Italienische Novellen, Band 2
offenbaren, wer diese vortreffliche Dame sei. Der Herzog ging sehr erzürnt weg und sagte: »Mein liebes Weib, laßt diese Reden bleiben und sprecht mir nicht mehr davon: denn ich versichere Euch, wenn Ihr mich noch mehr damit beunruhigt, so trennen wir uns: ich komme nicht mehr in Euer Zimmer, und Ihr sollt keinen Fuß mehr in das meinige setzen!«
Damit ging er weg und ließ seine Frau unwillig zurück, daß sie sich etwas so bestimmt abgeschlagen sah, was sie so sehr zu erfahren wünschte. Nach einigen Tagen nahm das Unwohlsein der Herzogin zu mit vielen verschiedenen Anfällen, Beengungen, kalten Schweißen und Ohnmächten, und ihre Lust, zu erfahren, was sie wünschte, steigerte sich mehr und mehr. Da nun der Herzog meinte, sie sei in gesegneten Umständen, ging er aus Furcht, es möchte schlimm mit ihr gehen und eine zu frühe Niederkunft erfolgen, da er über alles wünschte, Kinder zu bekommen, des Nachts zu ihr, schlief bei ihr und liebkoste sie aufs zärtlichste, um sie zu trösten. Trotz dem Verbote des Herzogs kam sie aber immer wieder darauf zurück, ihn zu versuchen, ob sie nicht erfahren könne, wer Carlos Geliebte sei. Es ist doch etwas Arges (verzeiht mir, gnädige Frau und ihr andern Damen!), daß in der Regel, wenn eine Frau sich in den Kopf gesetzt hat, etwas von ihrem Gatten zu wollen, sie am Ende so viel Mittel und Künste der Überredung zu finden weiß, daß sie trotz dem Manne ihren Zweck erreicht, so daß er recht eigentlich mit Gewalt gezwungen wird, ihr nachzugeben, so ungern er es auch tut. Nach verschiedenen Gesprächen also zwischen den beiden, da der Herzog Carlos Dame nicht nennen wollte, fing sie an zu weinen und sagte nach tausend heißen Seufzern: »Ach, mein lieber Herr, welche Hoffnung kann ich auf Euch setzen, daß um meinetwillen etwas geschähe, was mit großer Schwierigkeit verbunden wäre, nachdem Ihr etwas so Leichtes und Unbedeutendes zu tun mir verweigert! Ihr nehmt mehr Rücksicht auf Euern elenden Diener als auf mich. Ich war bisher, und wohl der Vernunft gemäß, der Meinung, eins mit Euch zu sein; aber ich habe mich schwer getäuscht: denn Ihr wollt mir nicht einmal eine so winzige Gunst erzeigen, um die ich so inständig gebeten habe. Ihr habt mir doch oft und viel Geheimnisse vom größten Gewicht anvertraut, und niemals habe ich eines ausgeplaudert. Wenn Ihr auch geschworen habt, dieses nie zu sagen, so dürft Ihr versichert sein, damit, daß Ihr es mir sagt, Euern Schwur durchaus nicht zu verletzen: denn Ihr sagt es ja Euch selbst, da Ihr und ich eine und dieselbe Person sind, zwei Seelen und ein Fleisch. Ich bin in der Hoffnung von Euch... (Darin log sie, denn sie war gar nicht schwanger). Ich denke, Ihr wollet nicht, daß ich und die Frucht, die ich unter dem Herzen trage, zugrunde gehen. Der Mangel an Liebe, den Ihr mir jetzt beweist, zehrt mich aber allmählich ganz in meiner Schwermut auf.«
Der Herzog glaubte in der Tat an ihre Schwangerschaft und fürchtete sich vor ihrem und des erhofften Erben möglichem Verluste so sehr, daß er sie zu befriedigen und ihre Neugier zu stillen beschloß. Zuvor redete er sie jedoch noch einmal mit strengem Angesicht und fester Stimme folgendermaßen an: »Ihr seid das hartnäckigste Weib auf dieser Welt. Ihr seht doch, welchen Widerwillen ich bisher fortwährend geäußert habe, Euch das Geheimnis zu offenbaren; aber trotzdem und meinem Willen völlig entgegen wollt Ihr durchaus es mir entreißen. Ich gelobe Euch nun aber vor Gott und schwöre Euch bei der Taufe, die ich empfangen habe, und bei Fürstenwort: wenn Ihr je, was ich Euch jetzt sage, durch Wort, Schrift oder Gebärde andeutet, so schneide ich Euch ohne Erbarmen mit eigener Hand die Kehle durch. Und merkt Euch das wohl, denn bei Gott, Ihr sollt keines andern Todes sterben, als durch meine Hand!«
Verblendet von ihrer zügellosen Begierde, das Geheimnis zu erfahren, ging die Herzogin unbedenklich diese Bedingung ein. Darauf erzählte ihr dann der Herzog die ganze Geschichte Carlos von Vaudrai und der Frau von Vergy. Die Familie Vaudrai ist in Burgund sehr alt und von gutem Adel und besitzt viele Burgen; Adrian aber, Carlos Vater, hatte fast alle Güter verschwendet, und Carlo blieb nur noch ein einziges kleines Schloß zu eigen. Als die verruchte Herzogin diese erhabene Geschichte hörte, tat sie, als wäre ihr die Sache äußerst lieb; doch verbarg sie aus Furcht vor dem Herzoge in ihrem Herzen ihren wilden Schmerz der Eifersucht und des Grolls.
Nach Verlauf
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