Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Italienische Novellen, Band 2

Italienische Novellen, Band 2

Titel: Italienische Novellen, Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene Autoren
Vom Netzwerk:
bis er einem Lastträger begegnete, den er gut kannte. Und da die Lastträger in allen Häusern der Stadt einheimisch zu sein pflegen und fast jeden kennen, fragte er ihn, wer der sei, der mit drei Dienern ihm vorausgehe, und ob er ihn kenne.
    »Wie?«, antwortete der Lastträger, »ich bin ganz gut bekannt in seinem Hause und habe dort die Woche über tausenderlei zu tun.«
    Dann sagte er ihm seinen eigenen und seinen Familiennamen und in welcher Straße er wohne.
    »Sieh doch«, versetzte der kluge Hausvogt, um dem Lastträger die Fährte zu verwischen, »sieh, wie sehr ich mich getäuscht habe! Ich glaubte, es sei ein anderer, dem er sehr ähnlich sieht.«
    Dann meldete er alles seiner Gebieterin, sobald er nach Hause kam. Sie hatte den Namen von ihrem seligen Gatten öfters nennen und ihn als edel, reich und gebildet rühmen hören und fing nun an, sich öfters an die Fenster zu stellen, um zu sehen, ob der Jüngling nie durch diese Straße komme. Das Glück war ihr hierbei sehr günstig, da der Jüngling nicht auf geraderem Wege in den Palast des Podestà kommen konnte, wohin er eines Prozesses wegen oft ging, ohne eben vor dem Hause dieser jungen Witwe vorüberzukommen. Diese Beobachtung verursachte ihr die größte Freude. Da sie ihn nun oft in ihrer Straße hin und her gehen sah, bemerkte sie dabei, daß, wenn er nicht zuweilen in Gesellschaft eines seiner Advokaten oder eines Sachwalters war, in dessen Händen sein Prozeß lag, er sich nie sonst in Gesellschaft blicken ließ. Ebenso ritt er stets allein, wenn er durch die Stadt ritt. Wenn sie eine Spazierfahrt über Land machte, wie das bei allen Edelfrauen dort Sitte ist, begegnete sie ihm immer allein, und er hatte in der Regel nur einen Edelknaben und zwei oder drei Diener bei sich, obwohl er zu Hause eine zahlreiche Dienerschaft hielt. Wenn der junge Mann der Witwe begegnete, sei es zu Wagen oder zu Fuß, schwenkte er immer sein Barett und bezeigte ihr seine Verehrung durch eine anständige Verbeugung, wie nach der löblichen Sitte jeder Edelmann den Edelfrauen seine Achtung und Verehrung kundgibt. Auch sie erwiderte nicht nur ihm, sondern allen, die sich vor ihr verneigten, mit sehr anständigem Kopfnicken und je nach dem Range der Personen mit tiefen Verbeugungen ihre Ehrenbezeigung nach Gebühr, hielt sich dabei indes so, daß niemand merken konnte, daß sie einem mehr zugetan sei als dem andern. Sie fühlte mehr als gewöhnliche Liebe gegen den jungen Mann, war aber sittsam und vorsichtig genug, um mit keiner Gebärde ihre Liebe zu verraten. Auf diese Weise glühend und schmachtend, sehnte sie sich außerordentlich nach Gegenliebe und wagte doch nicht mit Briefen noch Botschaften ihm ihre heftige Liebe zu offenbaren und noch weniger es ihn mit Blicken und Handlungen merken zu lassen; sie trug also mehrere Tage ihre Liebe still und innig in sich herum und wußte nicht, wie sie es angreifen sollte. Am Ende brachte ihr die Liebe eine neue Art in den Sinn, wie sie ihres Geliebten sich erfreuen könnte, ohne von ihm erkannt noch gesehen zu werden, eine Weise, die vielleicht sonst nie zur Ausführung kam. Nun hört, meine Herren, die List und Gewandtheit dieses Weibes! Zuerst entdeckte sie sich dem Hausvogt und der Amme und setzte ihnen mit bewegenden Gründen auseinander, wie sie entschlossen sei, unter keiner Bedingung sich wieder zu verheiraten; bei ihrer Jugend und üppigen Lebensweise aber erfahre sie von den Regungen des Fleisches gewaltige Anfechtungen, denen sie zwar lange Zeit Widerstand geleistet habe; am Ende aber sei sie unterlegen und wolle nun nicht mehr auf diese Weise leben, sondern sich um Abhilfe umsehen. Sie beabsichtige daher mit der größtmöglichen Heimlichkeit, um ihre Ehre unbefleckt zu erhalten, einen jungen und wohlgesitteten Liebhaber aufzufinden, der ihr die Nacht über Gesellschaft leisten könnte. Sie gab daher dem Hausvogt genaue Weisungen darüber, was sie nun von ihm ausgeführt wünschte. Es waren die zügellosen Tage des Faschings, an denen bekanntlich jedermann maskiert umhergehen darf. Sie war etwa ein Jahr Witwe, als ihr im Hospitale der Jüngling so sehr gefiel, und seither sann und dachte sie beständig an diese Liebe und wußte nicht, was zu tun sei. Endlich den Tag, nachdem sie sich dem Hausvogte anvertraut, befahl sie ihm, sich zu maskieren und so den Jüngling aufzusuchen, um mit ihm zu reden. Der tätige Hausvogt schickte sich an, nahm einen Mietgaul und ritt so lange in der Stadt umher, bis er dem Jüngling

Weitere Kostenlose Bücher