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Italienische Novellen, Band 1

Italienische Novellen, Band 1

Titel: Italienische Novellen, Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
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und vielleicht war in der ganzen Romagna, in Toscana und in der Mark keine so reich wie sie an den edelsten Juwelen und überhaupt vermöglicher als sie. Kurz, es wurden ihr alle Genüsse zuteil, die eine Frau ihresgleichen und die von der Natur so gut bedacht war, sich mit Ehren erlauben konnte: sie war jung, schön, gebildet, reich, von edler Abkunft, sie galt für verständig, war bei jedermann beliebt, und Messer Galeotto hoffte durch sie eine reiche und edle Verwandtschaft einzugehen.
    Nun hatte Messer Galeotto in seinem Solde einen Rottenführer von fünfzig Lanzen namens Ormanno; es war ein Deutscher aus Oberdeutschland aus einem Schlosse, welches Cham heißt; er hatte Brüder und Brudersöhne, welche Ritter und alte Edelleute waren, und so sah er auch aus. Er war höflich, wohlgesittet und von stattlicher Figur, weshalb ihn denn auch Messer Galeotto äußerst liebhatte.
    Nun geschah es, daß besagter Ormanno mehrmals am Palaste der Madonna Gostanza vorüberging, während die Frau am Fenster stand. Da begegneten sich denn ihre Blicke so, daß Ormanno sich heftig in diese Frau verliebte; er wußte es auch anzustellen, daß die Frau es bemerkte und anfing ihn zu lieben. Die Neigung nahm auch dergestalt zu, daß sie sich allmählich gegenseitig reiche Geschenke machten und namentlich die Frau ihm; sie sprachen einander mehrmals und verabredeten, daß besagter Ormanno von ihr erlangen sollte, was die Liebe erheischt. Sie wußten aber das Feuer der glühenden Liebe nicht verborgen zu halten und ihre Angelegenheiten nicht mit Vorsicht zu ordnen, denn die Liebe ist blind und der Feind listig. Da nun Ormanno zu Stunden, welche mit dem Anstand nicht vereinbar waren, im Hause aus- und einging, wurde es oftmals Messer Galeotto gesagt; er glaubte es aber nicht.
    Als nun durch Führung der göttlichen Allmacht Papst Urban VI. von dem ganzen Kollegium der Kardinäle in Rom zum Nachfolger des verstorbenen Papstes Gregors XI. bestellt und im Namen des ganzen Kollegiums der italienischen und auswärtigen Kardinäle allen Herren und Gemeinden der Christenheit verkündet worden war, was maßen sie Urban VI. zum Papst erwählt haben, wollte besagter Messer Galeotto als frommergebener Sohn der heiligen Kirche hingehen, um den neuerwählten Papst zu besuchen. Ehe er sich nun auf den Weg machte, schickte er nach Ormanno und sagte zu ihm: »Man hat mir gesagt, du stehest im Hause meiner Nichte Gostanza auf vertrautem Fuße; ich glaube es aber nicht; nichtsdestoweniger bitte ich dich indes, dich so aufzuführen, daß mir nichts der Art mehr zu Ohren komme!«
    Ormanno sagte: »Mein Gebieter, Ihr werdet finden, daß dies nicht wahr ist. Wer es Euch gesagt hat, ist jemand, der mir übel will und mir in Eurer Gunst zu schaden sucht. Aber ich bin bereit, ihm Mann gegen Mann gegenüberzutreten.« So entschuldigte er sich angelegentlich.
    Messer Galeotto antwortete ihm und sprach: »Ormanno, du bist ein gescheiter Mann und hast mich verstanden. Mehr sage ich nicht, als daß ich dir die Obhut über Arimino übertrage und über alles, was ich habe; du bist Anführer der Truppen, bis ich vom römischen Hofe zurückkomme. Sieh zu, daß ich mich bei meiner Rückkehr nicht über dich zu beklagen habe!«
    Ormanno sagte: »Mein Gebieter, es soll geschehen.«
    Messer Galeotto machte sich auf zum Besuche des Papstes und setzte, wie gesagt, Ormanno zum Haupt der Wache ein. Ormanno aber war nicht vorsichtig genug in Verfolgung seiner Liebschaft und ging fortan in besagtes Haus ohne Rücksicht und Achtung gegen seinen Herrn. Ja, er hängte vielmehr noch heftiger seiner zügellosen Liebe nach, in der er gefangen war, und die Frau hatte ihn mit einem silbernen Gürtel beschenkt. Nun begab es sich, daß dem Messer Galeotto bei seiner Rückkehr gesagt wurde, wie dieser Ormanno nicht ablasse, in Madonna Gostanzas Haus zu kommen, und die meisten Leute in Arimino diese Geschichte wissen. Darum ließ Messer Galeotto die Sache beobachten und trug der Wache heimlich auf, zu lauern, ob es wahr sei. Ormanno, der hiervon nichts gehört hatte, wurde denn gesehen, wie er bei Nacht in das Haus der Frau schlich, und alsbald wurde Messer Galeotto benachrichtigt, der sogleich das Haus von einigen Kriegsknechten umstellen ließ, die er zur Wache bei sich hatte. Er gab ihnen den Befehl, bei Todesstrafe den Ormanno nicht herauszulassen. Als diese zur Ausführung schritten, sandte er zu einigen Bürgern und beriet sich mit ihnen über die Sache; der eine gab diesen Rat, der

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