Italienische Novellen, Band 2
Jüngling versprach, alles getreulich zu halten und noch weit mehr, was sie ihm sonst auftragen werde. Nunmehr gab sie sich den Armen ihres Geliebten hin, und sie genossen die Wonne der Liebe die ganze Nacht durch in beiderseitigem unendlichen Entzücken. Und wenn der Jüngling der Frau gefiel, so genügte nicht minder sie ihm; man kann daher nicht sagen, wer den anderen am meisten befriedigte.
Eine gute Stunde vor Tagesanbruch kam nun der Hausvogt und zündete mit der Amme das Feuer an; beide waren maskiert und kleideten den Jüngling an. Die Frau hatte, sobald sie das Zimmer öffnen hörte, die Maske genommen und angelegt. »Auf«, sagte sie dann zu dem Geliebten, »auf, Herr! Es ist Zeit, sich zu erheben!«
Der Jüngling zog seine Kleider und Waffen an, sagte der Frau Lebewohl und wurde von dem Hausvogt auf Umwegen an den Ort zurückgebracht, wo er ihn abgeholt hatte, worauf er ihm die Kapuze abnahm und auf anderem Wege nach Hause zurückkehrte.
Dieses Verhältnis dauerte vielleicht sieben Jahre mit der größten Befriedigung der beiden Liebenden, und der Jüngling hielt sich die Zeit über für den seligsten und glücklichsten Liebhaber von der Welt. Das neidische Schicksal aber, das Liebenden nie lange ein glückliches Leben verstattet, trennte durch des Jünglings Tod diesen so sorgfältig geleiteten Liebesbund. Ein bösartiges hitziges Fieber befiel den besagten Edelmann, wogegen die Ärzte mit aller ihrer Kunst nicht Abhilfe noch Linderung zu finden wußten. Darum starb er nach sieben Tagen zum unsäglichen bitteren Schmerz seiner Geliebten, die ihn noch jetzt unablässig Tag und Nacht mit heißen Tränen beweint.
Die Kaufleute aus Lucca in Antwerpen
Ihr ladet mich ein, hochwohlgeborne Frau und geehrte Herren, da ich eben von der großen volkreichen, an allem, was zu unserem Leben nicht nur nötig ist, sondern ihm Erheiterung, Verfeinerung und Genuß verschaffen kann, überfließenden Stadt, von Paris, komme, daß ich euch etwas Neues erzähle. Es scheint fast unmöglich, daß einer, der seine meiste Zeit in Paris zubringt, wenn er einmal herauskommt, nicht mit Neuigkeiten vollgestopft sei. Lassen wir aber für diesmal die Geschichten jener heitern Residenz beiseite, die, wie man von Afrika schreibt, immer etwas Neues hat; wir wollen auch nicht von den Verhandlungen sprechen, die jetzt unter unsern christlichen Fürsten im Gange sind, und von denen man so mannigfache Berichte hört und gerade von Leuten, die am wenigsten davon wissen, – ich will euch aber einen jammervollen und bedauernswürdigen Vorfall erzählen, der durch die höchste ersinnliche Verruchtheit hervorgebracht wurde. Der Fall trug sich zu zwischen zwei Kaufleuten aus der hübschen Stadt Lucca drüben in Flandern in der vielgenannten reichen, handelsblühenden und heitern Stadt Antwerpen. Auf diesem Platze ist fast ein allgemeiner Markt für alle Christen von Europa und auswärts und ein sehr freies und viel ungezwungeneres Leben als an vielen andern Orten. Zu diesen ungezwungenen Verhältnissen, die in Antwerpen üblich sind, gehört zum Beispiel das, was ich euch sogleich angeben werde: Heiratsfähige Töchter pflegen, sobald sie einigermaßen erwachsen sind, alle ein paar in sie verliebte junge Männer zu haben, die sie ihre Diener nennen. Je mehr eine hat, desto mehr ist sie geachtet. Die Jünglinge, die ihnen den Hof machen und sich für ihre Diener erklären, gehen den ganzen Tag frei in ihre Häuser, und mögen auch die Eltern anwesend sein, so hören sie doch nicht auf, sie zu besuchen und ihnen den Hof zu machen und selbst morgens und abends der Unterhaltung mit ihnen zu pflegen. Auch laden sie sie gar häufig zu Mittags- und Abendessen und zu Schmausen in verschiedene Gärten ein, wohin die Mädchen und Jungfrauen ohne irgendwelche Obhut ganz ungezwungen mit ihren Liebhabern gehen; dort bleiben sie dann den ganzen Tag unter Gesang, Musik, Tanz, Essen und Trinken und Spielen in der Gesellschaft, die der Liebhaber einlädt. Am Abend nimmt der Liebhaber seine Dame, begleitet sie nach Hause und gibt sie der Mutter zurück, die dem Jüngling freundlich für die Güte und Ehre dankt, die er ihrer Tochter erwiesen. Er küßt sodann ehrerbietig Mutter und Tochter und geht seiner Wege. Das Küssen ist dort überall und immer jedem erlaubt. So leben dort die ledigen Töchter; sobald sie aber verheiratet sind, dürfen sie sich mit niemand mehr in einen Liebeshandel einlassen, wenigstens nicht offen. Was dann die verheirateten Weiber tun,
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