes Schiff herbeiführen; denn dieses hast du verloren.«
    Dann ging Giannetto zu Bett, fühlte sich ganz hell und munter und konnte den Augenblick kaum erwarten, bis die Frau ins Bett käme.
    »Diesmal habe ich sie gefangen,« sprach er bei sich selbst. »Heute hat sie die Zeche ohne den Wirt gemacht.«
    Und damit die Frau um so schneller ins Bett käme, tat er, als ob er anfinge zu schnarchen und zu schlafen. Darum sagte die Frau: »Nun ist es recht.«
    Sie zog sich aus und kam an Giannettos Seite. Dieser wartete nicht lange; sondern sobald die Frau unter die Decke geschlüpft war, wandte er sich nach ihr um, umarmte sie und sprach: »Jetzt habe ich, wonach ich mich so lange gesehnt habe.«
    Damit gab er ihr den Friedenskuß der heiligen Ehe, und sie kam die ganze Nacht nicht mehr aus seinen Armen. Darüber war die Frau mehr als vergnügt, stand am Morgen vor Tag auf, ließ aussenden nach allen Baronen und Rittern und vielen andern in der Stadt und sprach zu ihnen: »Giannetto ist euer Gebieter. Darum denkt daran, Festlichkeiten zu veranstalten!«
    Plötzlich verbreitete sich das Gerücht durch das Land, und man rief: »Es lebe der Herr! Es lebe der Herr!«
    Die Glocken wurden geläutet und Instrumente geblasen, um das Fest zu verkünden. Man sandte aus nach vielen Baronen und Grafen, die außerhalb der Burg wohnten, und ließ ihnen sagen: »Kommt, euren Herrn zu sehen!«
    Und als Giannetto die Schlafkammer verließ, wurde er zum Ritter geschlagen und auf einen Thron gesetzt, bekam ein Szepter in die Hand und wurde mit großem Triumph und Gepränge zum Herrscher ausgerufen. Und nachdem alle Barone und Frauen an den Hof gekommen waren, heiratete er die Edelfrau mit unbeschreiblicher und unerdenklicher Freude und Lustbarkeit. Alle Barone und Herren des Landes kamen zu dem Feste, um sich zu ergötzen, zu turnieren, zu tjostieren, zu tanzen, zu singen und zu spielen und alle Kurzweil zu treiben, welche zu solchen Festen gehört. Herr Giannetto teilte in seiner Großmut seidene Tücher und andere kostbare Gegenstände, die er mitgebracht hatte, aus und wurde bald so mannhaft, daß man ihn fürchtete und Recht und Gerechtigkeit von jedermänniglich geübt wurde.
    In diesem Glück und Wohlleben vergaß und vernachlässigte er aber ganz und gar jenen armen Herrn Ansaldo, der sich dem Juden für zehntausend Dukaten verpfändet hatte. Als jedoch Herr Giannetto eines Tages mit seiner Frau an einem Fenster des Palastes stand, sah er eine Schar Männer über den Platz ziehen mit brennenden Kerzen in der Hand, die sie zum Opfer bringen wollten. Herr Giannetto fragte: »Was hat das zu bedeuten?«
    Die Frau versetzte: »Es ist ein Haufen Handwerker, die nach der Kirche des heiligen Johannes zu opfern gehen, weil heute sein Festtag ist.«
    Da gedachte Herr Giannetto des Herrn Ansaldo, hob sich vom Fenster, seufzte schwer auf und ging mehrmals im Saale auf und ab, in Nachdenken über diese Sache vertieft. Seine Gemahlin fragte ihn, was er habe.
    »Weiter nichts«, versetzte Giannetto. Die Frau begann daher in ihn zu dringen und sagte: »Gewiß, Ihr habt etwas und wollt es nicht sagen.«
    Sie ließ auch nicht nach, bis Herr Giannetto ihr erzählte, wie Herr Ansaldo als Pfand für zehntausend Dukaten zurückgeblieben sei. »Und heute«, fuhr er fort, »läuft die Frist ab, und es schmerzt mich sehr, daß mein Vater um meinetwillen sterben soll; denn wenn er ihm heute das Geld nicht erstattet, so muß er ein Pfund Fleisch von seinem Leibe verlieren.«
    Die Frau sagte: »Lieber Herr, besteigt schleunigst ein Pferd und reiset gerades Wegs zu Lande, so werdet Ihr schneller hinkommen als zur See! Nehmt zur Begleitung mit, wen Ihr wollt, packt hunderttausend Dukaten ein und

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