Italienische Novellen, Band 1
geleitete ihn mit großem Jubel nach Hause. Darauf nahm er schnell die hunderttausend Dukaten, eilte zu dem Richter und fand diesen in seiner Kammer beschäftigt, sich auf die Reise zu rüsten. Da sagte Herr Giannetto zu ihm: »Edler Herr, Ihr habt mir den größten Dienst erwiesen, der mir je erzeigt worden ist; darum bitte ich Euch, dieses Geld mit Euch zu nehmen, das Ihr wohl verdient habt.«
Der Richter antwortete: »Mein lieber Herr Giannetto, ich sage Euch großen Dank; aber ich bedarf dessen nicht. Nehmt es mit Euch, daß Eure Frau Euch nicht beschuldige, schlecht gewirtschaftet zu haben!«
Herr Giannetto sagte: »Die ist meiner Treu so großherzig, feingesittet und rechtschaffen, daß, wenn ich viermal soviel Euch gäbe, sie doch zufrieden wäre; denn sie verlangte, ich solle viel mehr als dies mitnehmen.«
Da fuhr der Richter fort: »Wie seid Ihr denn sonst mit ihr zufrieden?«
Herr Giannetto antwortete: »Es gibt kein Geschöpf auf der Welt, zu dem ich mehr Wohlwollen trüge als zu ihr; denn sie ist so weise und so schön, wie sie die Natur nur zu schaffen vermochte. Und wenn Ihr mir eine Gunst erzeigen wollt und mit mir kommen, um sie zu sehen, so sollt Ihr Euch wundern über die Ehre, die sie Euch antun wird, und mögt Euch überzeugen, ob sie nicht das ist, was ich sage, oder noch mehr.«
Der Richter antwortete: »Daß ich mit Euch komme, das geht nicht an, denn ich habe andere Geschäfte; aber weil Ihr mir sagt, daß es eine so vortreffliche Frau ist, so grüßt sie von mir, wenn Ihr sie seht!«
»Das soll geschehen«, sprach Herr Giannetto; »aber ich wünschte doch, daß Ihr von diesem Gelde nehmet.«
Während er so sprach, sah der Richter einen Ring an seinem Finger, weshalb er zu ihm sagte: »Gebt mir diesen Ring! Außerdem will ich keinen Heller.«
Herr Giannetto antwortete: »Ich bin's zufrieden, so ungern ich es auch tue, denn meine Frau hat ihn mir geschenkt und mir gesagt, ich solle ihn immer tragen um ihrer Liebe willen; und wenn sie ihn nicht mehr an mir sieht, so wird sie glauben, ich habe ihn einem Weibe gegeben, und so wird sie sich über mich erzürnen und meinen, ich habe eine Liebschaft, während ich ihr doch mehr zugetan bin als mir selbst.«
Der Richter sagte: »Es scheint mir sicher, daß sie Euch zärtlich genug liebt, um Euch hierin zu glauben; sagt ihr nur, Ihr habt den Ring mir geschenkt! Aber vielleicht wolltet Ihr ihn einer alten Buhlschaft hier schenken.«
Herr Giannetto aber versetzte: »Die Liebe und Treue, die ich zu ihr trage, ist so groß, daß es in der Welt keine Frau gibt, mit der ich sie vertauschen möchte, so voll Schönheit ist sie in allen Dingen.«
Und damit zog er den Ring vom Finger und gab ihn dem Richter. Sodann umarmten sie sich und verbeugten sich gegeneinander.
»Tut mir einen Gefallen«, sagte der Richter.
»Verlangt«, versetzte Herr Giannetto.
»Haltet Euch hier nicht auf«, fuhr der Richter fort. »Geht sogleich heim zu dieser Eurer Frau!«
»Es scheint mir eine wahre Ewigkeit«, sagte Herr Giannetto, »bis ich sie wiedersehe.«
So nahmen sie Abschied. Der Richter stieg in eine Barke und ging seines Weges, Herr Giannetto aber gab jenen Gefährten Abendessen und Frühstücke, schenkte ihnen Pferde und Geld und hielt so Feste und machte einen Hof mehrere Tage. Dann aber nahm er Abschied von allen Venezianern, nahm den Herrn Ansaldo mit sich, und viele seiner alten Kameraden begleiteten ihn. Fast jedermann, Männer und Frauen, weinten aus Rührung über seinen Abgang, so freundlich hatte er sich während seines Aufenthaltes in Venedig gegen alle betragen. So schied er und kehrte nach Belmonte zurück.
Nun begab es sich, daß seine Frau mehrere Tage vor ihm ankam und tat, als wäre sie im Bade gewesen. Sie nahm wieder ihre weibliche Kleidung an, ließ große Zubereitungen veranstalten, alle Straßen mit Zendal bedecken und viele Scharen Bewaffneter neu kleiden.
Als nun Herr Giannetto und Herr Ansaldo ankamen, gingen ihnen alle Barone und der ganze Hof entgegen und riefen: »Es lebe unser Herr! Es lebe unser Herr!«
Sowie sie ans Land stiegen, eilte die Frau, den Herrn Ansaldo zu umarmen, und stellte sich etwas empfindlich gegen Herrn Giannetto, obwohl sie ihn mehr liebte als ihr Leben. Es wurde ein großes Fest veranstaltet mit Turnieren, Waffenspiel, Tanz und Gesang, woran alle Barone, Frauen und Fräulein, so daselbst waren, teilnahmen. Als jedoch Herr Giannetto sah, daß ihm seine Gemahlin kein so freundliches Gesicht machte wie
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