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Italienische Novellen, Band 2

Italienische Novellen, Band 2

Titel: Italienische Novellen, Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene Autoren
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Ihr es seid.«
    Am Ende wurde Don Diego auf tausend Arten genötigt, sich ihm zu eröffnen, und sagte: »Ich bin der unglückliche Don Diego, Euer aufrichtiger Freund; und dieweil Euch denn das Schicksal hier in diese Einsamkeit zu mir hergeführt hat, so beschwöre ich Euch, wieder von hinnen zu gehen und Euch damit zu begnügen, mich gesehen zu haben und mich hier die kurze Spanne Zeit, die mir noch übrig ist, verleben zu lassen, ohne jemand zu offenbaren, daß ich noch lebe, und gleichermaßen auch Euren Leuten zu befehlen, daß sie mich niemandem verraten.«
    Herr Roderico antwortete ihm unter Tränen: »Mein Herr, ich danke Gott, Euch wiedergefunden zu haben, woran ich gar nicht dachte; denn Eure Mutter und alle glaubten, Ihr seid tot. Bereitet Euch nun, mit mir nach der Heimat zurückzukehren und Eure Mutter wieder aufzurichten, die Euer Verlust aufs äußerste betrübt, und sie samt Euren Freunden zu trösten!«
    Es wurden viele Worte zwischen beiden gewechselt, Don Diego wollte aber nichts von einer Heimkehr wissen. Er führte Herrn Roderico abseits und erzählte ihm die ganze Geschichte seines Mißgeschicks und seiner Entschließung ausführlich. Als der wackere Roderico dieses alles hörte, wurde er fast ohnmächtig vor Mitleiden. Er gedachte augenblicklich derjenigen, der seine eigene glühende Liebe zugetan war, und erbebte vor der Vorstellung von der Möglichkeit eines ähnlichen Unglücks. Er bedauerte Don Diego deshalb innerlich so sehr, als ob es ihn selbst betroffen hätte. Entschlossen, nicht ohne ihn wieder von dannen zu gehen, bot er seine ganze Überredungskraft auf und bemühte sich, ihm eine so rauhe, ja unmenschliche Lebensart zu verleiden. Was er ihm aber auch sagen und vorstellen mochte, so bewog er ihn dennoch nicht, von seiner Einsamkeit abzulassen, und gewann ihm keine andere Antwort ab als die, daß er ohne die Gunst der blonden Ginevra nie von hier weichen würde. Als Herr Roderico sah, daß er sich vergebliche Mühe gab, bat er seinen Freund, ihm wenigstens insoweit willfährig zu sein, daß er ihm verspreche, ihn zwei Monate lang an diesem Orte zu erwarten und ein anderes Leben zu führen, weil er ihm Hoffnung machte, die blonde Ginevra wieder mit ihm auszusöhnen. Don Diego war dies zufrieden, und Herr Roderico ließ ihm sein Bett zurück, das er auf der Reise bei sich hatte. Er wollte ihn auch bereden, seine Einsiedlerkleider abzulegen und seine früheren Kleider anzuziehen, die noch in der Höhle sich befanden. Aber Don Diego weigerte sich dessen unbedingt, bevor er den Frieden wiederhabe. Roderico überließ ihm außerdem noch zwei Diener mit ihren Pferden und mit hinlänglichem Gelde, damit bis zu seiner Rückkehr immer einer von ihnen aus benachbarten Ortschaften die nötigen Lebensmittel herbeibringe. Dann trennte er sich von Don Diego unter vielen Tränen, setzte seine Reise fort und unterließ nicht, sich seinen Weg zu bezeichnen, damit er ihn wiederfinde.
    Unterwegs beschäftigte er sich in Gedanken mit nichts anderem als dem Mißgeschick seines beklagenswerten Freundes und schalt die Grausamkeit der Jungfrau. Zu Hause wieder angelangt, verbot er den Seinen aufs strengste, von Don Diego irgend etwas verlauten zu lassen, und begann als Nachbar und Hausfreund der blonden Ginevra diese häufiger als zuvor zu besuchen und ihr Tun und Lassen genau zu beobachten. Indem er nun bald dies, bald jenes von ihr hörte, merkte er bald, daß sie einem im Hause erzogenen Diener ihr besonderes Vertrauen schenkte. Er machte sich daher mit diesem allmählich bekannter und verschaffte sich durch Geschenke seine Freundschaft. Es dauerte auch nicht lange, bis er alle Geheimnisse der blonden Ginevra von ihm erfuhr. Er erfuhr auf diese Weise, daß sie sich nach ihrer Entzweiung mit Don Diego in einen jungen Basken verliebt hatte, der in Biskaya ein kleines Gütchen auf dem Lande besaß und in ihrem Hause als Vorschneider diente, wiewohl er als ein großer Wortheld sehr mit seinen Reichtümern prahlte, die ihm dereinst nach dem Tode gewisser Verwandten zufallen würden. Er war gerade damals nicht im Hause anwesend, wurde aber bald zurückerwartet und hatte mit Ginevra verabredet, gleich darauf mit einer ihrer Zofen und mit jenem im Hause auferzogenen Diener sie nach Biskaya zu entführen. Als Herr Roderico dies hörte, erstaunte er sehr über diese große Torheit, die die blonde Ginevra ausüben wollte, und sprach bei sich selbst: »Was für ein undankbares Mädchen bist du doch und wie grausam

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