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Italienische Novellen, Band 2

Italienische Novellen, Band 2

Titel: Italienische Novellen, Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene Autoren
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das Menschengeschlecht zu erlösen, – ich bitte dich wieder und wieder, o Herr, nach deiner Gnade die Seele derjenigen aufzunehmen, die schmerzvoll und reuig, dich beleidigt und deine Gebote nicht gehalten zu haben, ihre Schuld bekennt. Ich flehe dich nochmals demütig an, o Herr, bei den Verdiensten deines Sohnes, meinen lieblosen, ungetreuen und undankbaren Gatten seine Verirrung gegen mich erkennen zu lassen.«
    Die unselige Frau wollte noch weiterreden; aber sie wurde ohnmächtig und so verändert im Gesicht, daß sie einem Marmorbild ähnlich wurde. Derweil sie noch so schmerzlich und kläglich jammerte und fast außer sich über Carlo sich beschwerte, trat dieser selbst in den Saal und, da er hier seine Geliebte nicht fand, in das Gemach, in dem der Herzog auf und ab ging. Sobald dieser Carlos ansichtig wurde, dachte er sich gleich, daß er seine Gemahlin suche, trat daher zu ihm und sagte ihm leise ins Ohr: »Sie ist in ihrer Kammer. Sie scheint mir etwas unwohl.«
    Carlo ging mit des Herzogs Erlaubnis in das Zimmer in dem Augenblicke, wo sie ihre Klage geendet hatte und in tödlicher Bangigkeit ohnmächtig und halbtot dalag. Als Carlo sie auf diese Weise mehr tot als lebendig fand, war er aus der Maßen betrübt, nahm sie, so sanft er konnte, in die Arme und sprach bitterlich weinend: »Ach, meine Gebieterin, welch ein seltsamer Zufall ist das? Wollt Ihr uns so plötzlich verlassen?«
    Als die unglückliche Frau die Stimme des Gatten vernahm, die sie nur allzu gut kannte, gewann sie wieder einige Lebenskraft, schlug ihre matten Augen auf und heftete sie Jammer voll auf das Gesicht des Gatten, als wollte sie sich über ihn beklagen, daß er ihre Liebe geoffenbart habe; sie vermochte aber kein Wort hervorzubringen, stieß einen tiefen Seufzer aus und gab in den Armen ihres Geliebten und Gatten ihren Geist ihrem Schöpfer zurück.
    Die Zofe war mittlerweile hinter dem Vorhang hervorgetreten, und Carlo fragte sie, was denn der Dame gefehlt habe. Sie wußte nichts zu sagen, als daß sie ihm die große jämmerliche Klage erzählte, die sie so rührend ausgestoßen hatte. Der unglückliche Carlo erkannte daraus deutlich, daß der Herzog der Herzogin das Geheimnis seiner Liebe mitgeteilt habe. Da erfaßte ihn ein so heftiger Schmerz, und eine so peinvolle Angst umnachtete ihm das Herz, daß ich gar nicht weiß, wie er am Leben bleiben konnte. Er preßte daher wieder den Leichnam seiner geliebten Frau krampfhaft in seine Arme unter reichlichem Erguß seiner bittern Tränen und sagte, ihr blasses Gesicht fortwährend badend, zu ihr: »Wehe mir, Verräter, der ich war, ich schnöder, verbrecherischer Meineidiger, der jede Strafe verdient, ich unseligster Mensch, der je gewesen, warum ist die Strafe meiner Sünde nicht auf mich gefallen statt auf dieses völlig unschuldige Weib, das das längste Leben verdient hätte? Wehe mir, Herr und Gott, warum hast du erlaubt, daß diese die Strafe für anderer Menschen Sünde dulde? Warum unterließ der Himmel, mich zu zerschmettern mit seinen brennenden Pfeilen in jener verhängnisschweren verfluchten Stunde, wo sich meine Zunge vermaß, das Geheimnis unserer tugendhaften Liebe zu entweihen, die in Wahrheit eines glücklicheren Endes wert war? Warum tat sich damals nicht die Erde auf, um mich zu verschlingen, ehe ich die beschworene Treue brach? Ich, ich hätte augenblicklich versinken und hinabgeschleudert werden sollen bis zum Mittelpunkt der Erde. Ach, du böse Schlangenzunge, du verdienst wohl in den tiefen Abgrund der Hölle verstoßen zu werden zu jenem reichen Prasser und nie mehr Erfrischung zu finden! Ha, du mein verbrecherisches Herz, das allzusehr den Tod oder die beständige Verbannung fürchtet, warum wirst du nicht die unsterbliche Speise eines hungrigen Adlers, wie das des Prometheus, oder, wie die Leber des Tityus, zernagt von einem heftigen gefräßigen Geier? Ach, meine Geliebte, das größte Unglück, das je unter den Sternen widerfuhr, ist mir geschehen und hat mich von unsäglicher Wonne in das äußerste und unaufhörliche Elend geschleudert! Während ich glaubte, Euch zu gewinnen, habe ich Euch elendiglich verloren; und während ich hoffte, Euch lange am Leben zu sehen und mit Euch dieses unser Leben mit sittsamer Freude und vollkommener Zufriedenheit zu genießen, halte ich Euch nunmehr tot in meinen Armen, verzweifelt am weitern Leben und voll Mißmut über mein Herz und meine geschwätzige Zunge. Ha, du Zunge, die du so lange geschwiegen hast und

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