Italienische Novellen, Band 1
liebenswürdiges Mädchen wie nur irgendeine in Florenz, und zeigte sie Messer Buondelmonte mit den Worten: »Diese habe ich für Euch vorbehalten.«
Als Messer Buondelmonte das schöne Kind sah, verliebte er sich in sie und sagte: »Madonna, ich bin bereit, zu tun, was Ihr begehrt.«
Und ehe er wegging, nahm er sie zur Frau und gab ihr den Ring.
Sobald die Amidei erfuhren, daß Messer Buondelmonte eine andere zur Frau genommen und von der Ihrigen nichts mehr wolle, traten sie zusammen und berieten sich mit andern Freunden und Verwandten, sich zu rächen wegen dem, was ihnen Messer Buondelmonte angetan hatte. Bei diesem Rate war auch Lambertuccio Amidei, Schiatta Ruberti, Mosca Lamberti und viele andere. Die einen rieten, ihm Prügel zu geben, die andern einen Schlag ins Gesicht, der dies, der andere jenes.
Da stand Mosca Lamberti auf und sagte: »Was lebt, hat einen Kopf.« Damit wollte er andeuten, daß ein Toter keinen Krieg mehr führt. So wurde denn beschlossen, ihn umzubringen, und das geschah auch.
Als nämlich Messer Buondelmonte eines Ostermorgens aus dem Hause Bardi über dem Arno vom Essen zurückkehrte, auf seinem ganz weißen Schimmel reitend und mit einem weißen Rock angetan – er ritt gerade unten an der alten Brücke, dort wo die Marsbildsäule stand, welche die Florentiner zur heidnischen Zeit anbeteten, und wo jetzt die Fische verkauft werden, – da fiel eine Schar über ihn her: sie rissen ihn vom Pferde und brachten ihn um. Da entstand ein großer Lärm in ganz Florenz über den Tod dieses Herrn Buondelmonte. Um dieses Mordes willen teilten sich die edeln Häuser und Familien von Florenz; die einen hielten's mit den Buondelmonti, die sich zu Häuptern der guelfischen Partei machten, die andern aber mit den Amidei, die sich an die Spitze der ghibellinischen Partei stellten. Auf der guelfischen Seite standen die Buondelmonti, Nerli, Jacopi, Dati, Rossi, Bardi, Frescobaldi, Mozzi, Pulci, Gherardini, Foraboschi, Bagnesi, Guidalotti, Sacchetti, Manieri, die von Quona, die Luccardesi, Chiaramontieri, Cavalcanti, Compiombesi, Giandonati, Scali, Gianfiglazzi, Importuni, Bosticchi, Tornaquinci, Vecchietti, Tosinghi, Arigucci, Agli, Adimari, Bisdomini, Tedaldi, Cerchi, Donati, Arighi und die della Bella. Alle diese Familien nebst anderen nicht adeligen wurden über dem Tode Messer Buondelmontes guelfisch. Ghibellinisch aber wurden folgende: die Uberti, Amidei, und die Häupter waren die Grafen von Gangalandi, die Ubriachi, Mannelli, Fifanti, Infangati, Malespini, die von Volognana, Scolari, Guidi, Galli, Capiardi, Lamberti, Soldanieri, Cipriani, Toschi, Amieri, Palermini, Migliorelli, Pigli, wiewohl diese zum Teil hernach guelfisch wurden, die Barucci, Catani und Catani von Castiglione, Agolanti, Brunelleschi, die indes später zu den Guelfen übergingen, die Caponsacchi, Elisei, Abati, Tedaldini, Giuochi, Galigai. Alle diese wurden ghibellinisch aus Anlaß der Ermordung Messer Buondelmontes; und so teilten und trennten sich alle Herren und Völkerschaften Italiens und nahmen diesen bösen Samen in sich auf; und alle Guelfen hielten zur heiligen Kirche, die Ghibellinen aber zum Kaiser.
So begann also mit einem Handel über eine Hündin die guelfische und ghibellinische Parteiung in Deutschland, die dann auch in Italien über einem Weibe ausbrach, wie zuvor gesagt ist.
Männerlist
(Herodot, Der Meisterdieb; Platen, Der Schatz des Rampsiuit)
In der hochedeln Stadt Venedig lebte einst ein Doge, der ein hochherziger, weiser und reicher Mann war und vorsichtig und klug in allen Stücken, mit Namen Messer Valeriano, Sohn von Messer Vannozzo Accettani. An der Hauptkirche zu Sankt Markus in Venedig war ein Glockenturm, der schönste und reichste, den es geben konnte, und der Hauptstolz Venedigs zu jener Zeit. Dieser Turm war nun aber auf dem Punkte einzustürzen wegen einiger Fehler in der Grundlage. Deshalb ließ der Herr Doge in ganz Italien umher nachforschen und ausschreiben: wer es übernehmen wolle, besagten Turm auszubessern, möge zu ihm kommen; er solle Geld bekommen, so viel er zu fordern und zu verlangen Lust habe. Da entschloß sich ein wackerer florentinischer Meister namens Bindo, der zu Florenz wohnte und vernahm, wie es mit dem Turme stehe, das Unternehmen zu wagen, brach also mit seinem Sohne und seiner Frau von Florenz auf und ging nach Venedig. Als er den Turm sah, nahm er sich vor, ihn auszubessern, ging zum Dogen und sprach: »Gnädiger Herr, ich komme hierher, um Eurem Turme zu
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