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Italienische Novellen, Band 2

Italienische Novellen, Band 2

Titel: Italienische Novellen, Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene Autoren
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sein, daß ich sie nicht liebe; und daraus hättet Ihr gleichfalls meine Unschuld erkennen mögen. Nichtsdestoweniger hat der düstere dichte Schleier heftigen und ungerechten Zorns Eure Augen so sehr umfangen und geblendet, daß er Euch die Wahrheit nicht durchschauen läßt. Ich wüßte Euch kein anderes Zeugnis für meine Unschuld zu geben als mein Herz, das bei Euch weilt. Es sei darum, da es Euch so wohlgefällt! Seitdem Ihr mich haßt, kann ich nicht umhin, mich selbst zu hassen; und da ich sehe, daß Euch mein Tod angenehm ist, so werde ich sterben. Nur das allein schmerzt mich, daß, während ich schuldlos bin, Ihr schuldig werdet. Mein Tod wird nur der kurze Aushauch eines Seufzers sein; aber die Grausamkeit, die Ihr gegen mich geübt, wird Euch unablässig vor Augen schweben. Ich bitte Gott, Euch ebenso fröhlich zu machen, als Ihr mich traurig wünscht. Gott sei mit Euch!«
    Die Witwe war vom höchsten Erstaunen erfüllt, als sie diesen Brief gelesen hatte. Sie schalt ihre Tochter ernstlich aus, einen so liebenswürdigen und ehrenfesten Ritter auf das Äußerste gebracht zu haben, und sagte ihr viele böse Worte. Diese aber war so erzürnt und haßte den Ritter so sehr, daß es ihr ein Genuß schien, zu vernehmen, er trage ihretwegen Leid. Die Witwe ließ sodann Don Diegos Diener wieder vor sich rufen und fragte ihn, seit wann sein Herr abgereist sei. Er sagte, es seien fünf Tage. »Wohlan denn«, sagte sie, »geh und empfiehl mich seiner Mutter!«
    Sie wollte nicht, daß außer ihrer Tochter jemand den Inhalt des Briefes erfahre, und als sie mit dieser schalt, befanden sie sich allein. Don Diegos Mutter sodann, als sie nach vierzehn Tagen und drei Wochen ihren Sohn nicht heimkehren sah und noch weiter umsonst gewartet hatte, war ganz mißmutig und schickte an alle erdenklichen Orte hin, um Kunde von ihm zu erhalten; aber sie konnte nie etwas über ihn ausfindig machen. Da sie jedoch ein unbestimmtes Gerücht vernommen hatte von dem Zorne der blonden Ginevra in Beziehung auf ihren Sperber, ließ sie bei ihrer Mutter anfragen, ob sie nicht wisse, wo Don Diego sei; diese aber, um sie nicht in Verzweiflung zu bringen, verheimlichte ihr den Inhalt des Briefes an ihre Tochter. Wie schmerzlich das Leben der unglücklichen Mutter Don Diegos sein mußte, mag sich jeder vorstellen, welcher weiß, was die Liebe einer Mutter zu ihrem Sohn heißt, zumal, je trefflicher, wohlerzogener und an guten Sitten reicher er war. Sie weinte den ganzen Tag, schrie wie eine Rasende nach ihrem Sohne und grämte sich elendiglich. Doch starb sie nicht, denn man stirbt nicht vor Kummer, damit das ganze Leben lang die Folter nur um so größer sei.
    Es waren nun bereits vierzehn bis fünfzehn Monate verflossen, seit der arme Don Diego sich von Hause entfernt hatte, um den wilden Tieren in Höhlen und Wäldern Gesellschaft zu leisten. Außer seinem Diener hatte er kein menschliches Wesen mehr gesehen, und durch die ununterbrochene rauhe Lebensweise, das bitter liehe Weinen und die innerliche Unzufriedenheit, die stündlich an ihm zehrte, war er so entstellt, daß, wenn seine eigene Mutter ihn gesehen hätte, sie ihn nicht wiedererkannt haben würde. Nun aber fühlte das Schicksal Reue über die große Schmach, die der arme Ritter unverdienterweise hatte erdulden müssen, und begann in seinem Grollen nachzulassen. Es geschah nämlich, daß jener Ritter, von dem ich früher erzählte, daß Don Diego ihn in das Geheimnis seiner Liebe habe ziehen wollen, dann aber, ich weiß nicht warum, es unterließ und ihm nichts sagte, – daß dieser aus der Gascogne heimkehrte, wo er Geschäfte halber gewesen war, und durch dieselbe öde Waldgegend kam, wo Don Diego sich häuslich niedergelassen hatte. Er verfehlte den Weg und verirrte sich zufällig an den Eingang der bewohnten Höhle. Da er dort viele Spuren menschlicher Nähe bemerkte und fast nur einen Bogenschuß davon entfernt war, glaubte er jemand hineingehen zu sehen, konnte aber nicht unterscheiden, wer es war. Es war Don Diego, der aus der Umgegend zurückkehrte, wo er sich oft, sein Mißgeschick beweinend, erging und auf das Geräusch der nahenden Pferde, das er vernahm, sich jetzt in seiner Grotte zu verbergen suchte. Der reisende Ritter, der Roderico hieß, als er dies sah und bemerkte, daß er verirrt war, sagte zu einem seiner Diener, er solle vorauseilen und zusehen, wer dort innen sei, und nach der Landstraße fragen. Der Diener ging hin und sah den Eingang der Grotte mit Pfählen

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